Hybride Wartungsmodelle für Server und Storage – Third-Party Maintenance als Alternative

»Never touch a running system« lautet ein Credo in der IT. Dem entgegen steht der Wunsch der Hersteller, Hardware alle vier Jahre zu tauschen, obwohl sie funktioniert. Druck wird über steigende Wartungskosten ausgeübt. Third-Party Maintenance (TPM) kann eine Alternative sein, um dieser Spirale zu entgehen.

Server- und Storage-Hersteller präsentieren alle drei bis vier Jahre neue Modelle, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Um diese entsprechend zu vermarkten, werden für ältere Geräte horrende Summen bei Wartungsverlängerungen verlangt, obwohl diese – betrachtet man sie als Bare Metal – locker die doppelte Lebensspanne erreichen können.

Die Erfahrung zeigt, dass, ist ein System erst einmal stabil, Ausfälle eher die Ausnahme sind. Die meisten Fehler treten in neu entwickelten, frisch implementierten Tier-1-Systemen auf. Diese »State-of-the-Art«-Geräte werden in der Regel aber kaum für mehr als 20 Prozent der Unternehmens-IT benötigt.

Für diese sensiblen Bereiche wird die Wartung des Originalherstellers erste Wahl sein. Bei den übrigen 80 Prozent kann es sich lohnen, genauer zu prüfen, ob Austausch, Wartungsverlängerung oder Drittanbieterwartung die wirtschaftlich und organisatorisch sinnvollere Option darstellen.

Hybride Modelle senken Kosten. Im August dieses Jahres veröffentlichte Gartner einen Marktführer für unabhängige Drittanbieterwartung [1]. Der erstaunliche Befund der Analysten: Im Schnitt lassen sich durch den Einsatz von unabhängigen Wartungsanbietern 60 Prozent der Wartungskosten einsparen. Das bedeutet, dass für die meisten Unternehmen hybride Ansätze, also eine Mischung aus OEM- und Fremdwartung, lukrativ sein werden, insbesondere dann, wenn auch die IT-Infrastruktur heterogen aufgebaut ist.

Geschätzt werden heute rund 10 Millionen Geräte über TPM-Verträge gewartet. Diese Zahl bezieht sich auf Server-, Storage- und Netzwerk-Equipment, wobei letzteres wohl den größten Teil ausmacht. Aber auch im Speicher- und Serverbereich ist die Fremdwartung seit 2015 im kontinuierlichen Aufwind, vor allem im Hardwaresektor, und wird laut Gartner bei 72 Prozent der großen Unternehmen, die in der Regel gemischte Infrastrukturen aufweisen, genutzt.

Service beeinflusst die Hardware-Akquise. Rund um TPM werden unterschiedliche Services angeboten, von der Vor-Ort-Wartung über technischen Support bis hin zur proaktiven Fernüberwachung und dem Hardwareaustausch. Dieser erfolgt durch neue oder nicht selten durch gebrauchte Hardware, die aus dem Aufkauf von Equipment aus Insolvenzen, Fusionen, Renewals oder auch gescheiterten Projekten stammen kann.

Die Gründe, warum sich Unternehmen für TPM entscheiden, sind unterschiedlich. An Nummer 1 stehen sicherlich die Kosteneinsparungen: 50 bis 95 Prozent günstiger soll TPM-Wartung gegenüber der der Originalhersteller (OEMs) sein, so der Analystenreport. Nicht selten kommt TPM ins Spiel, wenn der Hersteller über steigende Wartungsgebühren seine neuesten Modelle an den Kunden bringen will, dieser aber eigentlich ganz zufrieden mit dem Vorhandenen ist.

Dies kann bis in den End-of-Life-Service (EOLS) eines Produkts führen. Eine verlängerte Lebensdauer des Equipments bietet Unternehmen jedoch die Möglichkeit, entweder Investitionen aufzuschieben oder zeitliche Flexibilität zu gewinnen, wenn in ausgedehnten Projekten gewisse Workloads längerfristig in die Cloud verschoben werden sollen.

