IoT: Bosch steigert mit Industrie 4.0 seine Wettbewerbsfähigkeit

  • Weltweit mehr als 100 Projekte
  • Produktivität bei ABS/ESP-Bremssystemen durch Data Mining und RFID um ein Viertel erhöht
  • Prüfzeit von Hydraulikventilen mit Data Mining um 18 Prozent reduziert
  • Inventurdauer dank RFID um 97 Prozent verkürzt

grafik bosch treiber von industrie 40

Bosch vernetzt seine Fertigung und setzt weltweit bereits mehr als 100 Projekte erfolgreich um. Damit steigert Bosch unter anderem die Verfügbarkeit seiner Maschinen – und somit Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Eine Auswahl:

Eine Fertigungslinie, 200 verschiedene Hydraulikmodule

Auf einer Multiproduktlinie in Homburg kann Bosch aus 2 000 verschiedenen Komponenten, die dank Vernetzung rechtzeitig und automatisch geordert werden, 200 verschiedene Hydraulikmodule herstellen. Die Module steuern die Arbeits- und Fahrhydraulik in Lkw oder Traktoren, etwa um Ladeflächen zu kippen oder den Pflug zu heben. Die neun Stationen der Multiproduktlinie sind intelligent miteinander vernetzt. Über einen RFID-Chip am Werkstück erkennen sie, wie das fertige Produkt zusammengestellt sein muss und welche Arbeitsschritte dafür notwendig sind. Das ermöglicht die effiziente Produktion auch in geringen Stückzahlen. Diese Flexibilität ist nötig, weil einige Module häufiger, andere seltener nachgefragt werden.

Auf der Multiproduktlinie können darüber hinaus zur gleichen Zeit verschiedene Modultypen entstehen. Das erspart Rüstzeiten an Maschinen und erhöht so die Produktivität. Die für die Montage der Hydraulikkomponenten erforderlichen Arbeitspläne werden automatisch abgerufen und als Foto oder Film auf Monitoren angezeigt – und das sogar individuell, je nach Ausbildungsgrad und in der Muttersprache des jeweiligen Mitarbeiters. Ziel ist es, die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit bestmöglich zu unterstützen. Damit setzt Bosch erfolgreich mehrere Schlüsselelemente von Industrie 4.0 um: dezentrale Intelligenz, schnelle Vernetzung, Kontexteinbindung in Echtzeit und autonomes Verhalten.

Details: https://bit.ly/1QqPUiB

foto bosch multiproduktlinie homburg

Monitore an der vernetzten Multiproduktlinie im Bosch-Werk Homburg zeigen auf den jeweiligen Mitarbeiter abgestimmte Arbeitsanweisungen an.

Industrie 4.0 (I 4.0) steigert Produktivität bei ABS/ESP-Bremssystemen

Ausgezeichneter Erfolg: Durch den Einsatz von Industrie 4.0-Lösungen stieg die Produktivität bei der Fertigung von ABS/ESP-Bremssystemen im internationalen Fertigungsverbund von Bosch innerhalb von einem Jahr um fast ein Viertel. Der dabei federführende Bosch-Standort in Blaichach wurde dafür mit dem renommierten Industrie 4.0-Award 2015 ausgezeichnet.

Eine der Grundlagen der Produktivitätssteigerung: Bosch sammelt die Daten von Sensoren, die zu Tausenden in den Fertigungsstraßen des Werks verbaut sind. Sensoren erfassen die Bewegung von Zylindern, Taktzeiten von Greifern sowie Temperaturen und Drücke im Fertigungsprozess. Alle diese Informationen gelangen strukturiert in große Datenbanken. Auch der interne Warenfluss wird dank RFID-Funktechnik (radio frequency identification) digital abgebildet. Das Ergebnis: Im Rechner entsteht ein virtuelles Abbild der realen Fabrik, ein »digitaler Zwilling«. Diese digitale Abbildung ermöglicht Transparenz über den gesamten Wertstrom hinweg. Die Transparenz wiederum ermöglicht viele weitere I 4.0-Lösungen.

Eine Lösung kommt in der Wartung des Maschinenparks zum Einsatz: Eine Software erkennt in der Leistung von Maschinen und Anlagen Abweichungen vom Sollzustand und gibt rechtzeitig Hinweise darauf, dass eine Wartung erforderlich wird. Bei der Fehlersuche und -behebung unterstützt das System die Mitarbeiter mit Anleitungen zur Reparatur: Auf dem Tablet sind beispielsweise Videos zum Austausch von Teilen abrufbar. Lässt sich ein Fehler nicht auf Anhieb beheben, kann über eine WLAN-Verbindung Videokontakt zu Experten aufgenommen werden, die aus der Ferne bei der Problemlösung helfen. Dies alles verringert ungeplante Stillstandzeiten, steigert die Produktivität und somit die Wettbewerbsfähigkeit.

