Vorurteile bremsen die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen

Die Kooperation zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen verspricht beiden Seiten viele Vorteile [1]. Doch in vielen Fällen verhindern Vorurteile und falsche Erwartungen die Zusammenarbeit. Demnach halten Unternehmen Start-ups häufig für chaotisch oder unzuverlässig. Aus der Sicht von Start-ups sind etablierte Unternehmen schwerfällig und entscheidungsschwach.

Auf dem Weg in das Digitale Wirtschaftswunder braucht Deutschland neben leistungsfähigen Konzernen und einem starken Mittelstand auch eine lebendige Gründerszene. Start-ups sind ein wichtiger Motor für Innovationen und unverzichtbarer Treiber der digitalen Transformation. Doch laut aktuellem Länderbericht des Global Entrepreneurship Monitor (GEM) hinkt Deutschland beim Gründungsgeschehen deutlich hinterher. Zudem gründen die Deutschen demnach vergleichsweise häufig »aus der Not heraus«. Kommen in den USA auf einen Gründer mangels Erwerbsalternative rund 60 »Chancen-Gründer«, so sind es in Deutschland gerade mal drei Gründer, die an eine echte Marktchance glauben.

Gründer als wertvolle Quelle der Inspiration

»Start-ups und etablierte Unternehmen können enorm voneinander profitieren«, betont Peter Jaeger, der als Senior Director Developer Experience and Evangelism (DX) und Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland auch den Berliner Accelerator des Unternehmens verantwortet. »Gründer, die die digitale Transformation mit Mut und Entschlossenheit, Offenheit, Experimentierfreude und technologischem Know-how vorantreiben, sind eine wertvolle Quelle der Inspiration für bestehende Firmen«, so Jaeger. Dass in vielen Fällen jedoch Vorurteile und falsche Erwartungen die Zusammenarbeit behindern, zeigen die Ergebnisse einer Umfrage, die die Gründer-Magazine The Hundert und Berlin Valley unter 70 Gründern und 39 etablierten Unternehmen im Auftrag von Microsoft durchgeführt haben.

Start-ups befürchten Geschwindigkeitsverlust

So beklagen rund 40 Prozent der etablierten Unternehmen unrealistische Vorstellungen seitens der Gründer in Bezug auf Kooperationsmöglichkeiten. Umgekehrt befürchten zwei Drittel der Gründer einen Geschwindigkeitsverlust durch die Zusammenarbeit. Und jedes zweite Start-up sieht fehlenden Mut sowie eine zu geringe Innovationsfreude seitens der etablierten Unternehmen als Hindernis für eine Kooperation. Überdies begegnet jeder vierte Gründer dem Vorurteil, Start-ups seien chaotisch sowie unzuverlässig und überschätzten ihre eigene Leistungsfähigkeit. Jeder zweite Gründer sieht sich mit dem Vorurteil konfrontiert, dass sie zu schnell wieder vom Markt verschwinden. Umgekehrt herrscht auf Seiten der Start-ups häufig das Vorurteil, etablierte Unternehmen seien schwerfällig.

Unternehmen wollen von Innovationen profitieren

Dennoch sehen beide Seiten grundsätzlich die Vorteile einer Zusammenarbeit. Laut Umfrage versprechen sich 80 Prozent der Start-ups vor allem einen Image- und Vertrauensgewinn durch bekannte Partner. Nahezu zwei Drittel der befragten Gründer sehen zudem eine bessere Kundenvernetzung sowie eine schnellere Markterschließung als große Chancen. Mehr als 90 Prozent der etablierten Unternehmen wollen von Innovationen der Start-ups profitieren, drei Viertel erhoffen sich mehr Inspiration. So auch Gisbert Rühl, Vorstandsvorsitzender des Stahlhändlers Klöckner & Co: »Digitalisierung heißt für uns in erster Linie Vernetzung – im Unternehmen selbst, mit Lieferanten und Kunden, aber auch mit innovativen Start-ups. Damit sind auch Veränderungen des bestehenden Geschäftsmodells verbunden.« Rühl hat seinen Arbeitsplatz sogar vorübergehend in das Berliner betahaus verlegt, um sich von dort ansässigen Start-ups inspirieren zu lassen. »Das war eine enorm wertvolle Erfahrung«, so Rühl.

Microsoft setzt sich in Deutschland seit langem mit verschiedenen Programmen für Gründer ein – allen voran mit seinem Accelerator am Berliner Standort. »Das Vorurteil, dass Großkonzerne nicht mit unserem gewohnten Tempo mithalten, hat sich bei uns und bei Microsoft zu keiner Zeit bestätigt«, erklärt Sensorberg-Gründer Alexander Oelling. Das von Microsoft geförderte Start-up entwickelt unter anderem Software zur Beacon-Fähigkeit von Apps, damit Einzelhändler Werbung direkt aufs Smartphone schicken können. Jüngst haben beide Unternehmen erfolgreich bei der Erweiterung zur Beacon-Fähigkeit von Windows 10 zusammengearbeitet. »Junge Start-ups wie Sensorberg bringen neue Produkte, Services und Geschäftsmodelle hervor – und beleben damit den Wettbewerb«, erklärt Microsoft-«Gründerchef« Peter Jaeger. »Sie sind damit Innovationsmotor für die digitale Transformation und zugleich Ansporn für viele etablierte Unternehmen, um sich aus der Zufriedenheitsfalle zu befreien.«

[1] Das belegt eine gemeinsame Umfrage von Microsoft und den Gründer-Magazinen The Hundert und Berlin Valley.

