Medienkonsum: Deutsche Kinder konsumieren zu viel Medien

Beinahe 60 Prozent der Vier- bis Sechsjährigen überschreiten unter der Woche das von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfohlene Maß an Medienkonsum. Am Wochenende liegt der Anteil der Kinder in dieser Altersgruppe, die länger als empfohlen glotzen oder zocken laut AOK bei 84 Prozent.

Zwar ist man sich einig, dass zu viel Smartphone- und Fernsehkonsum einen negativen Einfluss auf die Entwicklung kleiner Kinder haben kann, gleichzeitig ist es in der heutigen Welt schwierig den Medienkonsum des Nachwuchses sinnvoll auf unter 30 Minuten täglich einzuschränken.

Bei den Sieben- bis Zehnjährigen liegt der Konsum Wochentags zwar weniger weit über der Empfehlung, am Wochenende jedoch bleibt der Anteil mit 79 Prozent ähnlich hoch und das obwohl in dieser Altersgruppe ein Medienkonsum von bis zu 60 Minuten täglich als unkritisch angesehen wird. Patrick Wagner

https://de.statista.com/infografik/14531/medienkonsum-von-kindern/

 


 

Kinder hocken zu lang vor dem Bildschirm

  • Die Zahl der medialen Angebote und Verbreitungskanäle hat sich für Kinder in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verändert. Entsprechend hoch ist die Mediennutzung bereits bei Zehnjährigen.
  • Vor allem in bildungsfernen Familien ist überlange Mediennutzung weit verbreitet. Knapp 9 Prozent der Kinder, deren Mütter keinen Berufsabschluss haben, verbringen mit Computer- und Videospielen mehr als vier Stunden täglich.
  • Da vielen Eltern die möglichen Folgen eines hohen Medienkonsums auf die körperliche und geistige Entwicklung des Nachwuchses nicht bewusst sind, sollten sie in puncto Medienerziehung gezielt geschult werden.

Illustration: Absmeier, mojzagrebinfo

Kaum zu glauben, dass Pippi Langstrumpf mal als anarchisch galt. In Zeiten von Teenage Mutant Ninja Turtles und Fack ju Göhte wirkt das stärkste Mädchen der Welt fast ein wenig bieder. Doch im Lauf der Jahrzehnte haben sich nicht nur die Kinderhelden dramatisch verändert, sondern auch die Zahl der medialen Angebote und Verbreitungskanäle: Filme und Serien werden längst nicht nur im Fernsehen verfolgt, sondern auch an PCs, Tablets und auf Handys. Und wer selbst auf Netflix oder Amazon Prime nicht fündig wird, kann sich mit einer Vielzahl an Computer- und Videospielen die Zeit vertreiben. Schon Zehnjährige machen vom reichen Bildschirmangebot regen Gebrauch (Grafik):

Die Hälfte der Viertklässler konsumiert täglich bis zu zwei Stunden elektronische Medien, ein Viertel zwei bis vier Stunden und 17 Prozent verbringen sogar mehr als vier Stunden am Tag damit.

 

Vor allem in bildungsfernen Familien ist überlange Mediennutzung weitverbreitet. Während 78 Prozent der Kinder von Akademikermüttern angeben, dass ihre Eltern sehr darauf achten, wie viel Zeit sie vor dem Fernseher und am Computer verbringen, tun dies von den Kindern mit Müttern ohne berufsqualifizierenden Abschluss nur 66 Prozent. Diese Laisser-faire-Haltung hat Konsequenzen:

Viertklässler aus bildungsfernen Familien gehören dreimal so häufig zu den überlangen Medienkonsumenten wie ihre Alterskameraden mit Akademikermüttern.

Knapp 9 Prozent der Kinder, deren Mütter keinen Berufsabschluss haben, verbringen sogar allein mit Computer- und Videospielen mehr als vier Stunden täglich.

 

Mütter und Väter sollten gezielt geschult werden, um die Vor- und Nachteile von Mediennutzung für ihre Kinder einschätzen zu können.

 

Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung ist es zwar wichtig, den Umgang mit modernen Medien früh zu üben. Doch stundenlanges Fernsehen und Videospielen über einen längeren Zeitraum kann sich negativ auf die Entwicklung auswirken. Zu den häufigsten Folgen gehören krankhaftes Übergewicht, Augenbeschwerden, Schlafstörungen, ein aggressiveres Sozialverhalten sowie sprachliche und schulische Entwicklungsdefizite.

Da vielen Müttern und Vätern die möglichen Folgen eines hohen Medienkonsums auf die körperliche und geistige Entwicklung des Nachwuchses nicht bewusst sind, sollten Eltern in puncto Medienerziehung gezielt geschult werden.

Solche Schulungen könnten im Rahmen von Elternabenden in den Kindergärten und an den Schulen angeboten werden. Wichtig wäre dabei, dass neben den Risiken auch die Chancen einer altersgerechten Mediennutzung thematisiert werden und dass den Eltern aufgezeigt wird, wie sie ihre Kinder bei der Aneignung digitaler Kompetenzen sinnvoll begleiten können.

 

Ansprechpartner
Wido Geis, Senior Economist für Familienpolitik
Seit 2011 im IW,   Geboren 1981 in Friedrichshafen,   Studium der internationalen Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen
Telefon: 0221 4981-705