Personalisierte Werbung? Nein danke!

55 Prozent der Internetnutzer in Deutschland verweigern laut einer Eurostat-Umfrage die Zustimmung zur Nutzung personenbezogener Daten für Werbezwecke. Noch rigoroser sperren sich Luxemburger und Niederländer gegen personalisierte Werbung. Nun bekommen die EU-Verbraucher in Sachen Datenschutz Unterstützung aus Brüssel. Der gestern vorgelegte Entwurf zur E-Privacy-Verordnung sieht vor, dass Onliner auf jeder Website ihr Einverständnis für die Erhebung und Verarbeitung von Daten geben müssen, egal ob diese personenbezogen oder anonym erhoben werden. Die Internetwirtschaft ist von dieser Idee nicht begeistert. So sieht beispielsweise der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) »eine akute Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Digitalen Wirtschaft«. Mathias Brandt

grafik statista personalisierte werbung

https://de.statista.com/infografik/7520/keine-nutzung-personenbezogener-daten-fuer-werbezwecke/


E-Privacy-Verordnung: Brüssel torpediert die digitale Gesellschaft

 

Die EU-Kommission hat am 10.1.2017 offiziell den Entwurf einer zukünftigen E-Privacy-Verordnung veröffentlicht. Wie sich bereits abgezeichnet hatte, schießt dieser deutlich über das Ziel hinaus. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. kritisiert diesen Entwurf scharf und warnt vor einer fundamentalen Gefährdung der heutigen Informationsgesellschaft. Eine Einwilligungspflicht für beinahe jede Form der Datenverarbeitung im Internet entzieht zahlreichen Geschäftsmodellen der Digitalen Wirtschaft die Grundlage und gefährdet die Grundfeste der digitalen Gesellschaft.

Der vorgelegte Entwurf der E-Privacy-Verordnung unterscheidet im Grundsatz nicht mehr zwischen personenbezogenen, pseudonymen und anonymen Daten – der Nutzer soll demnach nahezu immer sein Einverständnis für die Erhebung und Verarbeitung von Daten geben müssen. Das hätte zur Folge, dass etwa Third-Party-Cookies in den allermeisten Fällen nicht mehr ohne explizite Einwilligung eingesetzt werden dürfen. Hierauf basierende Technologien dienen beispielsweise der Reichweitenmessung oder auch Besuchsanalyse von Webseiten oder als Grundlage für die Ausspielung digitaler Werbung, durch die die Mehrzahl der kostenfrei zugänglichen Inhalte und Services im Internet finanziert werden. BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr befürchtet weitreichende Folgen: »Diese Verordnung stellt etablierte und von den Verbrauchern akzeptierte Geschäftsmodelle in Frage und negiert fundamentale Prinzipien der Digitalen Wirtschaft. Das Internet, wie wir es heute kennen, wird es damit nicht mehr geben.«

Zudem sei eine akute Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Digitalen Wirtschaft zu erwarten: »Eine solche Regelung bevorteilt vor allem Login-basierte Nutzungsmodelle, bei denen Nutzer ein pauschales Einverständnis für die Erhebung und Verarbeitung ihrer Daten geben. Zudem konterkariert das Vorhaben die auf der Datenverarbeitung basierende Arbeitsteilung digitaler Produkte und Dienstleistungen«, erklärt Duhr. »Die Kommission zielt mit diesem Vorschlag auf ein Verbot der Daten- und Informationsverarbeitung auch in Fällen, in denen die Daten keinen Personenbezug haben. Wir erwarten von Parlament und Rat gerade vor dem Hintergrund der Bedeutung der Digitalen Wirtschaft eine deutliche Verbesserung dieser realitätsfernen und rückwärtsgewandten Vorschläge der Kommission.«


Bitkom sieht Nachbesserungsbedarf bei E-Privacy-Verordnung

  • Einheitliche Regelungen für die digitale Kommunikation in der EU sinnvoll
  • Parallelregeln zur Datenschutz-Grundverordnung für digitale Dienste problematisch
  • EU-Kommission prüft angemessenes Datenschutzniveau in Drittstaaten

