Peer-to-Peer-Versicherungen: Geteilter Schaden ist halber Schaden?

Jeder siebte Bundesbürger kann sich vorstellen, auf diese Weise seine Risiken abzudecken. Bislang ist das Konzept aber noch weitgehend unbekannt.

Illustration: Geralt Absmeier

Wenn in der Wohnung eingebrochen wird, man Schuld an einem Unfall ist oder der Nachbar einen verklagt und man gezwungen ist, zum Anwalt zu gehen, sind die meisten froh, eine entsprechende Versicherung abgeschlossen zu haben. Doch statt sich individuell bei einem etablierten Versicherungskonzern abzusichern, bieten digitale Plattformen auch die Möglichkeit, sich mit Freunden und Bekannten untereinander vor solchen Risiken abzusichern.

Solche sogenannten Peer-to-Peer-Versicherungen (Erklärung siehe weiter unten) sind bei den Bundesbürgern heute zwar noch weitgehend unbekannt, haben aber großes Potenzial. So sagen aktuell nur 8 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren, dass sie den Begriff Peer-to-Peer-Versicherung bereits einmal gehört oder gelesen haben. Das dahinterstehende Konzept findet nach einer Erklärung aber jeder Siebte interessant: So sagen 4 Prozent, sie können sich sehr gut vorstellen, eine Peer-to-Peer-Versicherung abzuschließen, weitere 10 Prozent können sich das eher vorstellen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 1.006 Bundesbürgern ab 14 Jahre im Auftrag des Digitalverbands Bitkom [1].

»Beim Banking ist die Digitalisierung bei den Bürgern inzwischen längst angekommen, unabhängig davon, ob sie bei einer etablierten Bank oder Sparkasse oder bei einem jungen FinTech Kunde sind. In der Versicherungsbranche ist das für viele noch nicht so spürbar, aber die Angebote werden sich in den kommenden Monaten in einem hohen Tempo digitalisieren«, sagt Fabian Nadler, Referent Digital Insurance & InsurTech beim Digitalverband Bitkom. »Die großen Versicherer arbeiten mit hohem Tempo an digitalen Lösungen, daneben gibt es immer mehr InsurTech-Startups, die auf teilweise völlig neue Geschäfts- und Risikomodelle setzen.«

 

Vor allem die 30- bis 49-Jährigen sind interessiert

Jeder Fünfte (21 Prozent) ist aktuell skeptisch und kann sich eher nicht vorstellen, eine Peer-to-Peer-Versicherung zu nutzen, 62 Prozent schließen das grundsätzlich aus. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Die größte Aufgeschlossenheit gegenüber Peer-to-Peer-Versicherungen gibt es in der Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren. Unter ihnen kann sich sogar rund jeder Fünfte (19 Prozent) vorstellen, ein entsprechendes Angebot zu nutzen. Bei den Jüngeren zwischen 14 und 29 Jahre sind es 13 Prozent, bei den 50- bis 64-Jährigen 12 Prozent und bei den Älteren ab 65 Jahre immerhin auch noch 11 Prozent. Nadler: »Peer-to-Peer-Versicherungen sind nur ein Beispiel, in dem sich die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Versicherungsbranche zeigen. Auch wenn die Mehrheit solchen Angeboten heute noch skeptisch gegenüber steht, gibt es potenziell mehrere Millionen Kunden für Anbieter, die komplett digitalisierte Lösungen auf den Markt bringen.«

 

Bitkom bringt Versicherer und InsurTechs zusammen

Mit der Frage, welche Chancen etablierte Versicherer und InsurTechs in dieser Entwicklung sehen und welche konkreten digitalen Angebote es in Zukunft geben wird, beschäftigt sich auch der erste Roundtable Digital Insurance & InsurTech des Bitkom. Er findet unter dem Motto »Disruption oder Evolution? – Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für die Versicherungswirtschaft« am 26. September in Berlin statt.

 

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.006 Bundesbürger ab 14 Jahren telefonisch befragt. Die Fragestellungen lauteten: »Haben Sie schon einmal von sogenannten Peer-to-Peer-Versicherungen gehört oder gelesen?« und »Bei Peer-to-Peer-Versicherungen versuchen die Anbieter, größere Gruppen von Versicherungsnehmern zusammenzubringen, die Risiken ohne ein etabliertes Versicherungsunternehmen untereinander günstiger als bei klassischen Policen absichern. Inwieweit können Sie sich vorstellen, eine solche Peer-to-Peer-Versicherung abzuschließen?«

 

Peer-to-Peer-Versicherungsmodell am Beispiel von Friendsurance

Bei unserem Peer-to-Peer-Versicherungsmodell werden Versicherte online zu kleinen Gruppen gebündelt, deren Mitglieder sich im Schadensfall im Rahmen der Selbstbeteiligung gegenseitig finanziell unterstützen. Dazu wird eine Selbstbeteiligung in den Vertrag aufgenommen bzw. eine bereits vorhandene Selbstbeteiligung erhöht. Die höhere Selbstbeteiligung führt zu einem niedrigeren Versicherungsbeitrag. Die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Beitrag fließt in einen Rückzahlungstopf. Bleiben im Laufe eines Jahres Schäden aus, bekommt jeder im folgenden Januar einen Teil aus dem Topf als Rückzahlung wieder. Im Schadensfall muss der Versicherte die neue Selbstbeteiligung nicht alleine tragen, da kleine Schäden innerhalb der Selbstbeteiligungsgrenze aus dem Topf beglichen werden. Oberhalb der Selbstbeteiligungsgrenze kommt die traditionelle Versicherung zum Tragen. Auf diese Weise bekommen Versicherte die Chance auf eine Beitragsrückzahlung, ohne Risiko draufzahlen zu müssen.

 


 

Cyber-Versicherungen: digitale Sorglosigkeit führt zur Unterversicherung

Kunden erkennen deutliche Vorteile in der Digitalisierung der Versicherungsbranche

Versicherungen üben sich in digitaler Kundennähe

Mit der Zeit gehen: Die digitale Revolution in der Versicherungsbranche

Digitale Prozesse in der Versicherungsbranche: Die Zukunft liegt in der Cloud

Cyberversicherungen – Absicherung existenzbedrohender Risiken