Denken Sie an einen Berufswechsel im Kampf gegen die Inflation? Personaler empfehlen die besten Berufe

Illustration: Absmeier, Cosmix

Angesichts der prognostizierten Inflation von neun bis zehn Prozent in Deutschland bis Ende 2022 fühlen sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Jahr merklich ärmer. Doch das gilt nicht für jeden. Während die Gewerkschaften in zahlreichen Branchen und Wirtschaftszweigen mit aller Kraft für Gehaltserhöhungen von sieben bis acht Prozent für bestehende Beschäftigte kämpfen, konnten andere allein durch einen Stellenwechsel Gehaltserhöhungen von bis zu 40 Prozent erzielen.

 

Wir haben uns mit Personalverantwortlichen unterschiedlicher Branchen unterhalten, von Sekretariatsjobs bis hin zu Vertrieb und Technik, um herauszufinden, in welchen Bereichen die höchsten Gehaltssteigerungen zu beobachten sind. Wenn Sie in einer dieser Positionen tätig sind und im letzten Jahr keine satte Gehaltserhöhung erhalten haben, ist es möglicherweise an der Zeit, diese einzufordern – oder über einen Jobwechsel nachzudenken. Sollten Sie steigenden Lebenshaltungskosten gerade zu spüren bekommen und eine berufliche Veränderung in Betracht ziehen, dann könnte möglicherweise einer dieser Jobs ihr Einkommen verbessern.

 

Softwareentwickler und IT-Fachkräfte

Devin Hayes, Leiter der Recruitment-Abteilung des Münchner IT-Outsourcing-Unternehmens K&C (Krusche & Company), zufolge sind die Gehälter von Softwareentwicklern und anderen IT-Experten wie Data Engineers, DevOps Engineers und QS-Experten in den letzten zwölf bis 18 Monaten um mehr als 30 Prozent gestiegen. Dieser gewaltige Sprung nach oben ist darauf zurückzuführen, dass es trotz der nachlassenden weltweiten Konjunktur im Vergleich zur Nachfrage einen erheblichen Fachkräftemangel gibt.

Dr. Neli Petkova von Talent Garden Coaching, einer europaweiten Coaching- und Tech-Recruitment-Agentur aus Berlin, bestätigt diese Beobachtung. Sie stellt fest, dass die Gehaltsforderungen von IT-Experten, die früher üblicherweise eine Gehaltserhöhung von zehn bis 15 Prozent anstrebten, jetzt auf über 20 Prozent gestiegen sind. Ihrer Erfahrung nach gab es im Technologiesektor in den vergangenen ein bis zwei Jahren die höchste Gehaltsinflation von mehr als 30 Prozent in folgenden Bereichen:

  • Softwareentwickler
  • Projektmanager/Teamleiter
  • Programm-Manager – verantwortlich für große Projekte mit mehreren Projektmanagern oder Teamleitern
  • UX/CX-Berater

Obwohl allgemein bekannt ist, dass Fachkräfte im Technologiesektor in der heutigen, zunehmend digitalen Wirtschaft gut bezahlt werden, sind Stellen, die mit Programmierung oder anderen technisch orientierten Tätigkeiten verbunden sind, nicht für jeden geeignet. Glücklicherweise gibt es viele andere Berufe, die im letzten Jahr von inflationsbedingten Gehaltserhöhungen profitiert haben und von denen einige vielleicht auch für Sie geeignet sind.

 

Fachleute für Personalwesen, Sachbearbeiter und Beschaffungswesen

Anna Hallmeier vom Personalberatungsunternehmen Amadeus Fire, das ebenfalls in München ansässig ist, berichtet, dass die höchsten Gehaltssteigerungen bei folgenden Stellen zu beobachten sind: Personal-/HR-Fachkräfte und insbesondere Lohnbuchhalter beziehungsweise Sachbearbeiter. Diese Berufe können heute je nach Berufserfahrung bis zu 70.000 bis 80.000 Euro verdienen. Das sind 10.000 bis 15.000 Euro mehr als noch vor zwölf bis 18 Monaten.

Lohn- und Gehaltsbuchhalter sind für das Funktionieren der Unternehmen, die sie beschäftigen, von entscheidender Wichtigkeit. Dennoch bewerben sich immer weniger qualifizierte Fachkräfte auf ausgeschriebene Stellen. Das liegt nach Meinung von Frau Hallmeier daran, dass es sich um einen Job handelt, von dem man sich nur schwer eine längere Auszeit nehmen kann. Denn Fehlzeiten führen dazu, dass die Mitarbeiter ihr Gehalt nicht rechtzeitig erhalten. Das bedeutet wiederum, dass diejenigen, die eine Stelle in der Lohn- und Gehaltsabrechnung suchen, hohe Gehälter einfordern können. Ein weiterer Bereich, der laut Hallmeier am stärksten von Gehaltssteigerungen betroffen ist, sind Fachleute für das Beschaffungswesen, da auch dort ein starker Fachkräftemangel herrscht.

