Rollende Daten: Informationen sind der Treiber für autonomes Fahren

Auf dem Feld fahrerloser und vernetzter Autos tummeln sich verschiedene Spieler. Da sind zum einen die großen Namen im Automobilgeschäft, wie Mercedes, Tesla, VW oder BMW. Doch neben Expertise in der Produktion ist für den Fortschritt im autonomen Fahren vor allem Erfahrung im Umgang mit Daten essenziell. Diese bringt die zweite Gruppe an Anbietern mit: große Technologieunternehmen wie Google oder Uber. Logisch, dass sich viele der klassischen Hersteller mit Experten auf dem Gebiet der Daten zusammentun. So arbeiten Fiat Chrysler und Honda mit der Google-Tochter Waymo zusammen und BMW hat vor Kurzem die Partnerschaft mit Intel und Mobileye bekannt gegeben.

Daten über Daten

Doch über welche Daten sprechen wir überhaupt? Zum einen erstellen intelligente Fahrzeuge Nutzerprofile. Dafür verarbeitet das System Informationen aus verschiedenen Datenquellen. Native Daten, wie Öltemperatur oder Geschwindigkeit, fallen ohnehin an. Zudem verfügen moderne Fahrzeugen über sechs bis acht HD-Kameras, welche die Umgebung und den Fahrzeuginnenraum beobachten. Eine einzige generiert pro Sekunde bereits 150 Megabit an Daten.

Zum anderen führen Hersteller Testfahrten durch. Tesla gibt an, bisher 780 Millionen Testkilometer erfasst zu haben – und alle zehn Stunden käme eine Million hinzu. Diese Daten enthalten Informationen die dazu beitragen, die Systeme autonomen Fahrens zu verbessern. Je mehr Kilometer gefahren werden, desto mehr Lernmaterial steht dem Auto zur Verfügung. Je mehr Lernmaterial es gibt, desto besser wird die Entscheidungsgrundlage für bestimmte Situationen. Auf diese Weise erhöht sich die Intelligenz der Systeme. Das Wachstum der Daten, die direkt im Auto verarbeitet werden, steigt stetig, das Auto wird immer stärker zum Rechenzentrum. Dabei geht es nicht darum, alle Daten zu übertragen. Das Auto muss vor allem in gefährlichen Situationen selbst entscheiden können.

 

Big Data und Bandbreite

Um wie viele Daten es geht, zeigt sich am Beispiel eines autonomen Google-Fahrzeugs. Nach Herstellerangaben generiert dieses ein Gigabyte an Daten pro Sekunde. Ein Bundesbürger fährt im Schnitt 114 Stunden pro Jahr Auto, dabei würde ein halbes Petabyte Daten anfallen. Bei 45 Millionen Fahrzeugen auf deutschen Straßen, kommen wir also allein im deutschen Raum auf eine unvorstellbare Zahl von 22,5 Zettabyte pro Jahr. Ohne effiziente Datamanagement-Systeme ist es schier unmöglich, diese Menge an Daten zu übertragen und sauber auszuwerten. Die Praxis bestätigt dies: Die Nachfrage nach kosteneffizienten und sehr bandbreitenschonenden Datenmanagementlösungen steigt.

Ein weiterer Grund dafür ist die unzureichende Bandbreite. Selbst der neue Mobilfunkstandard 5G, der 2018 eingeführt werden soll, wird in Kombination mit der in Autos anfallenden Menge an Daten an seine Grenzen stoßen. Die Bandbreite wird immer hinterherhinken, weshalb der Fokus bei der Verarbeitung der Daten nicht auf dem Ausbau der Bandbreite, sondern auf der Verbesserung intelligenter Systemen liegen muss.

Besitzansprüche

So groß die Sammelwut auch ist – die Frage, wem die erfassten Daten eigentlich gehören rückt dabei scheinbar in den Hintergrund. Alle Daten, die im Fahrzeug anfallen, gelten als »personenbezogen« im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der neuen Datenschutz-Grundverordnung, wenn sie mit der Fahrzeugidentifikationsnummer oder dem Kfz-Kennzeichen verknüpft sind. Prinzipiell lässt sich sagen: Wer ein »intelligentes Auto« erwirbt, dem steht auch die Entscheidung über die Datennutzung zu. Praktisch lässt sich dieses Problem allerdings nicht so einfach beantworten, denn heiß auf die Informationen sind viele: Der Motorenhersteller erhofft sich Einsichten aus den Sensoren in seinen Motoren, Versicherungen bauen ihr Angebot nach Schlagworten wie »pay as you drive« aus, Reifenhersteller und Werkstätten sind an der Fahrweise interessiert, um ihr Angebot individuell ausrichten zu können. Weiter gedacht, würden Serviceintervalle dann nicht mehr statisch nach 35.000 gefahrenen Kilometern angesetzt, sondern der optimale Zeitpunkt aus dem Nutzerprofil abgeleitet werden.

Leider befinden wir uns hier immer noch in einer Grauzone und viele Anbieter, auch anderer Branchen, versuchen diese Problematik über die AGBs zu regeln. Aus zehn Seiten werden so schnell mehr als hundert. Da geht es um Datenhoheit, Datenschutz und wer wann Zugriff auf welche Daten hat. Natürlich gibt es Ansätze, wie sich Nutzer und Hersteller einigen können. Daten gegen Senkung der Leasing-Rate zum Beispiel. 20 Euro Rabatt pro Monat mögen verlockend klingen – ob Nutzer den Deal immer noch als positiv einstufen, wenn sie mit Werbung auf ihrem Smartphone überhäuft werden, ist fragwürdig. Hier schließt sich der Kreis: Die Entscheidung, inwieweit wir persönlich gesammelte Daten zur Verfügung stellen, liegt bei uns selbst.

Dr. Stefan Ebener, Innovation Manager Automotive, EMEA bei NetApp


 

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