Umsetzung der Digitalisierung stockt noch

  • Reifegradmodell ermöglicht Einordnung des Digitalisierungsfortschritts in ausgewählten Branchen.
  • Digitalisierungsstrategien werden nicht konsequent genug umgesetzt.
  • Häufig noch unklare Verantwortlichkeiten für Digitalisierungsstrategien.

Deutsche Unternehmen müssen die Geschwindigkeit, in der sie die digitale Transformation vorantreiben, massiv erhöhen – die Zeiger der Digitalisierungsuhr stehen bereits auf fünf vor zwölf! Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Lünendonk zum digitalen Reifegrad führender Branchen [1].

»Digitalisieren Sie schon?« ist ein Benchmark für die digitale Agenda und wurde gemeinsam mit dem IT-Beratungs- und Systemintegrationsunternehmen Lufthansa Industry Solutions und Professor Dr. Peter Buxmann vom Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik der TU Darmstadt erstellt. Ziel der Studie war es zu ermitteln, wie große Unternehmen ihre Unternehmensstrategien, Organisationsstrukturen und IT-Prozesse auf die Anforderungen des digitalen Wandels ausrichten. Zur Analyse der Ergebnisse wurde ein Reifegradmodell entwickelt, um anhand von zentralen Fragestellungen die Unternehmen nach dem Fortschritt ihrer digitalen Transformation einzuordnen.

grafik lünendonk einsatz digitalisierung

Digitale Transformation ist Thema des Top-Managements

Digitale Transformation ist Thema des Top-Managements. Demnach sind sich die 103 befragten Studienteilnehmer aus den Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Automotive (OEM und Zulieferer) sowie Logistik und Transport im Klaren darüber, dass die Digitalisierung gleichermaßen Herausforderungen und Chancen bietet.

In vielen Fällen muss zunächst einmal an den Grundlagen gearbeitet werden: »Es gibt fünf entscheidende Handlungsfelder, auf denen Unternehmen die Voraussetzungen für die Digitalisierung schaffen müssen«, sagt Bernd Appel, Geschäftsführer Lufthansa Industry Solutions. »Zu den für die erfolgreiche Digitalisierung wichtigsten Handlungsfeldern zähle ich auf Organisationsebene die Etablierung digitaler Unternehmenskultur, datengetriebenen Denkens und agiler Methoden. Um eine gut durchdachte Architektur sowie um realtime-fähige Services geht es auf der Architekturebene.«

Unternehmen müssen diese Maßnahmen auch zügig angehen, denn die Digitalisierung soll laut 46 Prozent der befragten Business- und IT-Entscheider in den nächsten zwei Jahren bereits eine »sehr hohe Bedeutung« für den Geschäftserfolg ihres Unternehmens einnehmen.

»Dennoch werden aktuell erst bei 40 Prozent der analysierten Unternehmen digitale Innovationen systematisch vorangetrieben«, weiß Mario Zillmann, Leiter Professional Services bei Lünendonk und Studienautor. »Viele Unternehmen lassen daher Chancen liegen, was auch damit zusammenhängt, dass die Umsetzung von Digitalisierungsstrategien vielerorts nicht konsequent genug vom Top-Management betrieben wird. Auch die einzelnen Fachbereiche behindern sich häufig, indem sie unterschiedliche Ziele bei der Digitalisierung haben.«

Dabei ist ein effizientes und kooperatives Zusammenspiel zwischen CEO, CIO und den Fachabteilungen eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewältigung der Herausforderungen zur digitalen Transformation. »Ein geringer organisatorischer Reifegrad kann sich insofern als Hemmnis erweisen«, so Zillmann weiter.

Anwendung digitaler Technologien sehr unterschiedlich

Bei der Analyse des technischen Reifegrads der Unternehmen zeigt sich, dass die meisten vor allem im Bereich Mobile relativ gut aufgestellt sind. Aktuell ermöglichen 67 Prozent der Befragten ihren Mitarbeitern, von unterwegs auf unternehmensrelevante Kernprozesse zuzugreifen. In den kommenden Jahren soll sich ihre Zahl auf 87 Prozent erhöhen.

Ein massiver Ausbau der technologischen Fähigkeiten und Lösungsmöglichkeiten, so die weiteren Studienergebnisse, ist beim Thema Big/Smart Data Analytics mit verstärkter Sammlung und Analyse von Kundendaten sowie Nutzung der Daten für Predictive Analytics und Predictive Maintenance geplant.

In Bezug auf Social Business Collaboration sind die Unternehmen dagegen noch nicht so weit. Aktuell stellen 52 Prozent der Studienteilnehmer ihren Mitarbeitern moderne Technologien für ein effizientes Arbeiten beziehungsweise Kommunizieren miteinander zur Verfügung; 86 Prozent wollen es in zwei Jahren sein.

Weiter an Bedeutung gewinnen soll auch das Konzept Industrie 4.0. So soll der Anteil an Unternehmen, die Produkt- und Produktionsdaten systematisch mittels Sensoren erheben, von derzeit knapp 50 auf über 75 Prozent steigen. Für automatisierte und in Echtzeit stattfindende Datenanalysen wird ein Anstieg der Unternehmen von 57 auf 78 Prozent prognostiziert. Im Hinblick auf die Zukunft sagen fast alle Unternehmen aus, dass sie die genannten Technologiethemen weiter vorantreiben wollen.

Digitalisierungsstrategien betreffen das ganze Unternehmen

»Eine erfolgreiche digitale Transformation setzt voraus, die Möglichkeiten moderner Technologien, wie Cloud Computing, Mobile, Sensorik, Data Analytics oder Robotics und 3D-Druck, intelligent zu Prozess-, Produkt- und Serviceinnovationen zu kombinieren«, kommentiert Bernd Appel die Studienergebnisse. Nahezu alle Unternehmen aus der Lünendonk®-Studie haben hier aber noch eine Vielzahl an Veränderungs- und Anpassungsmaßnahmen auf ihrer Agenda.

So müssen aus der Technologieperspektive die bestehenden IT-Systeme auf die Integration moderner digitaler Strategien hin ausgelegt sein, während aus der Organisationsperspektive die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, dass Digitalisierungsstrategien das gesamte Unternehmen und nicht nur Teilbereiche betreffen.

Digitale Transformation ist dabei kein Thema von Top-Management, Fachbereichen oder der IT, sondern kann ausschließlich in der Summe aller gebündelten Kompetenzen erfolgreich bewältigt werden. Dazu bedarf es zum einen einer modernen IT-Abteilung mit neuen Skills wie agile Entwicklungsmethoden, Webanwendungen oder Projektmanagement. Zum anderen sind neue Prozesse und Regeln für die Zusammenarbeit im Unternehmen sowie mit externen Partnern und Lieferanten ebenso erforderlich wie eine langfristig ausgelegte Unternehmensstrategie, welche die technologischen Entwicklungen adaptiert und in konkretes Handeln umsetzt.

[1] Die empirischen Ergebnisse der aktuellen Lünendonk®-Studie »Digitalisieren Sie schon?« – Ein Benchmark für die digitale Agenda« zeigen auf, wo Unternehmen heute stehen und welche Herausforderungen sie auf ihrem Weg zum digitalen Unternehmen noch zu bewältigen haben. Die Studie steht zum kostenfreien Download unter www.luenendonk-shop.de und www.lufthansa-industry-solutions.de zur Verfügung.