Datenspeicherung im Zettabyte-Zeitalter

Die Digitalisierung schreitet mit zunehmender Geschwindigkeit voran. Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen werden immer effizienter. Die damit einhergehenden Datenmengen zu speichern und zu verarbeiten, ist eine große Herausforderung. Manfred Berger, Senior Manager Business Development für Data Center Solutions and Platforms bei der Western Digital Corporation, zeigt im Interview Trends, Chancen und Herausforderungen der Datenspeicherung auf. 


Herr Berger, warum ist Datenspeicherung so essenziell für Unternehmen?

Wir sind längst im Zettabyte-Zeitalter angekommen. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass bis 2025 die weltweite Erzeugung von Daten auf jährlich 170 Zettabyte steigen wird. Ein Zettabyte entspricht einer Milliarde Terabyte: Wir sprechen also von noch nie dagewesenen Datenfluten, die verarbeitet, analysiert und gespeichert werden müssen.

Unternehmen, ob klein oder groß, stellt das vor neue Herausforderungen. Die Pandemie hat in vielen Bereichen die Einführung digitaler Technologien, etwa für Remote-Arbeitsplätze, erheblich beschleunigt. Damit entstehen deutlich mehr Daten. Das verlangt von Unternehmen nicht nur erhöhte Speicherkapazitäten, sondern auch sehr spezifische Anforderungen an die Datensicherung, beispielsweise im Hinblick auf deren Schutz und Souveränität.

Besonders in der fertigenden Industrie tragen das Internet of Things (IoT) und KI maßgeblich zur weltweiten Datenexplosion bei. Im IoT kommunizieren digital vernetzte Geräte miteinander und erzeugen unentwegt Daten, die ausgewertet und gespeichert werden wollen. Sei es im Rechenzentrum oder direkt am Gerät. Ähnlich bei KI: Deren Training erfordert riesige Informationsmengen, die wiederholt gelesen und analysiert werden müssen. Schließlich gilt: Je besser ein neuronales Netz weiterentwickelt wird, desto präziser funktioniert die KI.

 

Manfred Berger,
Senior Manager Business Development
für Data Center Solutions and Platforms,
Western Digital Corporation

 


Ein Trend in Zusammenhang mit dem Internet of Things ist der Wandel von Cloud zu Edge Computing, also hin zu einer Verarbeitung der Daten direkt vor Ort. Welche Faktoren beeinflussen diese Verschiebung?

In der Frühphase des IoT wurden Anwendungen in erster Linie von Cloudplattformen unterstützt. Die Speicherung und Verwaltung der Daten erfolgten in der Cloud. Für viele IoT-Anwendungen ist es inzwischen aber essenziell, dass die Daten schon am Ort ihrer Erfassung analysiert werden. Nur so können die Daten in Echtzeit verarbeitet, die Latenz reduziert und die Reaktionsschnelligkeit verbessert werden. Um ein Beispiel zu nennen: Smarte Kameras in Verkehrsampeln sind rund um die Uhr in Betrieb, analysieren Daten, trainieren ihre KI und treffen selbstständig Entscheidungen, um den Verkehr zu regeln. Die Datenverarbeitung und -speicherung verlagern sich an den Netzwerkrand (Edge). Die Endpunkte am Rand werden quasi zu Mini-Rechenzentren.

Möglich wird das durch das Zusammenspiel von IoT, KI sowie 5G. Die Technologien haben in den vergangenen Jahren einen immensen Entwicklungsschub genommen. KI und maschinelles Lernen werden immer komplexer, vielseitiger und raffinierter. So können Echtzeitanalysen am Netzwerkrand entstehen und man erhält nutzbare Ergebnisse auf Geräteebene. Das erhöht die Qualität aller erfassten IoT-Daten – ohne Umweg über die Cloud oder das Rechenzentrum. Diese intelligente Konnektivität wurde in der Vergangenheit noch durch Bandbreite, Latenz und Kapazität des Netzwerks eingeschränkt. Die Verbreitung von 5G-Netzen hat hier einen entscheidenden Leistungssprung ermöglicht.


Geräte am Netzwerkrand können somit eigenständig arbeiten bzw. aus der Ferne gesteuert werden. Wie sehen konkrete Anwendungsszenarien von Remote Edge aus? 

Die Einsatzmöglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Der Endpunkt am Netzwerkrand kann mitten im Ozean liegen, in der Wüste oder sogar im Weltraum. Das Marktforschungsinstitut Gartner prognostiziert, dass bis 2025 75% der unternehmensgenerierten Daten außerhalb eines herkömmlichen zentralisierten Rechenzentrums oder einer Cloud erstellt und verarbeitet werden. Das Potenzial für Edge Computing ist riesig. Smarte Überwachungskameras sind als Beispiel schon gefallen. Sie können als Teil von Sicherheitssystemen, in Smart Cities oder auch zur Früherkennung von Katastrophen eingesetzt werden. Andere Anwendungen betreffen beispielsweise intelligente Sensoren an Fertigungsrobotern, Drohnen oder Fahrzeugen bis hin zu selbstfahrenden Autos. 


