Die Hälfte der jungen Deutschen misstraut den Medien

Fake News, Hetze, Clickbaiting: Was stört junge Menschen in Deutschland an Online-News? Und wie sehr vertrauen sie den hiesigen Medien?

Den Zeitungen laufen die Leser davon. Ob überregionale Tageszeitungen wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder die Süddeutsche Zeitung, oder regionale Printprodukte wie das Hamburger Abendblatt oder Tagesspiegel – sie alle verlieren Jahr um Jahr Abonnenten, an immer weniger Kiosken werden Zeitungen verkauft. Die Konsequenz: Zeitungshäuser setzen auf Digitalisierung. E-Paper können mithilfe von Apps heruntergeladen werden, auf Social-Media-Seiten werden Artikel geteilt, in Kommentarspalten finden hitzige Diskussionen statt. Eine der wichtigsten Zielgruppen der Online-Formate: Millennials – junge Menschen, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind. Wie stehen diese jungen Leute zu Online-News? Besuchen sie News-Websites, folgen sie Zeitungen auf Social Media und vor allem: Vertrauen Sie den Medien? Appinio hat mehr als 2000 junge Deutsche repräsentativ zu diesen Themen befragt.

Die Befragten waren zwischen 14 und 34 Jahre alt, die Anzahl der Umfrageteilnehmer pro Alter war gemäß der deutschen Bevölkerung verteilt. Etwa die Hälfte der Teilnehmer war weiblich (54 %). Befragt wurden die jungen Leute von Appinio, einer Meinungs- und Marktforschungsplattform, die Umfragen via Mobile App durchführt.

Zuerst befragte Appinio die jungen Deutschen zu ihrem Leseverhalten von Online-News. Interessieren sie sich überhaupt für tagesaktuelles Geschehen und lesen sie dazu Artikel im Netz? Der Großteil schon. 20 Prozent der Befragten geben an, täglich News auf den Websites von Zeitungen zu lesen. 22 Prozent machen das mehrmals wöchentlich und weitere 20 Prozent zumindest mehrmals im Monat. 38 Prozent hingegen geben an, nie News im Netz zu lesen. Täglich sind vor allem 25 bis 34-Jährige Deutsche auf den Websites unterwegs: Während 28 Prozent der Befragten aus dieser Altersgruppe jeden Tag Online-News lesen, tun das nur 18 Prozent der 18-24-Jährigen und lediglich 14 Prozent der 14 bis 17 Jahre alten Teilnehmer.

 

Gewinner ist Spiegel Online

Um herauszufinden, wo genau junge Menschen in Deutschland sich über tagesaktuelles Geschehen informieren, wurden die Umfrageteilnehmer, die ab und an Online-News lesen, gefragt, welche Websites sie während des letzten Monats besucht haben. Klarer Gewinner ist hier Spiegel Online inklusive des dazugehörigen auf junge Menschen ausgerichteten Online-Formats bento.de. 26 Prozent der Online-News-Leser geben an, im letzten Monat auf diesen Websites gewesen zu sein. Direkt darauf folgen focus.de und bild.de. 24 Prozent haben auf diesen Websites News gelesen. Mit 23 Prozent folgt welt.de und 21 Prozent haben im vergangenen Monat stern.de oder n-tv.de besucht. Etwas weniger häufig besucht sind zeit.de inkl. des Jugendformats ze.tt (16 %), sueddeutsche.de inklusive jetzt.de (15 %), sowie faz.net (13 %) und huffingtonpost.de (8 %).

 

Die Hälfte folgt Zeitungen auf Social Media

Die meisten Zeitungen betreiben neben ihren Websites auch Auftritte auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter. Ein Auftritt auf Social Media hilft Zeitungen, auf sich aufmerksam zu machen und pflegt das Image – schließlich möchte keiner der Digitalisierung hinterherhinken. Wie beliebt sind diese Seiten bei jungen Deutschen? Etwa ein Viertel (24 %) folgt den Social-Media-Seiten von Zeitungen und liest dort auch regelmäßig gepostete Artikel. Ebenfalls ein Viertel (26 %) folgt den Seiten zwar, liest jedoch eher selten auch Artikel. Der Rest (50 %) zählt sich nicht zu den Followern von News-Seiten auf Facebook & Co.

