B2B-Omnichannel-Commerce-Strategie – 360-Grad-Sicht auf den Kunden

Michael Hubrich Senior Vice President CEC von hybris software

Erst wenige Unternehmen machen sich Gedanken über eine ganzheitliche und kanalübergreifende B2B-Commerce-Strategie und wie Geschäftskunden und -partner ein einheitliches, konsistentes und kontextuelles Einkaufs- und Interaktionserlebnis geboten werden kann.

»manage it« im Gespräch mit Michael Hubrich, Senior Vice President Sales CEC MEE bei der hybris GmbH in München über die Angebote seiner Firma den B2B-Unternehmen bei der Umsetzung einer B2B-Omnichannel-Commerce-Strategie zu helfen.

Können Sie hybris in einigen kurzen Sätzen vorstellen?

hybris software wurde 1997 in München – dem heutigen Hauptsitz – mit dem einfachen Ziel gegründet, die besten Commerce-Lösungen auf dem Markt zu entwickeln. Ein Vorsatz, der in den Folgejahren erfolgreich umgesetzt wurde und den wir nach wie vor verfolgen. Im August 2013 wurde hybris dann von SAP übernommen. Heute liefert hybris Omnichannel-Lösungen für Customer Engagement and Commerce, die Unternehmen ein kontextuelles Verständnis ihrer Kunden in Echtzeit ermöglichen. Damit können diese Unternehmen eindrucksvollere und bedeutsamere Kundenerlebnisse schaffen und über alle Kanäle und Interaktionspunkte hinweg mehr Produkte, Dienstleistungen und digitale Inhalte verkaufen.

Was hat sich seit der Übernahme durch SAP im August 2013 geändert und was wird sich noch ändern?

Die hybris-Lösungen für Commerce und Marketing wurden tief in das SAP-Portfolio integriert. So bilden die hybris Commerce Suite und hybris Marketing den Kern des SAP-Customer-Engagement-and-Commerce-Lösungsangebotes und stellen die Grundlagen und Werkzeuge bereit, mit denen ein – über alle Kanäle hinweg – ganzheitlicher Blick auf den Kunden möglich wird. Das SAP-Customer-Engagement-and-Commerce-Portfolio wird ergänzt von den Cloud-Services SAP Cloud for Sales, SAP Cloud for Service und SAP CRM. Mit SAP hybris Marketing wurde Anfang Februar eine neue gemeinsame Lösung für das Unternehmensmarketing vorgestellt. Weitere Initiativen und Lösungen werden zukünftig folgen.

Die Übernahme hat sich natürlich ebenfalls positiv auf das Geschäft und die Ergebnisse ausgewirkt. Mit rund 1.000 Mitarbeitern wurden wir bislang als eher kleines Unternehmen wahrgenommen und mussten uns der Frage stellen, ob wir international agierende Kunden adäquat bedienen können. Der Zusammenschluss mit der SAP beantwortet diese Frage zur Zufriedenheit aller Kunden. Inzwischen taucht diese Frage nicht mehr auf, wir gehören jetzt zu SAP. Dieser Zusammenschluss mit dem Marktführer für Unternehmensanwendungen ermöglicht uns auch einen einfacheren Zugang zu international agierenden Konzernen. Auch neue Mitarbeiter finden wir heute leichter.

Welche Relevanz hat das B2B-Segment für Sie beziehungsweise der Bereich der Industrieunternehmen?

Der Industriebereich hat eine enorm hohe Relevanz für uns, da die Entwicklung dort oft noch in den Kinderschuhen steckt, das Segment insgesamt aber ein großes Potenzial hat. Das liegt vor allem daran, dass B2B-Einkäufer zunehmend die Vorteile der extrem digitalen und kanalübergreifenden Einkaufswelt aus dem Privatleben erfahren und sich fragen, warum sie das nicht auch beruflich in Anspruch nehmen dürfen. Inzwischen blicken auch die Marketingabteilungen von B2B-Unternehmen auf die kanalübergreifenden Aktivitäten großer Consumer-Marken und fragen ähnliche Lösungen für den Geschäftsbereich an. Der B2B-Bereich ist stark im Kommen und wird in wenigen Jahren wahrscheinlich stärker boomen als B2C.

