Unternehmenskultur pflegen in Zeiten schnellen Wachstums – Vom Start-up zum Scale-up

Am Anfang war die Unternehmensgründung – und im Idealfall folgt für das neue Start-up bald der erste richtige Erfolg in Form von Aufträgen und Umsatz. Für viele ist der echte Erfolg dann erreicht, wenn die nächste Phase erreicht wird und das Start-up zu einem Scale-up wird. Das Geschäftsmodell hat sich als tragfähig erwiesen und es kann der nächste Schritt im Wachstum angegangen werden. Allerdings ist eben dieser Übergang auch eine kritische Phase, denn es wird ein neuer Blick auf Strategie, Finanzierung und den Betrieb benötigt.

Bei Workday weiß man, welche Anpassungen auch bei der Organisationskultur getroffen werden müssen – ohne die eigene Unternehmens-DNA zu verlieren.

Zuerst die Menschen: Die Essenz einer Start-up-Reise. Ohne Mitarbeitende kein Unternehmen – und je größer das Unternehmen wird, desto mehr Mitarbeitende prägen auch die Unternehmenskultur. Auf dem Weg zum Scale-up kann es leicht passieren, dass die Kultur dem Streben nach Wachstum geopfert und untergeordnet wird. Dieser Spagat verlangt nicht nur Führungskräften, sondern auch den Mitarbeitenden einiges ab. Denn ab einem bestimmten Punkt gilt es zu entscheiden: Ist das ein Teil der Essenz unserer ganz eigenen Kultur? Oder halten wir nur aus nostalgischen Gründen an gewissen Dingen fest? Ein selbstkritischer Blick kann hier entscheidend sein, dieses empfindliche Gleichgewicht nicht zu zerstören und neue Prozesse erfolgreich umzusetzen.

Ein gutes Beispiel dafür ist Airbnb. Seit seiner Gründung in einem Apartment in San Francisco im Jahr 2008 hat Airbnb seine ursprüngliche Vision und Kultur während seiner globalen Skalierungsreise beibehalten und dabei erhebliche Vorteile erzielt [1].

So wichtig werden die ersten Mitarbeitenden sein. Die meisten Gründenden sind sich der entscheidenden Rolle, die ihre ersten Mitarbeitenden für das Unternehmen spielen, bewusst. Vom Aufbau erster Prozesse über die Entwicklung neuer Produkte und Services bis zum Talent-Management sind sie maßgeblich involviert. Auch bei Workday gab es eben dieses Vorgehen: Aneel Bhusri und David Duffield von Workday waren in den ersten Jahren in den Einstellungsprozess involviert und führten die ersten 500 Vorstellungsgespräche selbst [2].

Eine starke Unternehmenskultur und ein Gefühl der Zugehörigkeit sind den meisten Start-ups inhärent. Ranjay Gulati, Professor an der Harvard Business School, beschreibt das als die »Seele« des Unternehmens [3]: »Solange dieses Mindset anhält, ist das Engagement hoch und Start-ups bleiben agil und innovativ. Dadurch wird wiederum das Wachstum gefördert.«

Ein Beispiel für die Umsetzung dieses Mindsets ist das Unternehmen Hubspot mit seinem »Culture Code«. Dort heißt es »Kultur ist für das Recruiting so wichtig wie das Produkt für das Marketing.« Mit diesem Bekenntnis konnte Hubspot während seiner Skalierung gleichgesinnte Talente gewinnen sowie seine bisherigen Mitarbeitenden gesammelt mitnehmen.

Richtiges Recruiting: Das Rückgrat für nachhaltiges Wachstum. Gute Teams arbeiten effizienter und gewinnbringender – und im Idealfall sprudeln sie über vor kreativen Ideen. Der Weg dorthin muss für ein Scale-up zu einem strukturellen Einstellungsprozess führen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Personalabteilung und alle Anbieter von HR-Software und -Dienstleistungen auf die Einstellungsziele des Unternehmens abgestimmt sind.

Obwohl es bei einigen Unternehmen Gemeinsamkeiten gibt, ist der Einstellungsprozess immer sehr individuell. Auch hier muss das richtige Gleichgewicht zwischen Formalität und freundlichem Miteinander gewahrt werden. Für ein Unternehmen hat es sich womöglich bewährt, ein erstes Gespräch der Bewerbenden mit der Personalabteilung voranzustellen, in dem etwa Berufserfahrung und Kommunikationsfähigkeiten beurteilt werden. Je nach Anspruch folgt eine zweite, tiefergehende Phase bei beidseitigem Interesse, um das letztendliche Team zu involvieren und die geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse zu überprüfen. Hierbei werden die Kandidatinnen und Kandidaten bereits auch darauf beurteilt, wie gut ihre Persönlichkeit und ihr Mindset in das zukünftige Team passen. Umgekehrt ist auch dies die Phase, in der die Kultur des Unternehmens auf den Prüfstand gestellt wird.

