Gestaltungsmissbrauch : Wertpapierschenkung an Kinder

Wann liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor?

Illustration: Absmeier, Bomei615

Die Übertragung von Einkunftsquellen durch Eltern an ihre Kinder kann die Steuerbelastung in der Familie erheblich verringern, da auch Kinder von sämtlichen Freibeträgen profitieren und zudem die Steuerprogression bei ihnen regelmäßig geringer ausfällt. Doch die Nähe zum steuerlichen Gestaltungsmissbrauch ist »gefährlich«. Liegt er nach Meinung des Finanzamts vor, wird die von den Eltern gewählte Gestaltung steuerlich nicht anerkannt. Einen solchen Fall hatte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 23.11.2016 zu entscheiden.

Im Urteilsfall war A Mitglied im Aufsichtsrat und Aktionärin der B-AG. Sie erzielte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (Aufsichtsratvergütungen) sowie aus Kapitalvermögen (Dividenden). Am 1.12.2014 schenkte sie ihren beiden Töchtern (einen Monat und 1,5 Jahre alt) jeweils fünf Aktien der B-AG zu je 132,94 Euro Basiswert.

Die Kinder veräußerten jeweils zwei der nicht börsennotierten Aktien an ein Vorstandsmitglied der B-AG für 4.000 Euro je Aktie. Der Erlös wurde am 16.12.2014 auf Konten der Kinder gutgeschrieben. Die Kinder erklärten daraus einen Gewinn nach § 17 EStG in Höhe von jeweils 4.640 Euro (8.000 Euro Veräußerungserlös abzgl. 266 Euro Anschaffungskosten, davon 40 Prozent nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei). Die Gewinne blieben bei den Kindern steuerfrei.

Das Finanzamt ging wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen den Schenkungen und den Weiterveräußerungen von einem Gestaltungsmissbrauch aus und erfasste die Gewinne bei A als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 17 Abs. 1 EStG. Die von A vorgebrachten außersteuerlichen Gründe für die gewählte Gestaltung hielt das Amt für nicht nachvollziehbar. Der kurze Zeitraum zwischen Schenkung und Weiterveräußerung lasse den Schluss zu, dass der Verkauf der Aktien an das Vorstandsmitglied vor der Schenkung schon geplant gewesen sei. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht hielt die Klage der A für unbegründet und schloss sich den Argumenten des Finanzamts an.

Eine rechtliche Gestaltung ist unangemessen und missbräuchlich im Sinne des § 42 AO, wenn sie lediglich der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Nach diesen Maßstäben sah das FG in der kurzfristigen Zwischenschaltung der Kinder im Wege der Schenkung der Anteile einen Gestaltungsmissbrauch. Die von der Klägerin gewählte Konstruktion diente nach Auffassung des FG allein der Verminderung der sich aus der Weiterveräußerung ergebenden Einkommensteuerbelastung. Die Aktien waren daher weiterhin der Klägerin zuzurechnen und der Veräußerungsgewinn war bei ihr zu erfassen.

Die Übertragung von Einkunftsquellen (etwa Immobilien, Kapitalvermögen) auf Kinder wird von der Rechtsprechung anerkannt, wenn sie (1) zivilrechtlich wirksam, (2) klar und eindeutig vereinbart worden ist und (3) tatsächlich durchgeführt wird (BMF, BStBl I 2011, S. 37). Um dem Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs vorzubeugen, sollte begleitend zur Schenkung festgehalten werden, weshalb Wertpapiere oder Beteiligungen auf Kinder übertragen werden (etwa Aufbau eines Kapitalstocks für einen späteren Auslandsaufenthalt oder zur Finanzierung des Erwerbs weiterer Qualifikationen, etwa Klavierunterricht, sportliche Aktivitäten).

Hätte die Mutter im Urteilsfall eine »Schonfrist« von einigen Monaten zwischen der Übertragung der Aktien und deren Verkauf eingehalten, wäre das Urteil des FG wohl anders ausgefallen.

 


 

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