Twitter als Trend-Monitoring-Kanal: Bedeutung, Relevanz und Identifizierung von Meinungsführern

Auf Twitter wird täglich eine Vielzahl von Daten generiert. In unserer Kolumne gehen wir darauf ein, wie diese Daten – sinnvoll aufbereitet – für das Trend-Monitoring genutzt werden können. Nachdem wir im ersten Teil die generelle Relevanz und anschließend geeignete inhaltliche Analysen der Tweets erläutert haben, ist es in einem weiteren Schritt nötig, Trendtreiber zu identifizieren. Auf Twitter werden Inhalte und Trends vorwiegend von Influencern beziehungsweise Meinungsführern getrieben. Neben der inhaltlichen Analyse ist die Identifizierung von Influencern daher ein weiterer, wichtiger Teilaspekt des Trendidentifizierungs-Prozesses.

Wer oder was ist ein Influencer?

Zunächst ist herauszustellen, was überhaupt ein Influencer ist. Im Sinne der Trendidentifizierung sind besonders die Netzwerkteilnehmer von Relevanz, die aufgrund Ihrer Stellung eine außergewöhnliche Rolle im Netzwerk innehaben. Dies wird vor allem dadurch erkenntlich, dass diese gut vernetzt sind und als glaubwürdig oder authentisch wahrgenommen werden. Deswegen werden dessen Meinungen von anderen Netzwerkteilnehmern oft geteilt und weiter kommuniziert, was auch direkt die besondere Rolle zum Vorschein bringt: Zum einen wird eine Funktion als Multiplikator eingenommen, da aufgrund der zentralen Stellung im Netzwerk oft eine große Anzahl an Followern und somit auch größere Reichweite vorhanden ist. Das impliziert, dass mehr Akteure eine Information zur Verfügung gestellt bekommen und die Verbreitung der Trends gefördert wird. Zum anderen sind Meinungsführer auf Twitter oft »Early Adopter«, also Nutzer, die eine Innovation oder einen Trend frühzeitig erkennen und aufnehmen. Diese »Early-Adopter« sind für die Trend-Identifizierung ebenfalls von besonderer Bedeutung. Wenn einem Unternehmen bewusst ist, wer diese Akteure sind, sollte den verbreiteten Inhalten erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Anders als bspw. beim Content-Marketing geht es beim Trend-Monitoring nicht darum, Influencer zu überzeugen Unternehmensinhalte aufzunehmen, sondern diejenigen zu identifizieren, die Informationen zuerst treiben, um (mögliche) Trends zu entdecken.

Welche Kriterien machen einen Influencer aus?

Um relevante Influencer zu identifizieren, müssen Netzwerkakteure drei Kriterien erfüllen. Zum einen sollten diese aktiv und populär sein, aber auch eine gewisse Wichtigkeit vorweisen. Als aktiver User werden Akteure bezeichnet, die innerhalb einer festgelegten Periode ein gewisses Maß an Content oder auch Interaktion generieren. Dabei ist nicht ausschließlich die Anzahl der Tweets relevant. Auch Accounts, die hauptsächlich Tweets retweeten, sind von Bedeutung, da auch ein nicht zu unterschätzender Einfluss vorhanden ist, wenn vorwiegend Informationen weiterverbreitet werden. Aus diesem Grund sind die Accounts aktiv, die jegliche Form von Interaktion oder Kommunikation in der festgelegten Periode generiert haben (inkl. Retweets, Mentions, Replies etc.).

Als populär können die Nutzer bezeichnet werden, die aufgrund einer hohen Followerzahl als relevant anzusehen sind. Allerdings sollte dabei nicht ausschließlich die Followerzahl als Kriterium verwendet werden, da – wie erwähnt – auch Akteure mit (noch) wenig Einfluss durchaus auch »Early Adopter« sein können. Es bietet sich an, die Popularität anhand eines Verhältnisses von Followern und Followees zu berechnen. Der dadurch errechnete, standardisierte Wert liegt zwischen null und eins und ermöglicht es, Accounts mit überdurchschnittlich hohen Followern und Followees mit denjenigen zu vergleichen, die von deutlich weniger Usern wahrgenommen werden.

Influencer sind nicht gleich Influencer

Sind die Kriterien erfüllt, wurden Akteure identifiziert, die potenziell durchaus Influencer sein können. Da die Erfüllung der Kriterien nur bedingt etwas über die tatsächliche Einflussstärke und Relevanz aussagt, ist in einem nächsten Schritt eine weitere Beurteilung nötig. Zu diesem Zweck gibt es bereits einige Tools, die bspw. anhand von Netzwerkstrukturen und Content-Produktion einen Relevanz-Score berechnen. Diesen automatisierten Berechnungen sollte allerdings eine Filterung von irrelevanten Usern vorgestellt werden. So sind u.a. Spam-User zu identifizieren, die sich durch hohe Frequenz oder des »Missbrauchs« von Hashtags selbst als wichtig klassifizieren, obwohl nur eine geringe Relevanz im Netzwerk vorhanden ist. Ebenso ist, abhängig vom Thema, eine Differenzierung vorzunehmen. So ist davon auszugehen, dass bei relativ spezifischen Themen auch Nutzer wichtig sind, die im kompletten Netzwerk zwar keine wirkliche Relevanz haben, aber innerhalb einer Nische von enormer Bedeutung sind.

Die valide Identifizierung von tatsächlichen Influencern stellt in der Praxis oftmals noch ein Problem dar. Zwar bieten viele Monitoring-Anbieter durch entsprechende Features eine standardisierte Methode, die berechnet, ob ein User ein Influencer ist. Eine allgemein anerkannte Methode gibt es allerdings nicht. Aus diesem Grund sind vorhandene Methoden individuell anzupassen und Kriterien zu entwickeln, die das Ziel, wie Influencer identifiziert werden sollen, berücksichtigen. Zusätzlich zu beachten ist, dass im Rahmen des Trend-Monitoring Influencer zwar von Bedeutung sind, aber nur einen Teil der Analyse darstellen. Inhalte sind in diesem Zusammenhang von größerer Bedeutung, werden aber ohne die Multiplikator-Funktion der Influencer kaum an Bedeutung gewinnen.

Steffen Nolte, Experton Group, www.experton-group.de

Nachdem wir in den ersten drei Teilen unsere Kolumne erläutert haben, wie Inhalte und User analysiert werden sollten, um Trends zu erkennen, werden wir im vierten Teil auf die Erkenntnisse und Implikationen für den Unternehmenseinsatz eingehen.

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