Plattform ERP – Digitalisierung beginnt im Kopf

Wohin die IT-Reise im Jahr 2019 geht, stellt sich wohl jeder ein wenig anders vor, sei er CEO, CTO, CDO oder eines der vielen anderen Akronyme – nicht zu vergessen die Menschen, die in ihrer täglichen Arbeit mit Veränderungen klarkommen müssen. Aber es gibt Menschen, die aufgrund ihrer jahrelangen IT-Erfahrung und IT-Kompetenz eine geradezu visionäre Sicht auf die Zukunft haben. Uwe Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Cosmo Consult Gruppe, gehört zu ihnen.

Herr Bergmann, wir haben ein neues Jahr, also auch neue Trends? 

Nein, ich glaube, das Motto lautet eher »Neues Jahr, neue Schwerpunkte« als komplett neue Trends. Die Trends Digitalisierung und digitale Transformation gelten weiterhin. Es gibt Unternehmen, die sind weiter fortgeschritten, andere warten noch ab. 2019 geht es darum, diese Themen umzusetzen. Das heißt auch, Entscheidungen zu treffen, wie möchte ich als Unternehmen diese Themen angreifen. Sage ich eher, ich gehe vorneweg, oder warte ich noch ab und schaue mal, was vielleicht mal relevant wird und springe später auf den Zug auf. Und dann gibt es den einen oder anderen, der hofft, dass die Veränderung gar nicht stattfindet. Für den wird es eher schwierig. 

Wir differenzieren aber schon zwischen digitaler Transformation und Digitalisierung? Die Digitalisierung kann ja kein neuer Trend sein.

Genau, die Digitalisierung ist ein Werkzeug der digitalen Transformation. Heute schaut man aber intensiver nach analogen Prozessen, die man digitalisieren kann, ohne gleich zweckgebundene Prozessoptimierungen damit zu verbinden. Zur digitalen Transformation gehört es, sich über die Prozesse als solche Gedanken zu machen und zu überlegen, wo und wie man die neuen Technologien dazu nutzt, sein Handeln, sein Unternehmen, seine Strukturen, seine Prozesse und sein Businessmodell noch mal zu überdenken. 

Eine weitere Komponente ist das Thema Kultur. Damit meine ich, wie schaffe ich ein digitales Mindset und wie gehe ich mit den neuen Technologien um, wie fördere ich Zusammenarbeit oder wie nutze ich Wissensaustausch mit den Technologien, die heute verfügbar sind? Auch das Thema Agilität braucht ein digitales Mindset: Wie schaffe ich es, schneller auf neue Trends zu reagieren? Kaufe ich mir heute eine Software, dann ist und bleibt sie so alt, wie sie heute ist. In der Cloud wird sie dagegen kontinuierlich auf dem neuesten Stand gehalten. Ist die Geschwindigkeit der Veränderungen sehr hoch, muss ich mir die Frage stellen, ob mir ein Update alle zwei, drei Jahre reicht oder ob ich besser permanent auf dem Laufenden bleibe. Schließlich gibt es im Business nur einen Sieger, den, der den Auftrag bekommt.

Somit gibt es eigentlich nur einen Weg?

Nun ja, wenn man an Artificial Intelligence oder Intelligent Services denkt, die ja nur – zumindest in großen Teilen – in der Cloud verfügbar sein werden, muss man sich fragen, ob man diese Services nutzen will, um sich an der Spitze zu halten. Die digitale Transformation wird zwar sowohl strategisch als auch technologisch und kulturell einen gewissen Zeitraum in Anspruch nehmen, aber je später man damit anfängt, desto schwieriger wird es, weil die anderen vielleicht schon vorgeprescht sind und an Geschwindigkeit gewonnen haben und man nur noch hinterherhastet. 

Das Gefährlichste aus meiner Perspektive ist tatsächlich, wenn ich mich in die Illusion begebe, das Ganze geht noch mal irgendwie vorbei. Ich glaube, heute ist die eine Frage wichtig: Wie fühle ich mich verantwortlich für mein Unternehmen, wie führe ich es in die neue Zeit? Darum machen wir bereits heute die Abstraktion von KI für den Kunden greifbar und erlebbar und wandeln sie in konkreten Nutzen um. Praxisnahe Szenarien entwickeln wir gemeinsam mit Kunden und dem Fraunhofer Institut zum Thema IoT. 

Gibt es da schon fertige Lösungen?