Wie schaut es aktuell auf diesem Markt aus und wo liegen Potenziale?

Aktuell gibt es nur wenige Vorreiter, die sich Gedanken über eine ganzheitliche und kanalübergreifende Commerce-Strategie machen und entsprechende Lösungen implementieren. Das ändert sich gerade spürbar, da andere Unternehmen dank dieser Best-Practice-Beispiele lernen, die für sich »richtigen« Fragen zu stellen und eigene Strategien zu entwickeln. Im Moment sprechen wir verstärkt über kanalübergreifende Produktinformations- und Bestellfunktionen, dazu kommt der Servicebereich, der sich stark entwickelt. Nach und nach wird die Entwicklung alle weiteren Kundeninteraktionsbereiche ergreifen.

Welche Lösungen bieten SAP und hybris in diesem Bereich?

Für den Bereich Commerce bietet hybris mit der SAP hybris Commerce Suite ein umfassendes Set an Tools für alle relevanten Anwendungen, um Kunden kanalübergreifend anzusprechen und an sich zu binden. Dazu gehören beispielsweise die B2B-Lösung hybris B2B Commerce, die Geschäftskunden ein Omnichannel-Einkaufserlebnis auf dem Niveau führender Consumer-Websites ermöglicht, oder der hybris Commerce Accelerator, mit dem sich eine Commerce-Lösung in nur vier Monaten implementieren lässt und die schnelle Markteinführungszeiten sowie sofortige Omnichannel-Funktionalität ermöglicht. Weitere Tools bieten u.a. Funktionen für Produktdaten-, Bestell- und Webseitenmanagement. Speziell für den Marketingbereich haben SAP und hybris die Lösung SAP hybris Marketing eingeführt, die einen ausgezeichneten Kundeneinblick mit einer äußerst agilen und skalierbaren Plattform verbindet. Sie bietet eine Reihe neuer Marketing-Lösungen und Partnerschaften, die über den Online-Integrationsmarkt hybris Extend verfügbar sind, und nutzt Big-Data-Analysen in Echtzeit, um kontextbasierte Erkenntnisse zu gewinnen, die jedes einzelne Glied in der Marketing-Wertschöpfungskette verbessern. Die Plattform ermöglicht nicht nur eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden, sondern auch vorausschauende Prognosen und bessere Kundensegmentierung.

Einheitliches Kundenerlebnis durch Integration von Backend- und Frontend-Systemen.

Einheitliches Kundenerlebnis durch Integration von Backend- und Frontend-Systemen.

Der Erfolg von Omnichannel-Commerce setzt eine vertriebskanal- übergreifende Strategie voraus.

Der Erfolg von Omnichannel-Commerce setzt eine vertriebskanal-
übergreifende Strategie voraus.

Für welche Unternehmensgrößen lohnen sich diese Lösungen und was kosten sie?

Die Frage gilt eher der strategischen Bedeutung der geplanten Lösung als der Unternehmensgröße. Wer Online- beziehungsweise Omnichannel Commerce mit herausragenden Marketingfunktionen und kompletter Kundenverwaltung aus einem Guss benötigt, kommt an der hybris Plattform fast nicht vorbei, wobei der modulare Aufbau dennoch ausreichend Flexibilität bietet und keinem Händler gleich in den großen Schuh steckt, wenn er dies für den Anfang gar nicht möchte.

Gibt es signifikante Unterschiede zu B2C-Lösungen oder was macht B2B so speziell?

