Betriebsgründungen in Deutschland sinken weiterhin – aber nicht in Berlin

In Berlin werden die meisten Betriebe von ausländischen Bürgerinnen und Bürgern gegründet – Bei innovativen Gründungen haben München und Köln die Nase vorn – Bundesweit zuletzt positive Entwicklung bei der Gründung »echter Betriebe«

Während das Gründungsgeschehen insgesamt in Deutschland bereits seit sechs Jahren rückläufig ist, wurde der Abwärtstrend in Berlin vorerst gestoppt. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in einer aktuellen Studie.

»Nach wie vor wird diese hohe Gründungsneigung hauptsächlich von Ausländerinnen und Ausländern getragen, die in Berlin im Gegensatz zu den Deutschen besonders gründungsfreudig sind«, sagt DIW-Forschungsdirektor und Studienautor Alexander Kritikos. Schlusslicht im Vergleich der zwölf größten Städte ist Stuttgart. Bei Gründungen mit Innovationspotenzial führen München und Köln vor Berlin. »Allerdings fällt auf«, so Kritikos weiter, »dass fast alle untersuchten Großstädte in diesem Bereich weiter an Dynamik verlieren, die Bereitschaft für innovative Gründungen also stagniert, mancherorts sogar sinkt«.

 

Unternehmensgründungen können einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Strukturwandel und zum Produktivitätswachstum leisten.

Vor diesem Hintergrund hat Kritikos zusammen mit Anselm Mattes von der DIW Econ GmbH auf Basis der Daten der Gewerbeanzeigenstatistik das Gründungsgeschehen im Bund und in den zwölf größten deutschen Städten für die Jahre 2015/2016 im Vergleich zu den Vorjahren analysiert. Zur besseren Vergleichbarkeit der Städte untereinander haben sie auch die Gründungsneigung betrachtet, das ist die Zahl der Gründungen pro 10 000 Erwerbsaktive. Dabei war Berlin mit 182 Gewerbegründungen je 10 000 erwerbsaktiven (also erwerbstätigen oder arbeitslosen) Personen deutlich gründungsfreudiger als etwa Leipzig (133), Hamburg (130) und München (126). In Bremen (82) und Stuttgart (75) findet sich die niedrigste Gründungsneigung.

 

Abwärtstrend bei den sogenannten echten Betrieben auch im Bund beendet

In der Gewerbeanzeigestatistik wird zwischen der Gründung von »echten Betrieben« und Kleingewerbegründungen unterschieden. Erstere werden von einer Personengesellschaft, einer juristischen Person oder einer Einzelperson mit Handwerkskarte gegründet und aus denen können in der Regel größere Betriebe oder Unternehmen entstehen. Kleingewerbegründungen dagegen betreffen Einzelgründerinnen und Einzelgründer, die einen Betrieb zum Vollerwerb oder Nebenerwerb aufmachen.

»In der wichtigen Untergruppe der ›echten Betriebsgründungen‹, aus denen später eher größere Betriebe entstehen können, lässt sich«, so Studien-Koautor Anselm Mattes, »auch im Bund erstmals wieder eine positivere Entwicklung beobachten.« Die Zahl dieser Gründungen stieg in Bund von etwas über 86 000 auf knapp 90 000 an, sie machen damit 17 Prozent aller Gründungen aus. In Berlin gibt es in diesem Segment bereits seit dem Jahr 2013 einen Aufwärtstrend.

 

Forschungs- und wissensintensive Gründungen haben besonderes Wachstumspotenzial

Ein Schwerpunkt der Analyse lag auf den Gründungen in den technologischen, innovativen und kreativen Bereichen, die für das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit einer Region von besonderer Bedeutung sind. Das Umfeld für Gründungen mit Innovationspotenzial scheint in München und Köln – im Jahr 2015 mit 35 Gründungen je 10 000 erwerbsaktiven Personen – am besten zu sein. Berlin (30) liegt auf dem dritten Platz, gleichauf mit Hamburg und knapp vor Leipzig (27,5).

»Insgesamt ist es an der Politik, sich vermehrt darüber Gedanken zu machen, Gründungen mit Innovationspotenzial durch bessere institutionelle und finanzielle Rahmenbedingungen zu unterstützen. Eine wichtige Maßnahme in diese Richtung wäre die Vereinfachung bestimmter bürokratischen Prozeduren: Hier befindet sich Deutschland seit vielen Jahren im internationalen Vergleich weit hinten und nimmt laut Weltbankindex Ease of Doing Business derzeit nur den Rang 114 ein. So besteht die Anmeldung einer GmbH in Deutschland zum Beispiel aus neun Prozeduren, in Neuseeland nur aus einem Behördengang, der in weniger als einem Tag zu erledigen ist.«, so Kritikos.

 

[1] Grundlage der Erhebung ist die Gewerbeanzeigenstatistik, die Informationen über die obligatorischen Anmeldungen bei den Gewerbemeldeämtern liefert. Gegenüber anderen Statistiken zu Unternehmensgründungen hat die Gewerbeanzeigenstatistik den Vorteil einer Vollerhebung. Sie liefert auch verlässliche Daten für kleinere regionale Einheiten und erlaubt damit einen aussagekräftigen Vergleich der Gründungsneigung auf der Ebene einzelner Städte.

 

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