Compliance-Regelungen werden häufig gezielt umgangen

  • Business Manager klagen über Zusatzaufwand und zu enge Entscheidungsspielräume.
  • Compliance-Vorschriften häufig nicht praxistauglich genug.

Die Business-Manager haben ein zwiespältiges Verhältnis zum Compliance Management in ihren Unternehmen. Auf der einen Seite sehen sie darin eine Notwendigkeit, andererseits fühlen sie sich nach einer Carmao-Studie davon behindert und es werden Compliance-Regelungen häufig gezielt umgangen.

Derzeit besteht der Erhebung zufolge erst in zwei von fünf Unternehmen ein umfassendes Compliance Management. In jedem vierten Fall ist es zumindest teilweise vorhanden, bei allen anderen befindet es sich derzeit im Aufbau oder hat einen unklaren Status. Vor zwei Jahren war die Situation jedoch noch deutlich schlechter, weil in diesem Zeitraum das Thema Compliance von zahlreichen Firmen entweder deutlich forciert worden ist oder es sich zumindest moderat entwickelt hat.

Auffällig an diesen Befragungsergebnissen ist jedoch nicht in erster Linie die noch begrenzte Etablierung von Compliance-Strukturen in der Wirtschaft, sondern dass sie in den Unternehmensorganisationen auf wenig Gegenliebe stoßen. So geben zwar 72 Prozent der befragten Business Manager an, dass sie die Compliance-Anforderungen als wichtiges Instrument zur Reduzierung von betrieblichen Risiken erachten. Eine große Bedeutung für die Unternehmenskultur haben sie allerdings nur für eine Minderheit.

Vor allem aber nehmen 60 Prozent wahr, dass die Compliance-Vorgaben unbeliebt sind. Ähnlich viele monieren den damit verbundenen Zusatzaufwand, für zwei von fünf behindern sie auch das Business. Als fast logisch wirkende Folge steht Compliance häufig nur auf dem Papier, aber bleibt im Arbeitsalltag unbeachtet. So erfolgt nach Einschätzung der Geschäftsbereichsverantwortlichen nicht einmal in jedem zweiten Unternehmen eine strikte Orientierung an den Regeln, in 26 Prozent der Firmen werden sie hingegen häufig gezielt ignoriert.

Auch aus diesem Grund wünscht sich in der Carmao-Erhebung mehr als jeder zweite Befragte, dass die Anforderungen an die Compliance-Konformität mit größeren Entscheidungsspielräumen einhergehen sollten. Aber es mangelt ihrer Auffassung nach auch am notwendigen Wissen: Für 47 Prozent werden die Regeln intern zu wenig kommuniziert.

»Es ist häufig zu beobachten, dass das Compliance Management nicht als integraler Bestandteil der gesamten Unternehmensorganisation gelebt wird«, problematisiert Carmao-Geschäftsführer Ulrich Heun. Dies schlage sich zwangsläufig in einer geringen Akzeptanz nieder. »Es muss über alle Hierarchieebenen hinweg verständlich gemacht werden, welche Gedanken und Notwendigkeiten sich hinter jeder einzelnen Regelung verbergen.« Zudem kritisiert er die häufig geringe Alltagstauglichkeit von Compliance-Vorschriften. »Wenn sie so konzipiert sind, dass Theorie und Praxis aufeinanderprallen, fördern sie zwangsläufig nur die Kreativität zur Unterwanderung der Compliance-Erfordernisse«, betont Heun.

[1] Befragt wurden für die Compliance-Studie im Auftrag der Carmao Business-Verantwortliche aus fast 300 Unternehmen mit jeweiligem Jahresumsatz von über 50 Mio. Euro.

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