Gemeinsame Umfrage von Microsoft Deutschland und The Hundert/Berlin Valley zum Thema „Clash of Cultures – Wie Start-ups und etablierte Unternehmen zusammenfinden“

Ergebnisse der Befragung unter Start-ups

Profitiert Ihr Geschäftsmodell von der Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen?

  • Ja: 87,1 %
  • Nein: 12,9 %

Welche Chancen sehen Sie allgemein für Start-ups in einer Kooperation mit bereits etablierten Unternehmen? (mehrere Antwortmöglichkeiten)

  • Imagegewinn / Vertrauen durch bekannte Referenzpartner: 80,0 %
  • Bessere Vernetzung mit Kunden: 64,3 %
  • Schnellere Erschließung von Märkten: 64,3 %
  • Zugewinn von Branchenkenntnissen: 52,9 %
  • Stärkere Finanzkraft: 37,1 %
  • Bessere Vernetzung mit Dienstleistern: 35,7 %
  • Positiver Einfluss auf die eigene Unternehmenskultur: 12,9 %

Welche Hindernisse sehen Sie in der Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen? (mehrere Antwortmöglichkeiten)

  • Geschwindigkeitsverlust: 67,1 %
  • Fehlender Mut zur Zusammenarbeit seitens der Unternehmen: 50,0 %
  • Zu geringe Innovationsfreude: 48,6 %
  • Geringe Bereitschaft, vom Start-up zu lernen: 27,1 %
  • Negativer Einfluss auf die eigene Unternehmenskultur: 14,3 %
  • Es gibt keine Hindernisse: 2,9 %

Welchen Vorurteilen gegenüber Start-ups begegnen Sie? (mehrere Antwortmöglichkeiten)

  • Start-ups sind (zu) schnell wieder vom Markt verschwunden: 50,0 %
  • Start-ups sind chaotisch und/oder unzuverlässig: 27,1 %
  • Start-ups überschätzen das eigene Produkt / die eigene Leistungsfähigkeit: 27,1 %
  • Start-ups passen nicht zur Unternehmenskultur: 20,0 %
  • Es gibt keine Vorurteile: 20,0 %
  • Start-ups haben keine Ausdauer: 14,3 %

 

Ergebnisse der Befragung unter etablierten Unternehmen

Gehört die Zusammenarbeit mit Start-ups zu Ihrem Geschäftsalltag?

  • Ja: 71,8 %
  • Nein: 28,2 %

Welche Chancen sehen Sie allgemein für etablierte Unternehmen in einer Kooperation mit Start-ups? (mehrere Antwortmöglichkeiten)

  • Profitieren von (disruptiven) Innovationen: 92,3 %
  • Inspiration: 76,9 %
  • Positiver Einfluss auf die eigene Unternehmenskultur: 53,8 %
  • Schnellere Erschließung von Märkten: 51,3 %
  • Erhöhte Flexibilität: 46,2 %
  • Ausweg aus der Zufriedenheitsfalle: 20,5 %

Welche Hindernisse sehen Sie in der Zusammenarbeit mit Start-ups? (mehrere Antwortmöglichkeiten)

  • Unrealistische Vorstellungen der Start-ups in Bezug auf Kooperationsmöglichkeiten: 43,6 %
  • Start-ups sind (zu) schnell wieder vom Markt verschwunden: 38,5 %
  • Start-ups sind chaotisch / unzuverlässig: 25,6 %
  • Geringe Bereitschaft, von etablierten Unternehmen zu lernen: 25,6 %
  • Fehlende Strukturen und Hierarchien: 20,5 %
  • Es gibt keine Hindernisse: 7,7 %

Welchen Vorurteilen von Start-ups gegenüber etablierten Unternehmen begegnen Sie? (mehrere Antwortmöglichkeiten)

  • Etablierte Unternehmen sind zu schwerfällig, um die Geschäftsidee des Start-ups zu erkennen und/oder umzusetzen: 87,2 %
  • Etablierte Unternehmen sind zu langsam und zu entscheidungsschwach: 69,2 %
  • Etablierte Unternehmen realisieren ihre Innovationsdefizite oftmals nicht: 53,8 %
  • Etablierte Unternehmen mischen sich in alles ein: 15,4 %
  • Etablierte Unternehmen sind an echten Partnerschaften nicht interessiert: 12,8 %
  • Es gibt keine Vorurteile: 2,6 %

 

Über die Umfrage:
Im Zeitraum vom 3. bis 12. Juni 2015 haben die Berliner Start-up-Medien The Hundert und Berlin Valley im Auftrag von Microsoft Deutschland eine nicht-repräsentative Online-Befragung unter Start-ups (n=70) und etablierten Unternehmen (n=39) zu den Chancen, Hindernissen und Vorurteilen in der Zusammenarbeit durchgeführt.