Zahlreiche Funktionen, die für einen erfolgreichen B2C-Omnichannel-Vertrieb benötigt werden – etwa automatisierte Abläufe und Self-Service-Funktionen, spielen auch im Business-Bereich eine entscheidende Rolle. Dennoch offenbart der B2B-Bereich spezielle Herausforderungen. Nehmen wir zum Beispiel die oft deutlich komplexere Kontoverwaltung im B2B-Commerce. Sie setzt die Fähigkeit zur Betreuung unterschiedlicher Benutzertypen voraus. Auch die umfangreich personalisierten Self-Service-Workflows benötigen besondere Unterstützung bei Konfiguration und Betrieb. Zudem sind die B2B-Produkte selbst oft recht komplex und erklärungsbedürftig, inklusive spezifischer Leistungspakete, Preislisten und Lieferoptionen.

Können Sie Kundenbeispiele aus der Industrie nennen?

Die Krones AG, ein Maschinen- und Anlagenhersteller für die Bereiche Prozess-, Abfüll- und Verpackungstechnik aus Neutraubling, ist einer dieser zuvor erwähnten Industrie-Vorreiter. Das Unternehmen wollte seinen Kunden einen Online-Shop für Ersatzteile, Trainings, Gebrauchtteile und vieles mehr anbieten. Daher war man auf der Suche nach einer Lösung, die das Produktinformationsmanagement (PIM) mit einem Online-Shop vereint. Zudem galt es, die sehr hohe Komplexität der Sondermaschinen und Anlagen zu bewältigen, bei denen jede ein Unikat mit Tausenden von Stücklisten ist. Auf Basis der hybris Commerce Suite entstand ein neuer B2B-Online-Shop-Standard: Der im November 2014 eröffnete Krones.Shop ist ein durchgehend personalisierter B2B-Online-Shop inklusive integriertem eCAT und Explosionszeichnungen im innovativen Responsive Design. Das spezielle Design ermöglicht eine jeweils optimale Darstellung auf dem Smartphone, Tablet und Desktop. Der Krones.Shop bietet so die Möglichkeit, Trainings, Gebrauchtartikel, Öle und Pflegeprodukte einschließlich Spezialwerkzeugen und vieles mehr in den Warenkorb zu legen, ganz gleich welches Endgerät genutzt wird. Dies bedeutet, dass ein Monteur vor Ort beim Kunden per Smartphone oder Tablet die Serviceliste für den Kunden direkt an der Maschine zusammenstellen kann und der Einkäufer beim Kunden dies dann am lokalen Rechner betrachten, freigeben oder bestellen kann. Ersatzteile können zudem direkt in der Explosionszeichnung angeklickt und in den Warenkorb gelegt werden.

Wie wird sich der B2B-Bereich weiterentwickeln, was sind die Trends und Treiber?

Der wahre Boom des B2B-Segments steht uns noch bevor, der Haupttreiber ist der B2C-Bereich und die Kundenerfahrungen, die Geschäftseinkäufer aus dem Privatbereich an den Arbeitsbereich bringen. Einerseits geht es um die eigene Omnichannel-Commerce-Strategie und wie Geschäftskunden und -partner ein einheitliches, konsistentes und kontextuelles Einkaufs- und Interaktionserlebnis geboten werden kann. Andererseits darum, Kundendaten in allen Kontaktkanälen zu erfassen und zu analysieren. Ein weiterer wichtiger Trend ist sicher die Optimierung von Prozessen: Das Angebot, online drei Akkuschrauber zum Preis von zweien anzubieten, klingt simpel, macht aber im Backoffice viel Aufwand. Dieser wächst, wenn einer der Schrauber am Service Point umgetauscht werden soll. Solche Aufgaben reizen uns, in solchen Infrastrukturen sind wir stark.


Michael Hubrich (49) ist Senior Vice President CEC von hybris software für die Region Zentral- und Osteuropa sowie SAP CEC (Customer Engagement & Commerce). In seiner Rolle leitet er das komplette CEC Sales Team und den Vertrieb der SAP Customer Engagement and Commerce-Lösungssuite, deren Kern hybris bildet.