 

Assistenten der Geschäftsleitung und Sekretariatskräfte

Loyale, engagierte und effiziente Assistenten oder Sekretäre können jahrzehntelang die rechte Hand einer Führungskraft auf C-Suite-Ebene sein und zu einem unschätzbaren und sogar karrierebestimmenden Faktor werden. Folglich ist der Verlust der Assistentin oder des Assistenten sowie ihrer oder seiner intimen Kenntnis der eigenen beruflichen Bedürfnisse, Prioritäten und persönlichen Eigenheiten ist für Manager äußerst bedauerlich.

Constanze Wiedermann, Gründerin und Geschäftsführerin von Südpool Personalkonzepte, hat sich auf das Coaching und die Rekrutierung genau solcher Assistenten oder Sekretäre spezialisiert, mit denen C-Suite Manager arbeiten. Da Spitzenmanager der passenden Besetzung ihrer Assistenzstelle eine große Bedeutung beimessen, sind sie bereit, hochkarätigen Bewerbern viel Geld zu zahlen.

Frau Wiedermann hat die Erfahrung gemacht, dass erfahrene Assistenten der Geschäftsleitung mit einem starken beruflichen Werdegang heute leicht eine Gehaltserhöhung von 20 Prozent erzielen können, bei einem Stellenwechsel sind sogar bis zu 40 Prozent möglich. Diejenigen, die früher etwa 50.000 Euro verdient haben, können heute bequem 70.000 Euro verlangen, wobei Gehälter von bis zu 120.000 Euro möglich sind.

 

Führende Vertriebsmitarbeiter – aber nicht in jedem Bereich

Yves Kathirithamby, Geschäftsführer von Southa Partners, ist Experte für Positionen im Vertrieb und zieht eine gemischte Bilanz. Die Einstiegsgehälter sind im letzten Jahr um bis zu 20 Prozent angestiegen. Denn da die Gehälter für Berufsanfänger relativ niedrig sind und nur durch Provisionen aufgestockt werden können, sind sie sehr anfällig für hohe Inflationsraten. Führungskräfte mit Berufserfahrung im Technologiesektor konnten bei einem Stellenwechsel immerhin 10.000 bis 20.000 Euro mehr Grundgehalt vor Provision verlangen.

In anderen Branchen haben leitende Vertriebsmitarbeiter allerdings weniger Erfolg. Hier stagnierte das Gehalt im vergangenen Jahr, zumal auch ein Jobwechsel keineswegs immer eine Garantie für eine Gehaltssteigerung darstellt. Im Bereich der Fertigungsindustrie, einschließlich der Automobilindustrie, ist der Gehaltsanstieg für Vertriebsmitarbeiter am geringsten ausgefallen, so Kathirithamby.

 

Sie möchten Ihren Beruf nicht wechseln? Vielleicht brauchen Sie nur einen neuen Arbeitgeber

Alle Personalverantwortlichen waren sich in einem Punkt einig: Arbeitnehmertreue zahlt sich nicht zwangsläufig aus. Es gibt einen klaren Trend, dass die größten Gehaltserhöhungen von denjenigen erzielt werden, deren Fähigkeiten und Erfahrungen bei einem Stellenwechsel am meisten gefragt sind.

Sind Sie in Ihrer derzeitigen Position zufrieden, gleichzeitig aber der Meinung, dass Sie aufgrund der jüngsten Gehaltssteigerungen in Ihrem Berufsfeld mehr verdienen sollten? Dann müssen Sie für eine kräftige Gehaltserhöhung nicht unbedingt den Arbeitsplatz wechseln. Denn die Personaler haben noch etwas festgestellt: Arbeitgeber werden sich zunehmend bewusst, dass es sie insgesamt mehr kostet, qualifizierte und erfahrene Fachkräfte zu ersetzen, die wegen besserer Angebote abwandern, als sie mit einem deutlich höheren Gehalt zu halten.

Daher kann die bloße Information eines Arbeitgebers, dass Sie ein anderes Angebot in Erwägung ziehen, ein Gegenangebot zu besseren Bedingungen nach sich ziehen. Scheuen Sie sich also nicht, den Markt zu beobachten, um herauszufinden, was ein anderer Arbeitgeber für Ihre Qualifikationen zu zahlen bereit wäre. Wenn Sie sich jedoch beruflich völlig neu orientieren wollen, um Ihrem Einkommen eine höhere Priorität einzuräumen, dann könnte einer der hier genannten Berufe durchaus eine Überlegung wert sein.

 

Weitere Informationen unter https://kruschecompany.com/de/