Das Gesundheitswesen der Zukunft: Das IoT prägt die Branche schon jetzt

Illustration: Geralt Absmeier

Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) entwickelt sich mehr und mehr zur nächsten industriellen Revolution. Zahlreiche Branchen »springen« auf »den Zug auf«. Die Gesundheitsbranche bildet hier keine Ausnahme. Innovationen bei medizinischen Geräten, Medikamenten, Patientenüberwachung und vielem mehr sprießen wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden. Intelligente Technologien arbeiten effizient und genau, und das kann im wahrsten Sinne des Wortes lebensrettend sein.

Patientenüberwachung

Fortschrittliche Technologien im Gesundheitswesen erlauben es sowohl stationär als auch ambulant versorgte Patienten engmaschiger zu überwachen. Das Telemonitoring (RPM) ermöglicht es medizinischen Fachkräften, Vitalparameter zu kontrollieren und körperliche Reaktionen auf vorangegangene Behandlungen zu bewerten, ohne sich am selben Ort befinden zu müssen wie der Patient. Das verwendete Gerät richtet sich nach dem gesundheitlichen Befund des jeweiligen Patienten. Es kann sich beispielsweise um ein implantiertes kardiologisches Gerät, einen Luftstrommonitor oder ein vernetztes Blutzuckermessgerät handeln. Das betreffende Gerät sammelt die gewünschten Daten. Sollten die Werte nicht so sein wie sie sein sollten, werden die Daten gleichzeitig an eine Datenbank zur Erfassung weitergeleitet und an den behandelnden Arzt. Der kann die Informationen in Echtzeit analysieren und entsprechend reagieren. Solche Geräte werden häufig direkt nach einer Operation eingesetzt. Sie tragen mit dazu bei, die Zahl der Krankenhausaufenthalte zu senken und Wiedereinlieferungen zu vermeiden, weil Probleme schneller erkannt werden. Dadurch können Ärzte früher reagieren und potenzielle Komplikationen vermeiden. Mithilfe der in Echtzeit erhobenen Daten ist es zudem schneller möglich Behandlungsoptionen zu justieren und anzupassen, je nach körperlicher Reaktion und Befinden des Patienten.

Digitale Medikamente

Eine der neueren Innovationen in der Gesundheitsbranche sind sogenannte »intelligente PIllustration: Geralt Absmeierillen«. Intelligente Pillen werden wie normale Medikamente eingenommen, sind aber zusätzlich zum eigentlichen Medikament mit einer Art Überwachungstechnologie ausgestattet. Damit leiten sie Informationen an einen am Körper getragenen Sensor weiter. Diese Sensoren überwachen den Medikamentenspiegel im Körper, ausgehend vom wahrgenommenen oder diagnostizierten Zustand eines Patienten. Die Daten der tragbaren Sensoren werden anschließend an eine Handy-App übermittelt, wodurch Patienten selbst auf Daten zu ihren Vitalfunktionen zugreifen können. Das können auch Mediziner, wenn der Patient einwilligt. So stellen die behandelnden Ärzte fest, ob ein Medikament wie beabsichtigt wirkt oder möglicherweise Nebenwirkungen verursacht. Und natürlich lässt sich so sicherzustellen, dass Medikamente verschreibungsgemäß eingenommen werden.

Im November 2017 brachte Abilify MyCite die erste von der FDA zugelassene intelligente Pille auf den Markt, die nur dann einen Zeitstempel setzt, wenn das Medikament tatsächlich eingenommen wurde. Sobald die Pille mit der Magensäure des Patienten in Kontakt kommt, wird ein Sensor ausgelöst, der den Zeitpunkt des Kontakts markiert und diese Information erst an den tragbaren Sensor und schließlich an die Handy-App weiterleitet. Die richtige Dosierung und die verordnungsgemäße Einnahme sind wichtige Vorrausetzungen für eine erfolgreiche Behandlung. Solche Informationen sind für Mediziner sehr wertvoll. Und sie müssen sich nicht mehr allein auf das Wort des Patienten verlassen, wenn Behandlungspläne strikt eingehalten werden müssen. Tun Patienten das nicht, kann der Arzt das Gespräch suchen und die Ursache direkt klären. Und gegebenenfalls Behandlungsoptionen so umstellen, dass sie für den Patienten besser funktionieren.

