CPQ-Software für die Angebotserstellung – Big Data oder Business Intelligence

Smart Metering

Was ist Smart Metering und warum brauchen wir das? Wird dies ein typisches »Big-Data«-Problem und wer kann davon profitieren? Und falls ja, wie kann der Endverbraucher, der Stromanbieter oder die Gemeinschaft davon profitieren?

Die Europäische Gemeinschaft treibt seit einigen Jahren den Ausbau sogenannter intelligenter Mess-Systeme voran [1] (siehe Kasten). Diese dienen der ferngesteuerten Messung von verbrauchtem Strom sowie später auch Gas, Wasser und Wärme. Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) stellt mit §21 die Umsetzung sicher. Das BMWi hat auf Basis eines Gutachtens [2] ein Empfehlungspapier [3] für ein bevorstehendes Verordnungspaket bereitgestellt. Der durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) angestoßene Energiewandel in Deutschland verändert auf diese Weise bei allen Marktteilnehmern den Umgang mit Messdaten.

Vorteile des Smart Metering. Vorteile ergeben sich letztlich für fast alle Marktteilnehmer [6] und mit fortschreitendem Roll-out steigt der gesamte Datendurchsatz stetig. Netzbetreiber und Energieversorger können aus diesen Daten durch möglichst genaue Verbrauchsprognosen großen Nutzen erzielen: Netzbetreiber sichern die Netzstabilität bei geringeren Ausbaukosten und Versorger optimieren ihr Einkaufs- und Dispositionsverhalten sowie die Tarifangebote.

Big Data? Verbrauchs- beziehungsweise Bedarfsprognosen sind für Energieversorger deshalb so interessant, weil sie den Strom für die Endabnehmer in größeren Portionen an der Strombörse einkaufen. Je genauer eine Prognose über ihren Verbrauch und je größer der Prognosezeitraum ist, umso ausbalancierter und risikoärmer können die Einkäufer der Versorger ihre Käufe an der Strombörse abschließen. Doch wie gelangt man mit welchen Daten zu einer Prognose über das Verbrauchsverhalten beziehungsweise über den Bedarf aller angeschlossenen Stromverbraucher (Haushalte, Kleinbetriebe, Unternehmen etc.)? Doch schon »Big Data«, oder?

Datenvolumen. Ein Smart Meter erfasst im einfachsten Fall im Viertelstundenintervall einen Zählerwert [kWh] – den in diesem Intervall gemessenen Stromverbrauch des angeschlossenen Letztverbrauchers. Weitere Werte können zusätzlich vorberechnet und bis zur Ablesung gespeichert werden (Summenwerte, Qualitätsdaten, Statusdaten). Zusammen mit dem Overhead für Verbindungsaufbau, Fehlerkorrektur etc. entsteht etwa eine maximale Gesamtpaketgröße von ½ kB [7]. Eine einfache Modellrechnung für das Datenaufkommen beim Smart Metering eines einzelnen größeren Stromversorgers, unter der Annahme von 100.000 Smart Meter im Feld (Beispiel: RWE 2012 [8]), fällt etwa wie folgt aus:

 

50.000.000 byte/¼h = ~ 50 MB/¼h

 

Folgt man der Definition von »Big-Data« [9], so ist diese geringe Datenrate erst mal kein Big-Data-Problem. Die deskriptive und induktive Verarbeitung von 50 MB oder auch des Zehnfachen ist heute mit fast jedem neuen Rechner möglich, ohne spezielle Datenbanken, verteilte Hardware oder »Map-Reduce«-Ansätze. Ungeachtet dessen werden aber die Werkzeuge einer Big-Data-Analyse ebenso bei »Small-Data«-Analysen eingesetzt; darunter fallen Modellbildung, Cluster-Analysen, Zeitreihenanalysen, multivariate Datenanalyse etc. Zwei Dinge machen das Smart Metering letztlich doch »big«:

  • Die Akkumulation der übertragenen Daten über immer längere Zeiträume.
  • Die Berücksichtigung weiterer Information im Prognosemodell wie etwa die Außentemperatur zum Zeitpunkt der Messung oder die Daten des Deutschen Wetterdienstes.

Je mehr Variablen im Modell verwendet werden, umso aufwendiger wird die Modellbildung. Zusammen mit der wachsenden Datenrate entsteht schnell ein Big-Data-Szenario. Spätestens wenn wir ein Smart Grid mit Einspeiseregelung betrachten, liegt klar ein Big-Data-Problem vor [10].

 

Smart Meter und Smart Grids

Ein intelligentes Mess-System besteht aus einem oder mehreren intelligenten Zählern (Smart Meter) und einem Smart Meter Gateway, das die Kommunikation mit den Ablesestellen über beliebige Datennetzwerke ermöglicht. Hinzu kommt die Erweiterbarkeit auf eine Steuerfunktion für einspeisende Energieerzeuger, so dass im Verbund ein intelligentes Stromnetz aufgebaut wird – das Smart Grid. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat ein Schutzprofil und eine technische Richtlinie zur Gewährleistung der Datensicherheit bei der Kommunikation solcher Geräte erlassen. Im Sinne der Energiewende sollen bis 2032 alle Zählpunkte mit Smart Metern ausgestattet sein. Smart Meter übertragen bereits jetzt viermal pro Stunde (¼ h) Verbrauchsdaten an Messstellen und werden für autorisierte Marktteilnehmer verfügbar. Die Nutzung von Smart Metern wird als Smart Metering bezeichnet.