Die gibt es, und wir haben schon gigantische Kosteneinspareffekte erzielt. Ich denke da nur an unser Shutdown Management, hier hat Digitalisierung so einen richtig durchschlagenden Effekt und bringt eine absolut neue Wertschöpfung. Aber wir entwickeln auch unser Intelligent ERP ständig weiter. Das nimmt nicht irgendeinen Status quo und rechnet ihn dumpf durch, sondern rechnet in jeder einzelnen Situation neu, berechnet immer wieder aus aktuellen Daten und Erfahrungswerten das Optimum. Eine starre, klassische Programmierung kann dagegen immer nur von einem bestimmten Grundzustand ausgehen.

Woran hapert es denn bei den deutschen Unternehmen? Zwar nutzen immer mehr Softwaresysteme aus der Cloud, aber das ist doch lange noch nicht ausreichend?

Ich glaube, ein ganz großes Thema ist Vertrauen. Vertrauen in eben diese Technologie wie die selbstlernenden Systeme. Dann gibt es noch das Vertrauen in die Cloud. Da habe ich jetzt gerade einen Artikel von Microsoft gelesen, dass sie zum, ich sage mal vertrauenswürdigsten Unternehmen der Welt gewählt wurden, was ein riesiger Asset ist. Auch interessant ist, dass ein großer internationaler Automotive-Konzern gesagt hat, wir gehen jetzt in die Cloud, denn wenn wir alles selbst hosten, ist das viel zu unsicher. Das ist mal ein Statement. Der umgekehrte Weg von der bisherigen Denke. 

Wir können sogar über Kulturthemen sprechen, weil wir selbst unser bester Kunde sind. Wir realisieren selbst seit anderthalb Jahren ein großes Transformationsprojekt, in das wir sehr viel Zeit investieren. Das ist nicht nur Technologie, sondern auch ganz viel Mindset und Kultur. So eine Transformation ist kein Zuckerschlecken. Wir wollen da Vorreiter sein, um einerseits selbst vorne mit dabei zu sein, aber auch, um für unsere Kunden Erfahrungen zu sammeln. 

Wie bringen Sie Ihr Wissen und Ihre Erfahrung zu Ihren Kunden?

Wir haben so etwas wie ein Mission Statement: Wir wollen unsere Kunden dabei unterstützen, die Gewinner der digitalen Transformation zu werden. Dazu müssen wir zum Beispiel eine Übersetzungsleistung bringen von den sehr technologischen, teilweise abstrakten Gedanken zum echten Nutzen. Alle reden über künstliche Intelligenz, meinen dann aber solche Sachen wie Sprach- und Gesichtserkennung, diese typischen Cognitive Services, aber letztlich steckt doch viel mehr dahinter. Darum haben wir extra ein Digital-Business-Consulting-Team aufgebaut, das unseren Kunden helfen soll, dieses Thema ganzheitlicher zu betrachten. Wir machen ja nicht nur ERP, sondern bieten das gesamte Set von Cloud über die Daten-Services, über Artificial Intelligence, IoT, Modern Work Place, Kollaborationsthemen sowie die klassischen Themen wie ERP, CRM und so fort. Und alles garniert mit entsprechenden Apps für die verschiedenen Branchen. So haben wir, glaube ich, eine ganzheitliche Kompetenz, tatsächlich bei der digitalen Transformation unterstützen zu können.

 

 

Sie sprachen Kulturthemen an, also gehört auch ein neues Denken, sogar eine persönliche Transformation, zur digitalen Transformation?

Ja, es gehört eine persönliche Transformation dazu, das ist meine feste Überzeugung. Die Digitalisierung beginnt im Kopf und am Kopf, also der Unternehmensleitung. Es ist kein Thema, das ich einfach so an meinen Chief Digital Officer oder CIO oder IT-Leiter delegieren kann. Eine digitale Transformation ist ein ganzheitliches Unternehmensthema. Und in der Mitte des ganzheitlichen Unternehmens steht der CEO oder Geschäftsführer oder Vorstand, wie auch immer das Unternehmen organisiert ist.

Dazu gehört es dann auch, mit Traditionen zu brechen, alte Zöpfe abzuschneiden? Was wäre so ein alter Zopf?

Da gibt es ein breites Spektrum. Da könnten bestimmte Produkte, die ich noch traditionell anbiete, plötzlich nicht mehr in mein Portfolio passen. Oder ich ziehe mich aus bestimmten Bereichen zurück, um mehr in andere Bereiche zu investieren. Self Disruption ist ein weiteres Buzzword. Ich könnte mir also ein eigenes Konkurrenzprodukt schaffen, etwa ein digitales Pendant zu meinen bisherigen Produkten, und mache mir selbst Konkurrenz, bevor es ein anderer tut. Ich habe das schon früher gesagt, im Silicon Valley oder selbst hier in Berlin, in Stockholm und in London sitzt ein Haufen gut ausgebildeter junger Leute, die alle nach einer Geschäftsidee suchen, die alle nur danach trachten, dein Geschäftsmodell zu digitalisieren und dich aus dem Markt zu drängen. Das ist deren Ding.