Welche neuen Herausforderungen ergeben sich daraus für die Datenspeicherung?

Eine ganze Reihe von Herausforderungen. Skalierbarkeit und Flexibilität sind hier nur zwei der Schlagwörter. Denn die zahlreichen unterschiedlichen Einsatzgebiete führen dazu, dass auch die Anforderungen an Speicherlösungen am Netzwerkrand stark variieren. Schon die Formfaktoren unterscheiden sich deutlich, je nachdem, ob es sich beispielsweise um eine Drohne oder einen Fabrikroboter handelt. Speicher, seien es konventionelle Festplatten oder Flash-Drives, müssen speziell auf Edge-Geräte zugeschnitten sein und ermöglichen idealerweise auch die Verbindung sehr vieler Endpunkte.

Dass moderne Speicherlösungen eine hohe Leistung garantieren und über sehr große Speicherkapazitäten verfügen müssen, versteht sich von selbst. Darüber hinaus ist maximale Zuverlässigkeit gefragt. Das gilt für die Speicherung am Netzwerkrand genauso wie für Rechenzentren. Bei Edge-Speichern kommt hinzu, dass sie oft draußen eingesetzt werden und entsprechend robust sein müssen, um vor Erschütterungen sowie Wind und Wetter geschützt zu sein. Je exponierter oder unwirtlicher der Ort, desto spezieller sind die Anforderungen an Langlebigkeit und Zuverlässigkeit.

Eine Schlüsselrolle kommt bei IoT-Anwendungen auch der bereits angesprochenen Latenz zu. Edge-Speicher müssen – im Zusammenspiel mit dem Netzwerk – in der Lage sein, ausreichend Rechenressourcen bereitzustellen, um Daten in Echtzeit zu aggregieren und zu analysieren. Bei einer zu langsamen Weiterverarbeitung können die erfassten Daten verfälscht werden oder gar verlorengehen. 


Zum Abschluss: Gibt es weitere Trends, die die nahe Zukunft der Datenspeicherung bestimmen werden?

Beinahe alle großen Entwicklungslinien in Wirtschaft und Gesellschaft beeinflussen auch die Datenspeicherung. So gilt es beim Thema Nachhaltigkeit, Rechenzentren verstärkt in den Blick zu nehmen. Diese verbrauchen enorme Mengen Strom und tragen damit nicht unerheblich zum weltweiten Ausstoß von CO2-Emissionen bei. Um Rechenzentren energieeffizienter zu machen, ist es sinnvoll, auf hochkapazitive Laufwerke umzusteigen. Wenige Laufwerke mit hoher Kapazität verbrauchen weniger Energie als mehrere Laufwerke mit niedriger Kapazität. Gleichzeitig werden weniger Racks, also Serverschränke, benötigt, da die Speicherdichte pro Rack zunimmt. Auch die Vermeidung von zusätzlicher Kühlung – zum Beispiel, indem die Laufwerke besser vor Vibrationen geschützt werden – ist ein Hebel, um Energie zu sparen.

Effiziente Rechenzentren sind nicht nur gut für die Ökobilanz von Unternehmen, sondern senken auch Latenzzeiten sowie Betriebskosten. Es gibt viele Ansätze, um Daten intelligent und effizient zu speichern. 

Ein weiterer Trend der Datenspeicherung hängt mit der hybriden Arbeitswelt zusammen. Wenn Mitarbeitende von mehreren Standorten aus zusammenarbeiten, können kritische Daten nicht mehr nur an einem zentralen Ort gespeichert werden. Langzeitarchive, auch Cold Storage genannt, bieten eine passende Lösung, um Daten trotz mehrfacher Sicherungskopien effizient zu archivieren. Daten, auf die nicht sofort zurückgegriffen werden muss, werden dabei kostengünstig gespeichert, bis sie benötigt werden. Die zunehmende Bedeutung von Cold Storage ist auch eine Antwort auf Cyber-Attacken wie Ransomware-Angriffe. Diese sind wesentlich weniger gefährlich, wenn externe Sicherungskopien bestehen.

 


Manfred Berger ist verantwortlich für die Rechenzentrumslösungen und Plattform-Produkte der Western Digital Corporation einschließlich JBODs, JBOFs, SSD und HDD Hybrid Server sowie für den Bereich OpenFlex™ Composable Infrastructure. Mit 40 Jahren Branchenerfahrung ist er ein anerkannter Experte in sämtlichen Fragen rund um Speichertechnologien und deren Einsatz im IT- wie auch im CE-Umfeld.
Über die Western Digital Corporation
Western Digital hat es sich zum Ziel gesetzt, Daten und ihr Potenzial vollständig nutzbar zu machen. Das Unternehmen entwickelt sowohl im Flash- als auch im HDD-Segment branchenübergreifend Innovationen und leistungsfähige Speicherlösungen, die Nutzern weltweit den Alltag erleichtern.
www.westerndigital.de 

 

Bilder: © agsandrew/shutterstock.com, Western Digital Corporation