Ohne Business-Analyst im Unternehmen geht künftig wenig – Alles geregelt für hybride Clouds?

Unternehmen suchen vermehrt ihr Heil in Public Clouds. Auf diese Weise versprechen sie sich im Zusammenspiel mit ihrer Private Cloud eine höhere Flexibilität, niedrigere, zudem besser kalkulierbare Kosten, teils auch qualitativ hochwertigere IT-Leistungen gegenüber dem Eigenbetrieb. Demzufolge sieht der Marktanalyst Gartner bis 2020 den Markt für die Public-Cloud-Varianten IaaS, PaaS und SaaS Jahr für Jahr im zweistelligen Bereich wachsen.

Philipp Kleinmanns, Leiter Portfolio Management & Solution Sales im Geschäftsbereich IT Factory bei Materna, warnt allerdings davor, organisatorisch und technisch unvorbereitet den Public-Cloud-Anbietern ins Netz zu gehen. Er plädiert außerdem dafür, innerhalb der Unternehmen die Stelle eines Business-Analysten als koordinative Instanz einzurichten. »manage it« hat ihn zu den notwendigen internen Weichenstellungen befragt, die getroffen werden sollten, damit die Erwartungen Cloud-affiner Unternehmen tatsächlich aufgehen.

Was macht den Einsatz hybrider Clouds zu einer Herausforderung?

Business und IT in Einklang zu bringen, ist schon innerhalb des Unternehmens eine Herausforderung. Jetzt kommt eine weitere Herausforderung hinzu, den Einsatz von Public Clouds auf den IT-Eigenbetrieb abzustimmen. Auch aus IT-Management-Sicht steht eine Erweiterung an: Die meisten Unternehmen haben nicht einmal eine Cloud-Management-Plattform, die im Folgeschritt zudem als Multi-Provider-Management-Plattform etabliert werden muss. Nur unter diesen Voraussetzungen können die Services von IaaS, PaaS, SaaS & Co. aus zentraler Sicht, nämlich die des Unternehmens, genauer gesagt der IT-Organisation, überwacht, kontrolliert und dokumentiert werden können.

Welchen Reifegrad messen sie aktuell den Cloud-Offerten bei?

Cloud-Anbieter wie Amazon und Google haben ihre Services professionalisiert. Sie warten mit hoch skalierbaren IT-Architekturen auf, um darüber flexibel auf die Serviceanforderungen der Unternehmen unterschiedlicher Branchen zu reagieren. Das gilt auch über die Bereitstellung von Infrastrukturdiensten hinaus für Cloud-Anbieter mit Fokus auf Applikationen. Gute Beispiele dafür sind Salesforce.com (Customer Relationship Management), SAP Business By Design (Enterprise Resource Planning), Microsoft Office 365 (Bürokommunikation) und Service Now (Enterprise Service Management). Die gewachsene Professionalität der Provider ist aber kein Freibrief dafür, dass eigene und fremderbrachte IT-Services harmonisch und in hoher Verfügbarkeit zusammenspielen.

Können Sie näher darauf eingehen?

Im Kontext mit möglichen IaaS-, PaaS- und SaaS-Providern sind viele Fragen zu klären und zu beantworten wie:

  • Passen sich die externen Dienste ohne Reibungsverluste ins branchenspezifische beziehungsweise marktspezifische Geschäftsmodell des Unternehmens ein?
  • Bieten die extern zu erbringenden IT-Services dafür die erforderlichen Funktionen und erfüllen sie die SLAs?
  • Welche IT-Sicherheits- und IT-Compliance-Anforderungen müssen die Public-Cloud-Anbieter nachweislich, also lückenlos dokumentiert, erfüllen?
  • Ist die eigene IT-Architektur so beschaffen, dass darin auch mehrere Cloud-Provider kontrollierbar in die eigene Cloud sowie untereinander integriert werden können?
  • Ist die eigene IT-Organisation so aufgestellt, dass sie die Qualität aller extern zu erbringenden Services im Kontext mit den selbst erbrachten IT-Services überwachen, messen und bewerten kann?

Solche Fragen wird das Unternehmen nur dann konkret beantworten können, wenn es dafür die notwendige Vorarbeit leistet.

Das Unternehmen muss also vorerst Business und IT in Einklang bringen?

