Jugend ratlos bei MINT-Fächern

  • Mehrheit der SchülerInnen und Studierenden fühlt sich nicht ausreichend über die Perspektiven und Karrierechancen von MINT-Fächern informiert
  • Ein Drittel der Befragten würde eine MINT-Karriere in Erwägung ziehen, wenn sie mehr darüber wüssten
  • Mädchen deutlich weniger interessiert an MINT-Berufen als Jungen

Wer mehr Nachwuchs für MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) begeistern will, sollte möglichst früh und offensiver – in Schulen und Universitäten – ansetzen: Mehr als ein Drittel der SchülerInnen und Studierenden, für die ein MINT-Beruf bislang nicht in Frage kam, würde eine MINT-Karriere in Erwägung ziehen, wenn sie mehr darüber wüssten. Durch verstärkte Kooperationen von Schulen, Hochschulen und Unternehmen der Technologiebranche ließen sich deutlich mehr MINT-Talente finden und frühzeitig fördern.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, für die mehr als 2.000 SchülerInnen und Studierende an deutschen (Hoch-)Schulen befragt wurden [1]. Demnach hätte sich die Mehrheit der jungen Menschen (je 61 Prozent der SchülerInnen und Studierenden) mehr Beratung und Information zu MINT-Berufen gewünscht. Als Hauptgründe gegen eine MINT-Karriere nennen die Befragten einen Mangel an persönlichem Interesse (76 Prozent der Studierenden/ 75 Prozent der SchülerInnen), Schwierigkeit der Ausbildung (37 Prozent Studierende/ 23 Prozent SchülerInnen) sowie fehlende Kreativität der Fächer (22 Prozent Studierende/ 21 Prozent SchülerInnen).

Die Brisanz der Ergebnisse zeigt sich im Fachkräftemangel: Laut einer PwC Studie werden in Deutschland bis 2030 zwei Millionen Hochschulabsolventen mit einem Schwerpunkt auf den MINT-Fächern fehlen. Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln zufolge waren Ende 2017 noch knapp 470.000 Stellen in den MINT-Berufen zu besetzen [2].

 

MINT ist spannend, innovativ und kreativ

Die Umfrage verdeutlicht, dass vielen jungen Menschen die wachsende Bedeutung und Kreativität der Fächer gerade im Zusammenhang mit neuen, zukunftsträchtigen Technologien (bspw. künstliche Intelligenz, Drohnen, Virtual Reality, Roboter) nicht bewusst sind. 62 Prozent der SchülerInnen haben im Informatikunterricht programmieren gelernt, lediglich 31 Prozent etwas über innovative Technologien. Bei Frauen beträgt dieser Anteil lediglich 25 Prozent.

 

Mädchen kaum begeistert von MINT

Junge Frauen sind nach wie vor deutlich zurückhaltender als junge Männer, wenn es darum geht, MINT-Fächer im Abitur oder an der Universität zu belegen: Lediglich acht Prozent der befragten Schülerinnen wählen Physik oder Informatik im Abitur.

Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Hochschulen: Der Studie zufolge sind Frauen in MINT-Studienfächern deutlich unterrepräsentiert. Fast jeder zweite Student, aber nur jede vierte Studentin belegt ein MINT-Fach; für Informatik entscheiden sich lediglich zwei Prozent der Studentinnen.

 

Neues Netzwerk für Tech-Frauen

Die Studie untersucht auch die geringe Präsenz von jungen Frauen in MINT-Berufen und diskutiert Ansätze zur Erhöhung des Anteils weiblicher Fach- und Führungskräfte in diesen Bereichen. Die zögerliche Haltung junger Menschen und insbesondere von Frauen zu MINT lässt sich dabei unter anderem auf einen Mangel vor allem an weiblichen Vorbildern aus der Technologie-Branche zurückführen. Die meisten Befragten, die ein Vorbild nennen können, denken an Steve Jobs – Bill Gates und Elon Musk werden dabei von Männern etwas häufiger genannt als von Frauen. Hingegen fällt nur jedem siebten Befragten spontan überhaupt eine berühmte Frau aus der Technologie-Branche ein.

»Unternehmerinnen und Managerinnen der Tech-Branche sollten als Vorbilder sichtbarer in Erscheinung treten. Dadurch können sie insbesondere jungen Frauen die Attraktivität, die Innovations- und Kreativitätskraft des Berufs näherbringen und helfen, mehr Schülerinnen für den Berufszweig zu begeistern. Die besten Köpfe für MINT-Berufe zu gewinnen, bildet die Voraussetzung für künftiges Wachstum«, erklärt Susanne Arnoldy, Partnerin bei PwC Deutschland.

Frau Arnoldy ist Mitbegründerin des neuen Digital- und Technologienetzwerkes »women&technology: connected. disruptive. digital.« von PwC, welches das Potenzial weiblicher Fach- und Führungskräfte für neue Technologien stärker ins Rampenlicht rücken will. Die Plattform bietet Unternehmerinnen und Managerinnen die Chance, gemeinsam über alle Industriegrenzen hinweg Themen anzugehen, welche die Technologie- und Digitalwelt bewegen, um so gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen des digitalen Wandels zu finden.