Darüber hinaus bieten TPM-Anbieter häufig flexiblere Vertragsstrukturen, etwa mit monatlicher Abrechnung und Kündigungsmöglichkeit, während der OEM-Support meist nicht unter einer Einjahresfrist abgeschlossen werden kann.

Vorsicht ist geboten. Jedoch ist auch Vorsicht geboten: Klar ist, dass kein Unternehmen seine geschäftskritischen Daten auf alter Hardware betreiben wird. Doch auch bei weniger wichtigen Daten stellt sich die Frage nach der Kosteneffizienz, etwa durch eventuell höhere Energiekosten oder Rechenzentrumskapazität.

Darüber hinaus ist der TPM-Markt relativ fragmentiert. Kleineren Anbietern können Vorhalte- und Lieferlogistik oder ganz einfach Know-how und Manpower fehlen. Viele nutzen zusätzliche Subkontraktoren, um Kompetenzen und geografische Gebiete abzudecken. Der Gartner-Report empfiehlt hier gründliche Recherche.

Firmware-Zugriff entscheidend. Ein anderes kritisches Gebiet ist das der Softwarelizenzen und Firmware-Updates. Ein TPM-Anbieter muss nachweisen können, dass er Zugang dazu hat, und tut dies gegebenenfalls, indem er selbst als zertifizierter Reseller des OEMs auftritt. Dabei agieren die Originalhersteller nach unterschiedlichen Ansätzen, von freier Firmware über Subskriptions- zu Kaufmodellen.

Letztlich empfiehlt der Report ein intensives Audit, das die Möglichkeiten, aber auch die Kompetenz und Zuverlässigkeit der TPM-Anbieter zutage fördert. Eine hybride Wartungsstrategie – eine Kombination aus Wartung durch den Originalhersteller für die Premiumsysteme und Fremdwartung für Legacy-Systeme – wird in den meisten Fällen das Resultat sein.

Die größten TPM-Anbieter haben ihren Sitz in den USA, wo Stand heute auch die Marktakzeptanz höher ist als in Europa. Dennoch nehmen diese weltweit agierenden Dienstleister nun auch verstärkt Europa ins Visier. Mit Procurri (135 Millionen US-Dollar), Atlantix (120 Millionen) oder Service Express (100 Millionen) haben sie eine beträchtliche Größe erreicht und unterschiedliche Schwerpunkte – sowohl geografisch als auch technologisch. In Europa agieren in diesem Terrain neben kleineren, lokalen und teilweise auf vertikale Märkte spezialisierten Anbietern auch IT-Service-Generalisten wie Computacenter, Bechtle oder Capgemini.

Mega-Fusion führt zum Marktführer Curvature. Anfang des Jahres sorgte aber die Fusion der beiden Marktführer SMS und Curvature für Aufsehen. Entstanden ist der neue Gigant Curvature mit über 500 Millionen US-Dollar Umsatz, 2000 Angestellten und laut Hersteller 600 Lager- und 100 Prüfstätten weltweit. Curvature ist seit einigen Jahren auch verstärkt am europäischen und deutschen Markt aktiv.

In den eigenen Testlabors werden Gebrauchtgeräte getestet, konfiguriert und mit einer lebenslangen Garantie ausgestattet, die Professional Services beinhalten neben der Wartung unter anderem Installationen und Umzug von Rechenzentren und vieles mehr. In Deutschland zählen große Telekommunikationsanbieter, Carrier und Automobilzulieferer zu den Kunden. Speicherseitig werden Dienste unter anderem von Dell EMC, IBM, HPE, NetApp oder Hitachi angeboten.