Ja. Um zu wissen, ob die extern zu erbringenden IT-Services und deren Funktionen zum eigenen Geschäftsmodell passen, müssen vorab die Anforderungen aus den bestehenden und geplanten Geschäftsprozessen an die eigene IT-Organisation und die IT-Services ermittelt, konsolidiert und priorisiert werden. Nur auf dieser Erkenntnisbasis können für die zu beziehenden IT-Services, neben den notwendigen Funktionen, die erforderlichen SLAs festgelegt werden. Ohne die Sicherheitsvorgaben und die Compliance-Vorschriften vollumfänglich zu kennen, können diese Anforderungen nicht auf die involvierten Cloud-Provider abgebildet werden. Die nachweisliche Einhaltung dieser Vorgaben und Vorschriften durch die Cloud-Dienstleister ist umso wichtiger, zumal nicht sie, sondern das Unternehmen dafür haftet. Zudem müssen die Außenschnittstellen des Unternehmens analysiert werden, um bestimmen zu können, welche Schnittstellen passgenau dazu die Cloud-Provider vorhalten müssen, damit deren IT-Services in die eigene IT integriert werden können. Beispiele für die Integration interner und externer Dienste sind Microsoft Office Exchange und Office 365, interne und externe Dienste zur Namensauflösung sowie Single Sign-on (SSO) für eine Einmal-Anmeldung gegenüber Zielapplikationen, die extern gehostet werden.

Sie erachten es für ein umfassendes Cloud Computing als dringend notwendig, in den Unternehmen die Stelle eines Business-Analysten als koordinative Instanz einzurichten?

Die hohe Komplexität dieses Vorhabens ruft förmlich nach einer solchen Instanz. Die Unternehmen werden den Business-Analysten als Vermittler zwischen Chief Finance Officer (CFO), den Verantwortlichen aus den Fachabteilungen, den Chief Information Officer (CIO) sowie der IT-Organisation mit den Bereichen IT-Architektur, Applikationen, IT-Betrieb und IT Service Support brauchen. In dieser Vermittlerfunktion wird er Schlüsselaufgaben wahrnehmen wie Geschäftsprozessoptimierung, Feinabstimmung der Gesamtlösung, Verwaltung der Anforderungen, Projektkoordination sowie als Prüfinstanz, ob die Vorschläge aus den Fachabteilungen im Verlauf des Projekts technisch wie kaufmännisch zu den gewünschten Ergebnissen führen. Mit Blick auf die zu integrierenden Cloud-Anbieter werden mit der Unterstützung des Business-Analysten, neben SLAs, Sicherheits- und Compliance-Leistungen, deren Lizenz- und Abonnementmodelle für das Unternehmen transparenter werden, auch aus dem Kostenblickwinkel. Dazu muss er allerdings bestehende und neue Geschäftsmodelle genau verstehen und alle Wechselwirkungen von externen Cloud-Diensten auf die unternehmenseigene IT nachvollziehen, bemessen und beurteilen können.

Viel Arbeit und organisatorische Umbrüche: Wo bleiben da die von den Unternehmen erwarteten Flexibilitätsgewinne durch Cloud Computing?

Der Business-Analyst mit seinem Leistungsportfolio wird künftig ein wichtiger Garant dafür sein, dass sowohl die höhere Flexibilität und die höhere Dienstleistungsqualität als auch die erwarteten Kosteneinsparungen im Cloud-Verbund tatsächlich für das Unternehmen aufgehen werden. Mit seiner Unterstützung werden die Unternehmen zudem bessere Einkaufskonditionen, optimierte und somit kostensparende IT-Prozesse und eine hohe Auslastung extern bereitgestellter IT-Infrastrukturen erreichen können. Er wird darüber hinaus bei allen Bewertungen die betriebswirtschaftliche Brille aufhaben, um zu entscheiden, welche Auslagerungen für das Unternehmen unter dem Strich lohnen und welche nicht. So sind Dienste mit einer geringen Nutzerzahl und einer komplexen IT-Infrastruktur aus kaufmännischer Sicht bei Cloud-Providern besser aufgehoben. Gleiches trifft in der Regel für saisonale Dienste, Front-end-Anwendungen, Stateless Applications ohne Datenspeicherung, echte SaaS-Anwendungen, Microsoft Office 365, SAP Business by Design sowie für IT-Services zu, für die intern weder genügend Ressourcen noch die notwendige Kompetenz zur Verfügung stehen.


Das Interview führte Hadi Stiel, freier Journalist,
Kommunikationsberater und geprüfter IT-Sachverständiger
in Bad Camberg.
Bild: © Materna; bellenixe/shutterstock.com

 

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