 

[1] Weitere Informationen: https://www.pwc.de/womenintechreport

[2] https://www.iwkoeln.de/studien/gutachten/beitrag/christina-anger-sarah-berger-oliver-koppel-axel-pluennecke-mint-herbstreport-2017-368955.html

 


 

Ursache für Frauenmangel in MINT-Berufen? Mädchen unterschätzen ihre Fähigkeiten im Schulfach Mathematik

Jungen halten sich in Mathe für begabter, als es die Noten rechtfertigen – Mädchen bescheinigen sich eher sprachliche Fähigkeiten – Unterschiede sind bereits in der fünften Klasse deutlich und bleiben in höheren Jahrgangsstufen bestehen.

 

Jungen schreiben sich im Schulfach Mathematik größere Fähigkeiten zu als Mädchen – in einem Ausmaß, das durch die tatsächlichen Schulnoten nicht gerechtfertigt ist. Die entsprechenden Selbsteinschätzungen von Schülerinnen und Schülern, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) untersucht hat, weichen bereits in der fünften Klasse deutlich voneinander ab. Bis einschließlich zur zwölften Jahrgangsstufe bleiben die Unterschiede weitgehend bestehen. Das geht aus einer aktuellen Studie des DIW-Bildungsforschers Felix Weinhardt hervor, der für Deutschland repräsentative Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) ausgewertet hat.

Die Ergebnisse sind vor allem mit Blick darauf relevant, dass Frauen an Universitäten und Fachhochschulen, aber auch in Ausbildungsberufen im sogenannten MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) deutlich unterrepräsentiert sind. »Frauen studieren diese Fächer offenbar auch deshalb weitaus seltener als Männer, weil sie ihre mathematischen Fähigkeiten schon sehr früh in ihrer Schulzeit unterschätzen und deshalb Präferenzen für andere Fächer, meist Sprachen, entwickeln«, so Weinhardt. »Damit gehen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern im MINT-Bereich, die bereits vielfach beklagen, dass sie kaum noch Fachkräfte finden, womöglich viele talentierte Frauen verloren.«

Mädchen sollten bereits in der Grundschule in Einschätzungen ihrer mathematischen Fähigkeiten bestärkt werden

Für seine Studie hat DIW-Bildungsökonom Weinhardt Daten von rund 20.000 Schülerinnen und Schülern verwendet, die auf einer Skala von eins (»trifft gar nicht zu«) bis vier (»trifft völlig zu«) Auskunft gegeben haben zu der Aussage »Ich war schon immer gut in Mathematik«. Während Schüler in der fünften Klasse im Durchschnitt einen Wert von 3,1 angeben, liegen Schülerinnen mit 2,5 deutlich darunter. Wie weitergehende Berechnungen zeigen, ist dieser Abstand aber nur teilweise durch tatsächlich bessere Noten der Jungen im Fach Mathematik zu erklären. Vergleicht man nämlich nur Schülerinnen und Schüler mit exakt denselben Mathematiknoten, schätzen die Jungen ihre mathematischen Fähigkeiten noch immer um fast einen halben Skalenpunkt höher ein. Dabei ist auch berücksichtigt, dass Jungen ihre Fähigkeiten generell und fächerübergreifend höher bewerten als Mädchen. Für das Fach Deutsch liegen die Selbsteinschätzungen so kaum auseinander, obwohl Schülerinnen dort deutlich bessere Noten erzielen als Schüler.

Weil Jungen und Mädchen ihre Kompetenzen bereits sehr frühzeitig sehr unterschiedlich wahrnehmen, möglicherweise bedingt durch gesellschaftliche Rollenbilder, ist es nach Weinhardts Ansicht von zentraler Bedeutung, rechtzeitig gegenzusteuern. »Lehrerinnen, Lehrer und Eltern sollten deutlich mehr dafür tun, Mädchen von ihren vorhandenen mathematischen Fähigkeiten zu überzeugen – nicht erst in der Sekundarschule, sondern bereits in der Grundschule«, empfiehlt Weinhardt. Umgekehrt könnten Jungen speziell im Fach Deutsch gefördert werden, um den sogenannten Vergleichseffekt zu reduzieren: Dieser führt dazu, dass Jungen aufgrund ihrer vergleichsweise schlechten Deutschleistungen tendenziell denken, sie seien mathematisch begabt. Ihre Klassenkameradinnen wiederum gehen aufgrund ihres Vorsprungs im Fach Deutsch davon aus, sie seien eher sprachlich begabt als in Mathematik, obwohl das nicht in jedem entsprechenden Einzelfall zutrifft.

 


 

Gezielter Blick in die Glaskugel: Welche Fachkräfte und Qualifikationen braucht der Arbeitsmarkt künftig?

Fachkräftemangel weitet sich aus

Wahrnehmung der Deutschen negativer als die Realität

So werden sich 2018 Mensch und Maschine näherkommen

Unternehmen, die zu modernen Softwarefabriken werden, erzielen mehr Umsatz und Gewinn

Berufsfeld IT: Beschäftigungslage und Einkommen

IT-Arbeitsmarkt: Mehr Stellen als Bewerber

Smart School: Digitaler Bildungspreis für die besten Bildungskonzepte