Wie erfolgt der Umstieg? Am Anfang einer Zusammenarbeit mit dem TPM-Anbieter steht eine genaue Ist-Analyse. Im Beispiel Curvature leistet der TPM-Anbieter diese vor Ort kostenlos. Ein nicht unerheblicher Mehrwert für den Noch-Nicht-Kunden resultiert bereits in einer großen Bestandsliste für die infrage stehende Hardware.

Diese Analyse kann ohne erhebliches technisches, produkt- und markt-spezifisches Know-how des TPM-Anbieters nicht zuverlässig erfolgen, sie sollte vor dem Einstieg in eine TPM-Vereinbarung deshalb technische Verantwortliche wie Finanzentscheider überzeugen. Zudem muss die Logistik des Anbieters entsprechend ausgebaut sein, um kurze Service- und Lieferzeiten zu garantieren. Curvature ist in der Lage, Server- und Storage-Geräte binnen 4–7 Tagen zu liefern. Bei Originalherstellern kann dies oftmals bis zu einem Monat dauern.

Alten Servern neues Leben einhauchen. Zum Einhalten der SLAs betreibt der TPM-Anbieter ein europäisches Distributionszentrum mit ISO-9001:2008- und TL-9000-Zertifizierung, mit Labors für Qualitätsprüfung sowie Test- und Wiederaufbereitungslabors für Hardware aus Vorbesitz und einem Lager für bis zu 70.000 Geräte, die an über 100 europäische Lagereinrichtungen liefern. Im Wartungsfalle, also dem Vor-Ort-Austausch, können so für viele Netzwerkkomponenten 4- bis 24h-Vereinbarungen im Rahmen von Curvatures NetSure Third-Party Maintenance umgesetzt werden. Für Storage- und Serverprodukte werden wenige Tage benötigt.

TPM-Anbieter vermeiden den Begriff Gebrauchthardware, weil er nicht exakt zutrifft. Die Geräte wurden in der Tat zuvor bereits einmal verkauft. Teilweise sind diese auch gebraucht, viele andere dagegen waren nie im Einsatz. In einigen Fällen erfordert die Hardwareausrüstung kleinere Reparaturen oder oberflächliche Verbesserungen – in diesem Fall wird sie dann als »refurbished« (»aufgearbeitet«) bezeichnet.

Das gesamte Equipment aus Vorbesitz wird bei einem guten TPM-Anbieter einem strengen Untersuchungs-, Reinigungs-, Test- und Aufbereitungsprozess unterzogen. Damit wird gewährleistet, dass das Equipment wieder so nah wie möglich in den ursprünglichen Zustand versetzt wird. Der genannte Anbieter etwa liefert nur rundum getestetes und voll konfiguriertes Equipment, das sofort einsetzbar ist und im Schnitt sogar besser funktioniert als Neuware: Die geprüfte Hardware hat mit 0,5 Prozent eine niedrigere verifizierte DOA-Ausfallquote (Design Organisation Approval) im Vergleich zu der von Originalausrüstern, die im Normalfall mit gewissen Ausfallquoten kalkulieren. Der TPM-Anbieter versieht seine Hardware dafür mit einer ungewöhnlichen Garantie auf Lebenszeit.

Neben der Hardware aus Vorbesitz bietet Curvature auch neue Hardware, darunter Netzwerkkarten, optische Komponenten, RAM-Arbeitsspeicher, HDD-Festplatten und neuerdings auch SSD-Laufwerke, mit bis zu 60 Prozent unter dem Listenpreis gängiger Hersteller.

Hybride Wartung wird zur Option. Neben Neuanschaffung oder Wartungsverlängerung beim Originalhersteller scheint sich die Drittanbieterwartung (TPM) zu einer echten Alternative zu entwickeln, zumindest für Teile der Infrastruktur und insbesondere bei heterogenen Multiplattform-Rechenzentren.

www.curvature.com


[1] Der komplette Gartner-Report wird von Curvature bereitgestellt unter https://www.curvature.com/blog/gartner-market-guide-third-party-it-maintenance-2017-external
Bild: © Curvature

 


 

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