Die Europäische Kommission, Kanada und USA verbieten TikTok: Warum sollten wir dem Beispiel folgen?

Illustration: Absmeier Alyoshine

Die App ist dafür bekannt, dass sie besonders viele Nutzerdaten sammelt und nicht in der Lage ist, diese Daten zuverlässig zu schützen.

 

Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die Europäische Kommission beschlossen hat, TikTok auf den Geräten ihrer Mitarbeiter zu verbieten. Die USA und Kanada haben dies vor kurzem bereits beschlossen. Auch in vielen anderen Ländern wie Österreich und den Niederlanden werden Stimmen lauter, um diesem Beispiel zu folgen. Die App, die von der chinesischen Firma ByteDance entwickelt wurde, ist seit langem im Visier vieler anderer Behörden auf der ganzen Welt, da sie erhebliche Datenschutz-Mängel aufweist.

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»Derzeit nutzen rund 25 Millionen Menschen in Deutschland, Österreich und Schweiz TikTok und ihre Beliebtheit wächst täglich. Der größte Teil sind junge Menschen unter 25 Jahren. Diese Zahlen zeigen, dass nur sehr wenige die Risiken verstehen, die dieses soziale Netzwerk für die eigenen Daten im Internet mit sich bringt. Dazu gehören unter anderem ein aggressives Tracking und eine mögliche Verwicklung mit der chinesischen Regierung«, sagt Marvin Petzolt, Experte für Cybersicherheit bei NordVPN und Nord Security.

 

Datengesteuerter Algorithmus und aggressives Tracking

Ein Grund für den Erfolg der App ist, dass sie den Nutzern hochgradig individualisierte Inhalte bieten kann. Jeder Nutzer hat seinen eigenen, einzigartigen Feed, der auf seinen Interessen und Vorlieben basiert. Doch hinter diesem individuellen Ansatz steht die Praxis, riesige Mengen an Nutzerdaten innerhalb und außerhalb der App zu sammeln.

Sobald ein Nutzer mit der Nutzung von TikTok beginnt, erstellt das Unternehmen ein Profil über ihn, einschließlich seiner Interessen, seiner politischen Einstellung, seiner sexuellen Identität und jeder anderen Variablen, die sich auf die Auswahl der Videos auswirken könnte, die er sieht. TikTok sammelt auch Informationen über die Tastatureingabe, den Standort, den Browserverlauf und sogar biometrische Daten (Gesichts- und Stimmabdrücke) der Nutzer.

Das Problem dabei ist nicht nur die Tatsache, dass ein riesiges Unternehmen über derart sensible Informationen über seine Nutzer verfügt und sie später für Marketingzwecke verwenden kann. Es reicht auch eine einzige Datenpanne, damit diese Informationen in die falschen Hände geraten. Hacker freuen sich darauf, wertvolle Daten von Online-Unternehmen zu stehlen und sie später für ihre eigenen böswilligen Zwecke zu verwenden.

Missachtung der Datenschutzrechte von Journalisten

Ende Dezember 2022 berichtete Reuters, dass vier Mitarbeiter der TikTok-Muttergesellschaft ByteDance entlassen wurden, weil sie sich die persönlichen Nutzerdaten von zwei US-Journalisten angeeignet hatten. Dies geschah während TikToks erfolgloser Nachforschung über Datenlecks, die dem Unternehmen im letzten Jahr widerfuhren.

Auch wenn TikTok die Mitarbeiter entlassen hat, zeigt die Tatsache, dass die Mitarbeiter in der Lage waren, sich solche Informationen anzueignen, dass das Unternehmen nur unzureichende Maßnahmen ergreift, um die individuellen Daten von Nutzern zu schützen. Außerdem zeigte das Beispiel, dass das Unternehmen die IP-Adressen, Standorte und den Browserverlauf der Nutzer nicht anonymisiert. Das bedeutet, dass alles, was eine Person in der App tut, direkt mit der IP-Adresse des Nutzers verknüpft ist. Die Geheimhaltung von Browsing-Informationen ist für jeden Nutzer wichtig, insbesondere für gefährdete Gruppen wie Aktivisten, Journalisten oder Politiker.