Investitionen in das wichtigste Asset: Kompetenzförderung der -Mitarbeitenden in Scale-ups. Bei einer schnellen Expansion tritt die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden häufig in den Hintergrund. Mitunter werden benötigte Kompetenzen schneller von extern rekrutiert, statt sie im bestehenden Kollegium auszubilden. Doch die große Vision ist nicht nur bei der Weiterentwicklung des Unternehmens essenziell: Auch die Mitarbeitenden brauchen eine klare Linie, wie sie selbst beruflich wachsen können, während die Organisation selbst ebenfalls wächst.

Indem Scale-ups ihren Mitarbeitern dabei helfen, ihre Stärken und Schwerpunktbereiche zu erkennen und zu verstehen, können sie das volle Potenzial besser ausschöpfen. Eventuell eröffnen sich auf diese Weise auch neue Chancen für das Unternehmen selbst, noch weiter in andere Bereiche hineinzuwachsen.

An dieser Stelle kann intelligente Technologie einen großen Vorteil und eine klare Vision für alle Seiten liefern. Denn sie kann den effektivsten Entwicklungspfad für jede Einzelperson empfehlen und somit personalisierte Maßnahmen und Lerninhalte bereitstellen, die auf die individuellen Prioritäten abgestimmt sind. Auf diese Weise entsteht nicht nur ein klarer Entwicklungspfad, sondern auch gegenseitige Wertschätzung.

Regelmäßige Check-ins: Am Puls eines wachsenden Teams. Wenn es Gründenden durch die Größe ihres Unternehmens nicht mehr möglich ist, persönlich täglich mit ihren Teams zu agieren, müssen auch hier Anpassungen getroffen werden. Mitarbeitende benötigen einen sicheren Raum, an dem sie sich austauschen können – untereinander und mit den Führungskräften. Wenn an einer Stelle Handlungsbedarf besteht, muss es Gehör finden. Gerade für umsetzbares Feedback reichen in der schnelllebigen Welt der Scale-ups ein- oder zweimal jährliche interne Umfragen zur Zufriedenheit nicht aus. 

Die Möglichkeit zu regelmäßigem Feedback sorgt für fortlaufende kulturelle Dynamik und Engagement der Mitarbeitenden. Denn die Stimmung innerhalb der Teams zu verstehen und schnell darauf reagieren zu können, ist für den Aufbau leistungsstarker Teams besonders wichtig.

Auch hier können passende Technologien dabei helfen, von Ad-hoc-Umfragen zu einem Echtzeitverständnis der tatsächlichen Gegebenheiten überzugehen. Kurzum: die Technologie muss es Unternehmen ermöglichen, kontinuierlich Mitarbeiterfeedback zu sammeln und dieses Feedback in einen Dialog und konkrete Maßnahmen umzusetzen. Unter Zuhilfenahme von Machine Learning kann eine moderne HR-Lösung intelligentes Zuhören im Unternehmen ermöglichen. Vertrauliches Feedback wird in Echtzeit gesammelt und analysiert, um ein umfassendes Stimmungsbild zu erhalten.

Datengestützte Entscheidungen: Mit mehr Präzision navigieren. Je weiter das Scale-up voranschreitet, desto eher richten sich Entscheidungen und Maßnahmen nach Datenpunkten und weniger nach einem Bauchgefühl. Auf den ersten Blick scheint es eine unauffällige Veränderung zu sein, allerdings ist sie sehr tiefgreifend. Netflix zum Beispiel, das eine Kultur der Freiheit und Verantwortung betreibt, nutzt Datenpunkte für Entscheidungen über Leistung, Engagement und weitere HR-Kennzahlen [4].

Vereinfacht ausgedrückt gibt die richtige Technologie wertvolle Einblicke in die internen Prozesse eines Unternehmens. Dadurch lassen sich die Auswirkungen auf die Belegschaft besser einschätzen. Zudem werden in Echtzeit Einblicke in verschiedene Bereiche ermöglicht: Mitarbeitererfahrung, DE&I, sowie Gesundheit und Wohlbefinden.

Fazit: Durch ausreichend Vorarbeit lässt sich die Seele des Start-ups bewahren. Die Unternehmenskultur kann bei schnellem Wachstum durchaus erhalten werden. Scale-ups können dafür sorgen, dass die Kultur in einem schnell wachsenden Unternehmen effektiv skaliert wird, indem sie Daten nutzen, Technologien einsetzen und nie aus den Augen verlieren, was ein Unternehmen erst erfolgreich macht – seine Mitarbeitenden.

 


Alexandra Hartung,
Head of Medium Enterprise Germany
bei Workday

 

 

[1] https://www.youtube.com/watch?v=RfWgVWGEuGE&t=1s
[2] https://mastersofscale.com/aneel-bhusri-the-elusive-formula-for-great-hiring/ 
[3] https://hbr.org/2019/07/the-soul-of-a-start-up 
[4] https://hbr.org/2014/01/how-netflix-reinvented-hr

 

Illustration: © Cassette Bleue | shutterstock.com