 

Der Digitalverband Bitkom begrüßt eine weitere Harmonisierung der Datenschutzvorschriften in der EU im Rahmen der geplanten E-Privacy Verordnung, sieht aber Nachbesserungsbedarf. Die E-Privacy Verordnung regelt den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation. Neben den klassischen Telefondiensten zählen dazu in Zukunft auch Kurznachrichtendienste oder Videotelefonie im Internet. „Die kürzlich beschlossene Datenschutz-Grundverordnung (DSGV) etabliert bereits ein flächendeckend hohes Datenschutzniveau“, sagte Susanne Dehmel, Bitkom-Geschäftsleiterin Datenschutz und Sicherheit. „In der E-Privacy Verordnung werden nun für viele digitale Dienste davon abweichende Regeln vorgeschlagen. Das ist aus Sicht der Digitalwirtschaft nicht notwendig und führt zu neuen Rechtsunsicherheiten.“ Das gelte insbesondere für die Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Meta- und Standortdaten. Laut der E-Privacy-Verordnung sollen Verkehrs- bzw. Metadaten der Kommunikation sowie Standortdaten nur für ganz bestimmte Zwecke verarbeitet werden dürfen, zum Beispiel für Abrechnungen oder für die Gewährleistung der Sicherheit eines Dienstes. Für andere Zwecke ist die Einwilligung der Nutzer erforderlich, was eine Datenverarbeitung in vielen Fällen komplizierter oder nahezu unmöglich macht. Für die Einwilligung finden sich in der E-Privacy Verordnung zudem eigene Vorgaben. Unklar ist deren Verhältnis zur den Vorgaben für die Einwilligung nach der DSGV. Auch reicht nach der DSGV für die Datenverarbeitung in vielen Fällen ein berechtigtes Interesse des Anbieters aus. „In der digitalen Welt entstehen laufend neue Anwendungen und Geschäftsmodelle. Dafür sind flexible Regelungen bei der Datenverarbeitung notwendig“, sagte Dehmel. Die DSGV biete hierfür ein angemessenes Schutzniveau.

Positiv bewertet der Bitkom, dass sich die EU-Kommission nach der Vereinbarung des EU-US Privacy Shields jetzt mit den Regelungen zu Datentransfers in weitere Staaten außerhalb der EU beschäftigen wird. Geprüft wird, ob zum Beispiel andere Länder wie Japan oder Süd-Korea über ähnlich hohe Datenschutzstandards verfügen wie die EU. Diese Länder haben kürzlich neue Datenschutzgesetze erlassen und den Schutz der Privatsphäre damit gestärkt. „Datentransfers in Länder wie Japan oder Süd-Korea könnten dann erheblich erleichtert werden“, sagte Dehmel. Eine Gleichstellung dieser Länder spare europäischen Unternehmen hohen Aufwand, da zusätzliche Garantien wie Standardvertragsklausen oder verbindliche Unternehmensregeln nicht mehr zwingend erforderlich sind.


So verbreitet sind Adblocker

25 Prozent der deutschen Internetnutzer (ab 18 Jahren) nutzen Adblocker. Das geht aus der aktuellen Ausgabe des »Reuters Institute Digital News Report 2016« hervor. Bei den 18-24-Jährigen sind es sogar mehr als die Hälfte. 64 Prozent begründen den Adblocker-Einsatz damit, dass sie die Menge der Werbung satt haben. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) haben die Software installiert um zu verhindern, dass ihnen Werbung von Seite zu Seite folgt. Besonders allergisch gegen Werbung im Netz scheinen die Polen (38 Prozent) zu sein. Dagegen scheinen 90 Prozent der japanischen Internetnutzer mit Online-Ads aller Art gut leben zu können. Mathias Brandt

grafik statista adblocker länder

https://de.statista.com/infografik/5043/onliner-die-einen-adblocker-nutzen/

 


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