 

Bedarfsprognosen. Der Einkäufer eines Stromlieferanten interessiert sich für Bedarfsprognosen über längere Zeiträume (Wochen bis Monate). Prognosen stellt ein Einkäufer zwar schon heute an, jedoch überwiegend mit Excel und Erfahrung. Der Datenstrom des Smart Metering erlaubt nun ein »ordentliches« und verfeinertes Modell zu erstellen, das mit jedem neuen Datenpaket verbessert werden kann. Wie funktioniert das?

Der Big-Data-Analyseprozess. Ziel ist es, den Strombedarf aller Verbraucher für einen bestimmten Zeitraum prognostizieren zu können. Dazu muss ein Modell für die Extrapolation entwickelt werden, also eine Schätzfunktion f(t) = E, mit der der Stromverbrauch von heute an bis zum zukünftigen Zeitpunkt t geschätzt wird.
f kann in sich beliebig komplex aufgebaut und parametriert sein. Den einfachen Fall einer Geraden kennt man als Trendanalyse in Excel. Wenn man Verbrauchswerte an Tage x im Jahr koppelt, dann sähe die einfachste Schätzfunktion so aus:

 

f(x) = a + bx = E = Energieverbrauch bis zum Tag x

 

E ist dabei die Schätzgröße. Über lineare Regression gegen die Werte aus der Vergangenheit würde man diesen Schätzer optimieren. Man spricht auch von Lernvorgang (machine learning) oder Training, insbesondere falls das Modell iterativ verfeinert wird, weil etwa neue Daten dazukommen. Das ist natürlich zu ungenau. Ein kontext-sensibler Datenexperte muss daher diejenigen Daten identifizieren, die in sinnvoller Weise mit der Schätzgröße korrelieren [11], also etwa y und z. Diese gehen ebenfalls in das Modell ein: f(x, y, z, …). f wird erheblich komplexer (i.d.R. nicht-linear) und das Training entsprechend anspruchsvoller. Vor einer Modellerstellung müssen die Daten bereinigt werden, das heißt man beseitigt Ausreißer und homogenisiert den Datenpool durch Resampling oder Restrukturierung. Erst danach kann die Suche nach Mustern (Wiederholungen, Auffälligkeiten, Korrelationen) und der Aufbau eines Prognosemodells angegangen werden [12].

Resümee. Smart Metering sollte bereits heute als Big Data behandelt werden, denn schon jetzt haben Energieversorger die Chance Smart-Metering-Daten durch Big-Data-Methoden wirtschaftlich zu nutzen. Daher lohnt sich der rechtzeitige Aufbau dieser Disziplin bei den betroffenen Marktteilnehmern und Smart Metering wird damit zum Bestandteil der Business Intelligence von Energieversorgern.

 


autor_tobias_maierDr. Tobias Maier, Senior Consultant, Method Park
Dr. Tobias Maier (Tobias.Maier@methodpark.de) studierte Naturwissenschaften an der Universität Nürnberg-Erlangen. Nach seinem Studienabschluss entwickelte er in einem Sonderforschungsbereich Applikationen für Algorithmen in der medizinischen Bildgebung. 2007, nach seiner Promotion zu Fragen der Informatik und Bildverarbeitung, begann Tobias Maier seine berufliche Laufbahn zunächst als Software-Ingenieur bei Method Park. Zwischenzeitlich war er bei Siemens an der Entwicklung von Applikationen in der Computertomographie beteiligt. 2011 wechselte er in das Method Park Consulting. Dort berät er als Senior Consultant Kunden u.a. zum Thema normenkonforme Entwicklung und unterstützt das Management in Automotive-Projekten. Tobias Maier ist seit 2009 Trainer für den Certified Professional for Software Architecture® und seit 2013 Mitglied im VDI sowie IPMA Level C zertifiziert.
www.methodpark.de

 

Literatur & Links
[1] EU-Richtlinien: 2006/32/EG, 2009/72/EG, 2012/27/EU
[2] Ernst & Young GmbH (2013): Kosten-Nutz-Analyse eines flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler
[3] BMWi (2015): Baustein für die Energiewende: 7 Eckpunkte für das »Verordnungspaket Intelligente Netze«
[4] BSI (2013): Smart Meter Gateway PP, Version 1.2, Cerification-ID:BSI-CC-PP-0073
[4] BSI (2013): Technische Richtlinie BSI TR-03109, Version 1.0
[5] BMWi (2014): Smart Energy made in Germany
[7] www.haw-landshut.de/fileadmin/_migrated/content_uploads/20140401_Vorlesung_2014_Session_3a.pdf
[8] W. Kurzlechner (27.9.2012): www.cio.de »RWE mit größtem Smart-Metering-Projekt«
[9] E. Dumbill (2012): https://beta.oreilly.com/ideas/what-is-big-data
[10] Alahakoon & Yu (2013): Advanced analytics for harnessing the power of smart meter big data
[11] Kuhn & Johnson (2013): Applied Predictive Modeling
[12] Kurgan et al. (2006): A Survey of Knowledge Discovery and Data Mining Process Models. The Knowledge engineering Review, Vol. 21:1, 1-24