Service als Speerspitze neuer digitaler Geschäftsmodelle

Laut der europäischen Maschinenbaustudie von VDMA und McKinsey aus dem Jahre 2016 erwarten europäische Maschinenbauer einen Anstieg des Umsatzanteils aus digitalen Geschäftsmodellen von drei Prozent in 2015 auf zehn Prozent im Jahr 2020.

Foto: Docufy

Die Chancen hierfür stehen gar nicht schlecht. Die zunehmende Digitalisierung der Maschinen führt zu einem immer größeren Datenstrom, dessen intelligente Auswertung den Herstellern ein immer besseres Verständnis über die Fertigungsprozesse der Kunden ermöglicht – beziehungsweise es könnte, wenn man über die Technologie dazu verfügt und sie zu nutzen versteht. Das Stichwort heißt Big Data, die Auswertung von großen Datenmengen. Wenn ein Maschinenbauer nicht nur die Daten eines einzelnen Kunden erhebt, sondern die Informationen von all seinen Kunden sammelt und auswertet, gewinnt er tiefe Einsichten in die Fertigungsprozesse und -standards seiner Zielgruppe.

 

Branchenwissen verschafft Herstellern Wissensvorsprung

Ein Hersteller erhält durch sein Branchenwissen damit einen Informationsvorsprung, der es ihm ermöglicht, seine Maschinen für einzelne Kunden so zu optimieren, wie es dem Kunden selbst niemals möglich wäre.

Dies erkennen zunehmend auch die Kunden. Die steigende Komplexität von Maschinen zusammen mit dem immer deutlicher werdenden Fachkräftemangel erschwert es ihnen, Optimierungspotenziale im eigenen Fertigungsprozess selbst zu entdecken.

 

Neue digitale Geschäftsmodelle dienen Anbieter und Kunde gleichermaßen

Hier entstehen Chancen für neue digitale Geschäftsmodelle. Diese digitalen, auf Daten basierenden Geschäftsmodelle haben dann eine langfristige Chance, wenn Anbieter und Kunde gleichermaßen davon profitieren. So kann man sich vorstellen, dass die Gewinne aus der stetigen Optimierung der Fertigungsprozesse zwischen Hersteller und Kunde geteilt werden. Dies führt neben einem steten Einnahmestrom auch zu einer engen Bindung zwischen Hersteller und Kunde und zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern.

So einleuchtend dieses einfache Grundprinzip ist, so schwierig ist die Umsetzung in der Praxis: Zunächst liefern digitale Maschinen nur »dumme« Betriebsparameter in großem Umfang. So ist schon die Handhabung der großen Datenmengen für viele Unternehmen eine Herausforderung. Viel schwieriger ist aber die aussagefähige Interpretation dieser Daten, um Rückschlüsse auf die Optimierung der Prozesse eines bestimmten Kunden ziehen zu können. Nicht zuletzt aus diesem Grund benennt die Europäische Maschinenbaustudie Softwarekompetenz als einer der Schlüsselfaktoren für die Umsetzung einer erfolgreichen Digitalstrategie … und die Verfügbarkeit qualifizierten Personals in diesem Bereich als eine der größten Hürden.

 

Service hat tiefsten Einblick in Fertigungsprozesse des Kunden

Eine weitere wichtige Frage ist, woher – außer von den Maschinendaten – die Informationen über die Fertigungsprozesse beim Kunden kommen sollen. Man könnte an den Vertrieb denken, aber die Abteilung mit dem größten Einblick in die Produktion beim Kunden ist oft der Service. So bietet es sich an, die Serviceabteilung als Brückenkopf zur Entwicklung und Verifizierung neuer, digitaler Geschäftsmodelle zu nutzen. Die dort gewonnenen Erfahrungen und Informationen können dann verwendet werden, um die eigene Digitalstrategie weiter auszubauen.

Leider behindert in vielen Unternehmen die traditionelle Aufbauorganisation in Entwicklung, Fertigung, Vertrieb, Service etc. den Informationsfluss zwischen den Abteilungen erheblich. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber oft haben sich aufgrund der organisatorischen Trennung in verschiedene Profit Center auch unterschiedliche IT-Systeme mit unterschiedlichen Ordnungssystemen für die notwendigen Informationen etabliert. Dies ist eine enorme Hürde beim Aufbau neuer, digitaler Geschäftsmodelle – denn diese wirken in der Regel bereichsübergreifend.

 

Informationsraum bündelt unternehmensweites Wissen

Ein Ausweg hierfür ist die Schaffung eines Informationsraums, der ein Adressschema für Informationen unterschiedlicher Art bereitstellt. Fachleute aller Abteilungen vom Service über die Konstruktion bis zum Marketing legen ihre Informationen mit diesem System ab. Es entsteht ein riesiger unternehmensübergreifender Wissenspool, der es möglich macht, einzelne Informationen aus den verschiedenen Abteilungen intelligent miteinander zu verknüpfen und das Know-how der Fachleute einzelner Abteilungen firmenübergreifend zu nutzen. So werden wichtige Erkenntnisse über Kundenprozesse oder die Tragfähigkeit der neuen Modelle gewonnen.

Der Service, der im engsten Kontakt zum Kunden steht, wird als Speerspitze für die Schaffung neuer digitaler Geschäftsmodelle eingesetzt und gewinnt damit für die Zukunftsfähigkeit sowohl des Maschinenbauers als auch des Kunden enorm an Bedeutung.

Uwe Reißenweber, Geschäftsführer DOCUFY GmbH

 

 

 

 

 

 


 

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