 

Kommentare schreibt nur jeder Vierte

Wenn Artikel auf Social-Media-Kanälen gepostet werden oder auf Websites online gehen, können Leser dort auch Kommentare schreiben. Innerhalb weniger Minuten entbrennen in den Kommentarspalten hitzige Diskussionen, denen es nicht selten an Sachlichkeit mangelt. Gerade das Thema »Hasskommentare« hat dieses Jahr sogar den Bundestag dazu gebracht, ein Gesetz zu verabschieden, das die Betreiber von Social-Media-Plattformen dazu verpflichtet, offensichtlich strafbare Kommentare innerhalb von 24 Stunden nachdem eine Beschwerde eingereicht wurde zu löschen. Doch wer schreibt eigentlich Kommentare auf News-Seiten von Facbeook & Co, oder direkt unter Artikel auf Zeitungswebsites? Appinio hat die Umfrageteilnehmer, die angaben, ab und an Online-News zu lesen gefragt, ob und wie oft sie die Online-Artikel auch kommentieren. Besonders viele tun das offenbar nicht. Nur sechs Prozent der jungen Leute sagen, dass sie öfters ihre Meinung unter Artikel schreiben, 21 Prozent machen das ab und an. Die überwiegende Mehrheit (73 %) schreibt nie Kommentare unter Online-News.

 

Werbung nervt am meisten

Falschmeldungen, reißerische Überschriften, inhaltslose Artikel. Online-Zeitungen wird so einiges vorgeworfen. Damit Artikel geklickt und gelesen werden, müssen die Seiten heute so einiges bieten. Zeitungen sind von Klicks abhängig, denn mit ihnen steigen Werbeeinnahmen. Nicht selten endet das im sogenannten »Clickbaiting» – es werden besonders reißerische Überschriften verwendet, um die Neugier von Internetusern zu wecken und sie dazu zu bringen, einen Post anzuklicken und weiterzulesen.

Das ist nur eins der Dinge, die junge Online-News-Leser an Websites und Social-Media-Auftritten von Zeitungen stört. Am häufigsten antworteten die Teilnehmer auf die Frage, was sie an News-Websites nervt: Werbung! Von allen Teilnehmern sagten 388 Menschen (18 %), dass Werbung sie auf Online-Zeitungen störe. Knapp 150 Befragte meinen, es störe sie eigentlich nichts auf den Websites.

Ansonsten sagen viele Teilnehmer, auffälliges Clickbaiting würde sie stören. Andere meinen, dass auf News-Websites Lügen und sogenannte »Fake News» verbreitet würden. »Fake News« – der Duden hat den Begriff im Jahr 2017 erstmals aufgenommen. Der Begriff wird dort definiert als »umgangssprachliche Beschreibung für in den Medien und im Internet, besonders in den Social Media, in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen«. Dass Zeitungsleser davon genervt sind, ist verständlich.

 

Jeder Zweite misstraut Medien

Mehr als die Hälfte der jungen Deutschen liest Online-News, doch es gibt auch vieles, was sie daran stört. Wie sehr beeinflussen die negativen Attribute von News-Websites junge Menschen? Erschüttert es ihr Vertrauen in deutsche Medien? Appinio hat sie auch hierzu befragt.

Das Ergebnis ist bedenklich: Mehr als die Hälfte hat kein Vertrauen in die Medien unseres Landes. Nur sieben Prozent der Befragten sagen, dass ihr Vertrauen in deutsche Medien »sehr hoch« sei. 41 Prozent beurteilen es als »eher hoch«. Jedoch meinen auch gleich viele (41 %), dass ihr Vertrauen in die Medien hierzulande »eher niedrig« sei und zwölf Prozent sagen sogar »sehr niedrig«.

Und nicht nur, dass die Hälfte der jungen Deutschen den Medien kaum vertraut. Sie sind auch sehr kritisch gegenüber den Inhalten von News in Print und online. Mehr als die Hälfte (52 %) ist der Meinung, dass deutsche Medien nicht das gesamte Meinungsspektrum der Gesellschaft abbilden. Nur acht Prozent antworten mit »Ja« auf diese Frage, 39 Prozent sagen »eher ja«. Genau gleich viele (39 %) antworten mit »eher nein« und dreizehn Prozent sagen ganz klar »Nein«. Insgesamt sind junge Menschen in Deutschland also sehr kritisch gegenüber den Inhalten, die Zeitungen, TV und Websites ihnen liefern.

 


 

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