Wissensmanagement: Genie beherrscht das Chaos

Das Pharmaunternehmen AFFiRiS AG setzt auf Alfresco, um Projektwissen nachvollziehbar zu sichern – ohne die kreative Freiheit seiner Forscher einzuschränken.

Erfolgreiche Forschung benötigt kreativen Spielraum. Nur so können sich innovative Ideen entwickeln und entfalten. Das ist den Verantwortlichen des jungen Wiener Biotechnologie-Unternehmens AFFiRiS AG bewusst. Andererseits: Je größer das Unternehmen wird, desto mehr erfordert das Wissensmanagement klare Strukturen. Daher suchte AFFiRiS nach einem Enterprise-Content-Management(ECM)-System, das beiden Interessen gerecht wird.

Die AFFiRiS AG entwickelt an ihrem Stammsitz im Campus Vienna Biocenter synthetische Impfstoffe gegen chronische Krankheiten. Darunter sind Beschwerdebilder wie ein zu hoher Cholesterinspiegel, Arteriosklerose, Alzheimer und Parkinson. Die Entwicklungen von AFFiRiS beginnen immer bei »Null«, sprich mit der Idee, wie ein Impfstoff gegen eine Krankheit aussehen müsste. Ein internationales Team arbeitet diesen Grundgedanken dann weiter aus. Im Labor reift das Projekt in mehreren Phasen schließlich heran, bis daraus ein belastbares Patent entsteht. Auch an der Finanzierung sind weltweit verschiedene Partner beteiligt. So unterstützt beispielsweise die Michael J. Fox Foundation for Parkinson’s Research (MJFF) die Aktivitäten gegen Parkinson.

 

Erfolg erfordert neue Strukturen für das Wissensmanagement

In den vorklinischen und klinischen Studien sowie in der Abteilung für Qualitätskontrolle fällt eine immense Anzahl von Dokumenten an. Diese umfassen sämtliches Wissen, egal ob Texte, Tabellen, Ergebnisse aus Laboranalysen, Bilder oder Videos. Ebenso unterschiedlich sind die Formate, in denen die Daten vorliegen: Sie reichen von Dateien aus Office-Anwendungen wie Word oder Excel über unterschiedliche Bildformate bis hin zu PDFs.

Seit der Unternehmensgründung im Jahr 2003 war es gängige Praxis, alle wichtigen Informationen auf Netzwerk-Laufwerken zu speichern. Dabei hatten die verschiedenen Abteilungen und Forscherteams jeweils ganz eigene Muster und Regeln zur Ablage von Dokumenten entwickelt. Das war auch anfangs leicht zu überblicken. Doch mit dem Erfolg kamen immer mehr Mitarbeiter hinzu und mit ihnen wuchs auch die Komplexität der Ablagestrukturen: Die Anzahl der gespeicherten Dokumente explodierte förmlich. Auch gab es keine Versionierung. Insbesondere beim Review der diversen Reports erwies sich das als nachteilig. Die Kommunikation zwischen den Experten erfolgte überwiegend per E-Mail. »Ab 2011 begannen wir langsam zu realisieren, dass es so nicht weitergehen konnte. Wir mussten mehr Ordnung in diese Fülle an wertvollem Wissen und an Ergebnissen bringen«, berichtet Dr. Oleksandr Otava, Scientific IT Head der AFFiRiS AG. »Spezielle Anforderungen aus dem Projektmanagement wie Projektvorlagen und Experimentvorlagen, Metadaten und Projektstatusverwaltung gaben dann den letzten Anstoß, sich ab 2011 nach einem ECM-System umzusehen.«

 

Wer sucht, soll auch finden

Ziel war es, das Content-Chaos auf den Fileservern durch ein strukturiertes Konzept für die Daten- und Dokumentenablage abzulösen. Die wichtigste Anforderung lautete, Wissen wiederauffindbar zu speichern und durch eine anwenderfreundliche Bedienoberfläche mit einer schnellen Suche rasch verfügbar zu machen. Auch ging es darum, die Vertraulichkeit zu gewährleisten und Know-how unabhängig von den Projektmitarbeitern dauerhaft zu sichern. Das neue System musste das Projektmanagement übersichtlicher gestalten und sollte die Zusammenarbeit unter den Wissenschaftlern und Teams bei gemeinschaftlichen Projekten unterstützen. Mehrsprachigkeit war hier ein zentrales Thema.

 

Entscheidung für offene ECM-Plattform

Nach der Evaluation mehrerer Kandidaten standen Anfang 2012 drei Softwarelösungen in der engeren Wahl. Eine davon war Alfresco, eine ECM- und BPM-Plattform auf Basis offener Standards. Um deren Möglichkeiten exakt mit den Wünschen und Bedürfnissen von AFFiRiS abgleichen zu können, wandte sich das Biotech-Unternehmen an einen der österreichischen Alfresco Partner, die FAW GmbH aus dem Softwarepark Hagenberg bei Linz. »Die Kompetenz der Mitarbeiter von FAW und der Funktionsumfang von Alfresco überzeugten uns in kürzester Zeit!«, so Otava rückblickend.

Aus funktionaler Sicht sprach vor allem die moderne webbasierte Oberfläche für Alfresco. Sie verfügt über flexible Möglichkeiten zur Strukturierung der Bereiche, Teams, Projekte und Dokumente. Außerdem ermöglicht Alfresco die exakte Nachvollziehbarkeit der abgelegten und aktuellen Versionen, einen Upload von Dokumenten per Drag & Drop sowie die schnelle Vorschau eines Dokuments. »Der Open-Source-Ansatz war ebenso ein Pluspunkt für Alfresco wie die Tatsache, dass die Plattform mit nur einem zentralen Repository arbeitet«, unterstreicht Otava. Weitere Vorteile bestanden im unkomplizierten Setup, das dadurch vereinfacht wird, dass auf den Clients keine Installation nötig ist.