Data Mining verkürzt Prüfzeit von Hydraulikventilen

Bosch hat durch das gezielte Auswerten von Daten aus der eigenen Fertigung die Prüfzeit von Hydraulikventilen im Werk Homburg um 18 Prozent verkürzt. Solche enormen Einsparungen sind in der oft bereits weitgehend optimierten Fertigung ein sehr großer Fortschritt. Bei einem Fertigungsvolumen von beispielsweise 40 000 gefertigten Ventilen pro Jahr summieren sich die Einsparungen auf 14 Tage im Jahr. Beim Blick in die Produktionsdaten von 30 000 gefertigten Hydraulikventilen zeigte sich, dass zeitlich später in der Prüfreihenfolge angesiedelte Schritte entfallen konnten, wenn mehrere früher angesiedelte Prüfungen positiv ausfielen. Das Resultat der späteren Prüfschritte ließ sich zuverlässig aus der Analyse der vorausgehenden vorhersagen. Solche – und zumeist wesentlich komplexere – Zusammenhänge aufzudecken, spart Zeit und Geld. Bei Millionen Teilen summieren sich selbst wenige Sekunden zu Tagen und Centbeträge zu Millionen Euro. Voraussetzung für diese Suche nach neuen Zusammenhängen (das sogenannte Data Mining) ist, dass Daten über lange Zeit im Unternehmen gesammelt und intelligent ausgewertet werden. Bosch tut dies seit vielen Jahren.

Details: https://bit.ly/1Gs46E0

Vorausschauendes Warten von Werkzeugmaschinen

In den Werken in Stuttgart-Feuerbach und im tschechischen Jihlava produziert Bosch unter anderem Hochdruckpumpen für Einspritzsysteme. Während des Herstellungsprozesses der Gehäuse aus Aluminium werden präzise Löcher gebohrt und weitere Teile gefräst. Dafür kommen große Werkzeugmaschinen zum Einsatz, deren motorgetriebene Antriebseinheit als Spindel bezeichnet wird. Diese wiegen etwa 50 bis 70 Kilogramm und drehen sich mit 30 000 bis 40 000 Umdrehungen pro Minute. Sensoren erfassen Vibrationen während des Betriebs dieser Spindel. Die Daten werden gespeichert und von einer Software ausgewertet. Erkennt das System, dass sich die Vibrationsintensität über einen bestimmten Schwellenwert hinaus verändert, gibt es ein Signal an den zuständigen Mitarbeiter der Instandhaltung. Der kann dann darüber entscheiden, ob und wann die Spindel ausgetauscht werden muss. So lässt sich das Instandhalten besser planen. Die Verfügbarkeit der Maschinen steigt. Dies erhöht die Produktivität. Das beständige Überwachen von Maschinenteilen wie der Spindel wird auch als »Condition Monitoring« bezeichnet, das geplante, vorausschauende Warten als »Predictive Maintenance«.

Ultraschall-Handschuhe für die Qualitätssicherung

Eines der Geschäftsfelder des Werks Reutlingen ist die Elektromobilität. Die Fertigung der dafür nötigen Leistungselektronik besteht aus vielen manuellen Tätigkeiten. Zur Unterstützung der Mitarbeiter wurde ein System eingeführt, das die Handbewegung von Mitarbeitern registriert. Grundlage sind spezielle Handschuhe, die die Mitarbeiter tragen. Die Position der Handschuhe wird mithilfe von Ultraschall erfasst. Auf diese Weise lässt sich erkennen, ob der Mitarbeiter eine Handbewegung korrekt ausgeführt hat und welcher Arbeitsschritt gerade vorgenommen wird. Der aktuelle Arbeitsvorgang wird Schritt für Schritt auf dem Bildschirm angezeigt, bis dieser zu Ende ausgeführt wurde. Dies trägt zur Qualitätssicherung bei.

Funksignale schaffen Transparenz im Warenstrom

In vielen der weltweit mehr als 250 Bosch-Werke sind Kunststoffkisten für den Transport von Teilen und fertigen Produkten mit RFID-Funketiketten (radio frequency identification) ausgestattet. An den Hallentoren stehen entsprechende RFID-Lesegeräte. Fährt ein Transportwagen von einer zur anderen Halle, werden die Etiketten automatisch und berührungslos erfasst. Damit entsteht ein digitales Abbild der Warenströme im jeweiligen Werk. Zu jeder Zeit ist somit bekannt, wann Teile voraussichtlich an der Fertigungsstraße ankommen, wann wie viele fertige Produkte verpackt werden müssen, welches Teil sich wo befindet oder wie groß der Lagerbestand ist. Das System weiß zudem, wie viele Verpackungskartons nötig sind und kann diese automatisch nachbestellen. Die RFID-Technik sorgt für Transparenz im Warenstrom, sie reduziert den manuellen Aufwand und die Lagerbestände. Zugleich erhöht sie Reaktionsgeschwindigkeit und Produktivität. So erreicht Bosch schlankere Logistikprozesse. Dank RFID-Einsatz erreichte Bosch in seinem Werk in Homburg einen Produktivitätsfortschritt in der Intralogistik von zehn Prozent und verringerte die Lagerhaltung in der Produktion um fast ein Drittel.