Befasst sich COSMO CONSULT denn überhaupt noch mit ERP & Co?

Natürlich ist die Komponente ERP der Kern unseres Geschäfts, aber auch den sehen wir heute etwas anders. Wir sehen ERP ganzheitlicher, wir sagen nicht mehr, das ist irgendwo der Kern, sondern wir sagen – Gartner zum Beispiel nennt das Postmodern ERP –, alles, was das Business des Kunden ausmacht, ist letztendlich ERP und besteht aus verschiedenen Komponenten; aus Data-Analytics-Komponenten, aus Customer Engagement, also CRM, und dann gibt es auch noch den Kernbereich mit diesen klassisch strukturierten Daten wie Produktion und das, worüber alle finanziellen Ströme laufen, also das, wo der Wirtschaftsprüfer drauf guckt. Aber drum herum gibt es noch die Themen Modern Work Places, Zusammenarbeit, Wissensaustausch oder Social Network. Nicht Social Media, was ein eigenes Thema wäre, sondern Digital Networks innerhalb des Unternehmens, das ich mit Kunden und Partnern erweitern kann, um Informationen und Wissen auszutauschen oder Dinge zu kommentieren. Das ist heute einfach State of the Art. Ich nenne diesen ganzheitlichen Ansatz »Plattform ERP«. Für viele ist das schon komplett normal, für andere aber noch völlig abstrakt und absurd. Hier herrscht großer Beratungsbedarf.

Also braucht ein Unternehmen heute als IT-Partner jemanden, der sowohl etwas von der Technologie als auch von Wirtschaftsstrategie, Wirtschafts- und Unternehmenspolitik sowie von Unternehmenskultur versteht?

Ja, auf jeden Fall. Und vor allen Dingen jemanden, der etwas von Menschen versteht. Natürlich kann der Kunde von uns als Technologie-Unternehmen und führendem Unternehmen in diesem Marktsegment hohes technologisches Know-how erwarten. Aber unser großer Schwerpunkt ist tatsächlich, wie nehmen wir die Leute mit. Unser Motto »Business-Software für Menschen« ist Programm. Für uns ist es wichtig, bestimmte menschliche Grund-Skills zu nutzen und ihnen gerecht zu werden, etwa Begeisterungsfähigkeit oder Neugier. Neugier ist die Basis für Innovationen. Solche Dinge zu wecken und mit ihnen zu arbeiten, erleichtert es den Menschen, ihrer Arbeit nachzugehen, weil sie einfach entspannter wird. Wir wollen Menschen inspirieren, Unternehmen erfolgreicher zu machen.

Was ist ihr guter Rat an die Unternehmen für das Jahr 2019?

Sie sehen, wenn man über Transformation, über neues Gedankengut, neues Denken spricht, dann ist das ein ganzheitliches Thema. Also würde ich erst mal überlegen, wo ich eigentlich stehe, und eine Entscheidung treffen, welchen Weg ich gehe. Und dann: Changing thinking before changing things.

Da bietet COSMO CONSULT doch einen Digitalisierungs-Check an?

Ja, damit lässt sich der digitale Status eines Unternehmens feststellen. Dann gehört auch Digital Ambition zu unseren Angeboten, womit man definieren kann, was mit der Digitalisierung erreicht werden soll, und schließlich bieten wir eine Roadmap zum Erreichen dieser Ziele an. Das alles gibt Hilfestellung für die Entscheidungsfindung, denn ein Umdenken – persönlich und im Unternehmen – ist nichts für die Brechstange. Und dann muss man mit denjenigen, die offen sind, die begeisterungsfähig sind, beginnen. Nicht versuchen, diejenigen, die sich wehren, mit Gewalt zu überzeugen, sondern erst die mitnehmen, die leicht zu begeistern sind. Die Energie, die so erzeugt wird, zieht die anderen nach. Das ist wesentlich einfacher. So entsteht eine neue Kultur, es entsteht ein neuer Flow, und plötzlich wird es dann für alle irgendwie interessant. 

Herr Bergmann, vielen Dank für das Gespräch.


Das Gespräch führte Volker Vorburg
Bild: © Cosmo Consult

 

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