Im Mai erhielt FAW den Zuschlag, knapp vier Monate später startete nach kurzer Installations-, Konfigurations- und Schulungsphase schon der Pilotbetrieb mit ausgewählten Abteilungen. »Ab diesem Zeitpunkt galt für die Mitarbeiter die Devise: all data in Alfresco!«, erzählt Otava. Alle – und wirklich alle – Daten und Dokumente mussten in Alfresco abgelegt werden, das die Ablagestrukturen wesentlich vereinfachte und transparenter machte. Jedes Projekt folgt nun einer einheitlichen Ablagestruktur, so dass man sich in den Unterkategorien sofort zurechtfindet. Zudem erhielt jede Abteilung eine eigene Alfresco Site. Änderungen an Dokumenten werden in Versionen abgelegt, wesentliche Benutzeraktionen werden protokolliert. So ist sichergestellt, dass nichts verloren geht und alles nachvollziehbar ist. Hilfreich sind hier vor allem die Audit-Trails in Alfresco, mit denen die Einhaltung von Compliance-Vorgaben sichergestellt wird.

 

Bestehendes wahren, wo immer möglich

Ebenso wurden alle aktiven Projekte nach Alfresco migriert. Dabei übernahmen nicht IT-Spezialisten, sondern die Projektmitarbeiter die Federführung bei der Migration. Es war an ihnen, die Dokumente entsprechend der neuen Struktur zu gliedern, zu bereinigen und ins neue System umzuziehen.

Eine wesentliche Aufgabe in der Vorbereitungs- und Pilotphase war es außerdem, den einzelnen Benutzern die gewohnten Berechtigungen und Zugriffsmöglichkeiten einzuräumen. Im ersten Schritt übernahm AFFiRiS die im Active Directory bereits festgelegten Rollen und Rechte für alle Mitarbeiter und »vererbte« diese an die entsprechenden neu geschaffenen Sites sowie die darunterliegenden Projekte. »Wo immer möglich, übernahmen wir die bestehenden Rechte für Sites und Strukturen. Erst in einem zweiten Schritt vergaben wir spezielle Zugriffsrechte auf ausgewählte Ordner und Dokumente, was mit Alfresco flexibel und einfach möglich ist«, erklärt Otava.

 

Freiheit und Struktur

Die Benutzer haben die Möglichkeit über die webbasierte Oberfläche zusätzliche Informationen, beispielsweise in Form von Kommentaren, zu erfassen. Außerdem können und sollen die Anwender Tags und Kategorien verwenden. Da das jedoch im Büro- und Laboralltag oft untergeht, werden diese teilweise automatisiert ergänzt oder korrigiert. So wird das Suchen und Finden auch dort vereinfacht, wo Metadaten nicht durchgängig vom Anwender erstellt werden.

Ergänzend zur Erzeugung von Metadaten übernimmt Alfresco im Hintergrund noch weitere Aufgaben – etwa die Indexierung zur Volltextsuche und die Versionierung bearbeiteter Dokumente.

 

Desktop-Client von FAW

Für den bequemen und aus der täglichen Arbeit mit dem Dateisystem gewohnten Zugriff auch auf Alfresco wurde den Benutzern von AFFiRiS der von FAW entwickelte Desktop-Client »ezuno« zur Seite gestellt. Dieser ergänzt den Alfresco Web-Client »Share« optimal und bietet alle Funktionen, die sich Anwender von einem Dateiexplorer erwarten. Neben der nahtlosen Integration mit Share ermöglicht ezuno die Ausführung aller wichtigen und täglich benötigten Aktionen komfortabel und schnell direkt auf dem Desktop. Das spart Zeit und erhöhte die Benutzerakzeptanz noch weiter.

 

Teamarbeit ohne Zusatzaufwand

»Wichtigste Aufgabe der IT bei AFFiRiS ist es, den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit der Expertenteams bestmöglich zu unterstützen. Das ist uns mit der Einführung von Alfresco gelungen. Dabei hat sich gezeigt, dass bei uns Kollaboration-Tools besser funktionieren als Workflows«, sagt Otava.

 

Das neue ECM-System leistet einen entscheidenden Beitrag zum Wissensmanagement, indem es den Mitarbeitern Daten und Ergebnisse aus früheren und aktuellen Projekten zentral zur Verfügung stellt. Über eine benutzerfreundliche Suche nach Volltext oder Metadaten lässt sich benötigtes Know-how schnell und rasch auffinden. Das neue System erleichtert es, auch im Nachhinein noch verschiedene Projekt- und Entwicklungsphasen nachzuvollziehen. Vorläufer-Versionen von Dateien werden ebenso verlässlich hinterlegt wie das Know-how ehemaliger Mitarbeiter oder der Wissensaustausch mit externen Experten. Die Zusammenarbeit in mehrsprachigen Teams wird über jeweils eigene Sites unterstützt, Projektmanager verfügen über den gewünschten Überblick in Bezug auf die Planung und den Status der Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Kurz: Alfresco ist zu einem festen Bestandteil des Wissensmanagements und zentrales Collaboration-Tool von AFFiRiS geworden und wird sich auch in Zukunft den weiteren Entwicklungen des Biotechnologie-Aufsteigers flexibel anpassen.

 


 

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