Der In-App-Browser von TikTok

TikTok verwendet einen In-App-Browser, der in die App selbst integriert ist. Das bedeutet, dass Nutzer, die versuchen, TikTok über eine Anzeige oder einen Bio-Link zu verlassen, tatsächlich in der App bleiben. Anstatt zu Chrome oder Safari zu wechseln, sehen sich die Nutzer die Seiten über den TikTok-eigenen Browser an.

Der interne Browser ermöglicht es dem Unternehmen, das Verhalten auf Websites und Seiten zu überwachen, von denen ein Nutzer annehmen könnte, dass sie nicht in den Zuständigkeitsbereich von TikTok fallen. Diese Art der Überwachung ist ein weiterer Aspekt, bei dem die Nutzer mehr persönliche Informationen preisgeben könnten, als sie beabsichtigen.

ByteDance und die Kommunistische Partei Chinas

TikTok ist im Besitz von ByteDance, einem Unternehmen mit Sitz in China. Nach chinesischem Recht ist es verpflichtet, Nutzerdaten auf Anfrage an die Behörden weiterzugeben.

Das Unternehmen ist verständlicherweise auch bestrebt, mit der Politik der Kommunistischen Partei Chinas konform zu gehen. Manche behaupten, das Unternehmen habe Videos unterdrückt, in denen Menschenrechtsverletzungen thematisiert werden.

Auch wenn es schwer ist, die Haltung von TikTok zu diesen Themen zu überprüfen, sollte die Tatsache, dass ByteDance unter der Autorität der Kommunistischen Partei Chinas operiert, Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre der Nutzer aufkommen lassen.

Datenschutzeinstellungen

Mit der Erstellung eines TikTok-Kontos erklären sich die Nutzer damit einverstanden, dass ihre Daten gesammelt und für gezielte Werbung verwendet werden. Wenn ein Nutzer keine personalisierte Werbung wünscht, kann er sie in den Einstellungen deaktivieren. Dies ist eine der beiden Datenschutzeinstellungen, die TikTok zulässt. Die zweite ermöglicht es den Nutzern, ihre Konten privat zu halten.

Abgesehen davon erlauben die Datenschutzrichtlinien von TikTok der App, alle Arten von Informationen über ihre Nutzer zu sammeln, ohne dass diese die Möglichkeit haben, sich dagegen zu entscheiden.

Welche Möglichkeiten gibt es, TikTok privater zu nutzen?

»Leider ist die einzig sichere Möglichkeit, TikTok davon abzuhalten, deine Daten zu sammeln, die App nicht zu nutzen oder zu löschen. Wenn man TikTok dennoch nutzen möchte, gilt vor allem der Grundsatz, keine persönlichen Informationen öffentlich zu teilen«, sagt Marvin Petzolt.

Hier mehr Details:

  • Setze dein Profil privat. Du kannst trotzdem alle Inhalte von TikTok sehen, ohne dein eigenes Profil öffentlich zu machen. Überprüfe deine Privatsphäre-Einstellungen und stelle sicher, dass nur Personen, die du kennst und denen du vertraust, deine Inhalte sehen können. So reduzierst du die Wahrscheinlichkeit eines Identitätsdiebstahls und machst es Betrügern schwerer, dich zu kontaktieren.
  • Veröffentliche keine zu persönlichen Inhalte. Achte beim Hochladen von Videos darauf, dass du keine Bilder von deinem Haus und deiner Nachbarschaft, Ansichten aus deinen Fenstern oder andere Inhalte einstellst, die dazu verwendet werden könnten, deinen genauen Standort zu identifizieren. Versuche, nicht zu viel Informationen über deine Arbeit, Familie und andere persönliche Kontakte zu veröffentlichen. Je mehr Informationen du mit anderen teilst, desto einfacher ist es für Hacker, deine Identität zu stehlen und sie für Phishing-Angriffe gegen andere zu nutzen.
  • Verwende den Bedrohungsschutz. Der Bedrohungsschutz von NordVPN blockiert Werbung, Tracker und bösartige Websites, über die du beim Surfen im Internet stolpern kannst. Dieses Tool verhindert, dass die Tracker von TikTok dich in deinem Browser verfolgen. Auch wenn deine Aktivitäten in der App und dem In-App-Browser weiterhin verfolgt werden, bleibt alles, was du außerhalb der App tust, privat.