RFID verkürzt Inventur in China um 97 Prozent

Im Bosch-Werk im chinesischen Suzhou wurde bisher in jedem Jahr ein großer Aufwand betrieben, um das Maschineninventar zu zählen. Im Werk gibt es vier Fertigungsbereiche mit jeweils bis zu 2 500 Maschinen, Prüfständen und Messtechnik. Allein in der ABS-Fertigung hat sich das Zählen manchmal über einen Monat hingezogen. Teilweise wurden Listen ausgedruckt, mit deren Hilfe die Maschinenbestände händisch erfasst wurden. Mit intelligenter Vernetzung lässt sich die Inventur in vier Stunden erledigen. Dafür wurden alle Maschinen und Geräte mit RFID-Funktechnik (radio frequency identification) ausgerüstet. Gegenstände lassen sich nun berührungslos erkennen. Jetzt werden RFID-Rollwagen mit einem Laptop und Antennen durch die Fertigung geschoben. Nach und nach erkennen sie die Maschinen und Geräte dank RFID automatisch. So werden 97 Prozent der Zeit für die Inventur gespart, das entspricht 440 Mannstunden.

Transporter mit Schwarmintelligenz

Entwickler im Bosch-Werk Nürnberg haben ein fahrerloses, selbstnavigierendes Transportsystem mit Schwarmintelligenz geschaffen und diesen sogenannten AutoBod erfolgreich getestet. Der zweirädrige AutoBod, ergänzt um vier kleine Stützräder, holt das zuvor automatisch bestellte Produktionsmaterial eigenständig am Lagerort ab und transportiert es zur Fertigungslinie. Das System navigiert mit Hilfe eines Lasersensors auf Basis einer zuvor bei seiner ersten Fahrt aufgezeichneten Karte. Hindernisse werden erkannt und umfahren. Die Information über Hindernisse gibt ein AutoBod via WLAN an andere Transportroboter weiter. Für das Schwarmverhalten werden Informationen über den Standort, den Ladezustand des Elektroantriebs oder den Wartungszustand der verschiedenen Transporter genutzt. So bekommt jener AutoBod den Auftrag, der dem Abholort der Ware am nächsten ist, gerade keinen Transportauftrag ausführt und ausreichend Batteriekapazität besitzt. Diese Intelligenz unterscheidet den AutoBod von fahrerlosen Transportsystemen, die ihre einprogrammierte Route nicht verlassen können. Anders als bei herkömmlichen fahrerlosen Transportsystemen muss für den AutoBod keine teure Infrastruktur in den Werkhallen installiert werden. Durch Anwendung von AutoBods lassen sich Transportaufwand, Flächenbedarf und Bestände deutlich verringern.

Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit weltweit rund 375 000 Mitarbeitern (Stand: 31.12.2015). Sie erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2015 nach vorläufigen Zahlen einen Umsatz von über 70 Milliarden Euro. Die Aktivitäten gliedern sich in die vier Unternehmensbereiche Mobility Solutions, Industrial Technology, Consumer Goods sowie Energy and Building Technology. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH und ihre rund 440 Tochter- und Regionalgesellschaften in rund 60 Ländern. Inklusive Handels- und Dienstleistungspartnern ist Bosch in rund 150 Ländern vertreten. Dieser weltweite Entwicklungs-, Fertigungs- und Vertriebsverbund ist die Voraussetzung für weiteres Wachstum. Strategisches Ziel der Bosch-Gruppe sind Lösungen für das vernetzte Leben. Mit innovativen und begeisternden Produkten und Dienstleistungen verbessert Bosch weltweit die Lebensqualität der Menschen. Bosch bietet »Technik fürs Leben«.
Das Unternehmen wurde 1886 als »Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik« von Robert Bosch (1861–1942) in Stuttgart gegründet. Die gesellschaftsrechtliche Struktur der Robert Bosch GmbH sichert die unternehmerische Selbstständigkeit der Bosch-Gruppe. Sie ermöglicht dem Unternehmen langfristig zu planen und in bedeutende Vorleistungen für die Zukunft zu investieren. Die Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH liegen zu 92 Prozent bei der gemeinnützigen Robert Bosch Stiftung GmbH. Die Stimmrechte hält mehrheitlich die Robert Bosch Industrietreuhand KG; sie übt die unternehmerische Gesellschafterfunktion aus. Die übrigen Anteile liegen bei der Familie Bosch und der Robert Bosch GmbH.
Fotos: Bosch

 

 

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Industrie 4.0 bei Bosch – Active Cockpit

Im Bosch-Werk in Stuttgart-Feuerbach analysieren Mitarbeiter in der Fertigung Daten aus der laufenden Produktion mithilfe des Active Cockpit. Es vereint zahlreiche Informationen in Echtzeit. Dies trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
grafik bosch vier stufen industrielle revolution