Einer der Bereiche, die etwas mehr Unbehagen auslösen, sind sogenannte »Roboter«-Pillen. Nach der Einnahme sind sie in der Lage bestimmte Funktionen direkt im Körper des Patienten auszuführen. Unternehmen wie Rani Therapeutics entwickeln Pillen, die die Fähigkeit besitzen, durch den Körper zu navigieren und Funktionen auszuführen, die aus irgendeinem Grund nicht nicht-invasiv durchgeführt werden können. Rani hat beispielsweise eine Pille entwickelt, die durch den Magen in den Dünndarm navigiert, wo sie eine Injektion verabreicht, ohne die in ihr enthaltene Substanz den Verdauungsenzymen auszusetzen. Wenn die Injektion verabreicht wurde, löst sich der Rest der Pille auf und wird verdaut. Diese Option eignet sich gut für große Arzneimittelmoleküle wie Proteine, Peptide und Antikörper.

Medizinische Geräte

Tragbare medizinische Geräte sind heutzutage für Konsumenten jeden Alters am attraktivsten, um die eigenen Vitalparameter in Echtzeit zu verfolgen. Neben Fitbit, Apple Watch und Co. haben sich inzwischen noch andere Wearable-Technologien entwickelt. Sie zeichnen nicht nur Daten auf, sondern führen aufgrund von Befehlen oder erkannten Situationen bestimmte Funktionen aus. Ein Beispiel sind »Intelligente Verbände«. Sie sind mit Sensoren ausgestattet, die die Größe der darunter liegenden Wunde beurteilen, um festzustellen, ob sie heilt oder nicht oder vielleicht eine Infektion vorliegt und gegebenenfalls eine topische Lösung verabreicht werden muss.

Auch »Vernetzte Kontaktlinsen« sind eine Form von Wearables in der Gesundheitstechnik. 2014 begannen Google und Novartis damit eine vernetzte Kontaktlinse zu entwickeln, die Blutzuckerwerte durch Analyse der Tränenflüssigkeit des Patienten überwachen kann. Die über die Kontaktlinsen gesammelten Daten werden dann an eine Insulinpumpe geleitet und der Patienten informiert, ob sein Blutzuckerspiegel einen gefährlichen Wert erreicht hat und eingestellt werden muss. Dieser Fortschritt bei der nicht-invasiven Überwachung von Diabetes-Patienten könnte für Viele lebensverändernd sein. Denn etliche Patienten leiden darunter sich mehrmals täglich stechen zu müssen um den Blutzuckerspiegel zu messen. Solche Innovationen geben Diabetes-Patienten Hoffnung, dass aktiv nach nicht-invasiven Techniken gesucht wird und diese kurz davor stehen, Realität zu werden.

Medizinische Einrichtungen

Viele der Vorteile des IoT für die Gesundheitsbranche liegen darin die Behandlungsqualität für Patienten zu verbessern. Aber dank des Internet of Things haben sich auch medizinische Einrichtungen verbessert, zum Beispiel durch effizientere Abläufe und indem man wertvolle Ressourcen schont. Intelligente Technologie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sorgt beispielsweise dafür, dass Mediziner teure Geräte wie MRT, CT- und PT-Scanner und Röntgenapparate hinsichtlich Effektivität und Lebensdauer besser überwachen können. So lassen sich Fehlfunktionen oder eine falsche Bedienung vermeiden. Fernsensoren minimieren die Zahl der manuellen Prüfungen oder machen sie möglicherweise sogar ganz überflüssig. Das schaufelt Zeit für dringendere Aufgaben frei.

Ein häufiges Problem in medizinischen Einrichtungen ist das Verlegen von Geräten oder Anlagen, die sehr häufig verwendet werden. Das wird zum Problem, wenn im Notfall ein Gerät nicht lokalisiert werden kann. Die Verwendung der Bluetooth-Low-Energy-Ortungstechnologie ermöglicht es, Geräte in Echtzeit zu orten. Das vermeidet Ärger und Stress, wenn man in einer Notsituation ein Gerät nicht finden kann. Eine kleine Neuerung trägt so dazu bei unzählige Leben zu retten. Die Kosten fallen demgegenüber kaum ins Gewicht.

Das Gesundheitswesen ist eine der Branchen, denen das IoT seinen Stempel bereits aufgedrückt hat.

Eine von Aruba Networks 2017 durchgeführte Studie hat gezeigt, dass 60 Prozent der Organisationen im Gesundheitswesen weltweit bereits IoT-Geräte in ihren Einrichtungen implementiert haben und dass diese Zahl in den kommenden Jahren dramatisch ansteigen wird. Es ist offensichtlich, dass IoT-Lösungen ihren Weg in die Gesundheitsbranche gefunden haben und von dort nicht mehr wegzudenken sind. Von besserer Patientenüberwachung über intelligente Pillen bis hin zu Low-Energy-Ortungslösungen erleichtert das IoT Medizinern das Leben und verbessert die Behandlung und Versorgung der Patienten, letztendlich das Ziel des IoT – die Lebensqualität einer möglichst großen Zahl von Menschen zu verbessern.

Ian Low, GlobalSign

 


 

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