Gezielter Blick in die Glaskugel: Welche Fachkräfte und Qualifikationen braucht der Arbeitsmarkt künftig?

Regierung von Bizkaia verwertet große Datenmengen aus Stellenanzeigen, um den Qualifikationsbedarf am Arbeitsmarkt vorherzusagen.

Die Regierung der baskischen Provinz Bizkaia lanciert die weltweit erste Plattform zur Bestandsaufnahme von Qualifikationen am Arbeitsmarkt. Sie erstellt auf der Grundlage umfangreicher Daten ein sehr detailliertes Bild der Kompetenzbasis der Region und sagt ihren künftigen Arbeitsmarktbedarf vorher.

Das sogenannte »Baskische Talent-Observatorium« (Basque Talent Observatory) ist ein Instrument, das hochqualifizierten Fachleuten und politischen Entscheidungsträgern, die Trends in der Region erfassen müssen, Informationen über den baskischen Arbeitsmarkt liefert. Das Programm wird Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Einzelpersonen kostenlos zur Verfügung stehen. Es wurde von Bizkaia Talent, der Agentur zur Anwerbung, Bindung und Vernetzung baskischer Fachkräfte, in Zusammenarbeit mit dem von der Universität Mailand-Biccoca gegründeten Unternehmen TabulaeX entwickelt. Das »Observatorium« ist das erste System, das in Echtzeit die Kompetenzen analysiert, die Arbeitgeber von hochqualifizierten Fachkräften benötigen. Das Tool ist frei verfügbar unter www.bizkaiatalent.eus und www.bebasquetalentnetwork.eus.

Das »Talent-Observatorium« basiert auf einem speziellen Algorithmus, der alle Stellenanzeigen im Baskenland kurz-, mittel- und langfristig analysiert (über 3 bis 12 Monate). Die Daten stammen von Webseiten für die Arbeitssuche, darunter einige der größten spanischen Arbeitsagenturen, Online-Plattformen und öffentlichen Arbeitsverwaltungen. Die von der Plattform analysierten Stellenangebote befinden sich u.a. auf den Webseiten indeed, InfoJobs, Jobbydoo, Infoempleo, Adecco und Randstad sowie der öffentlichen baskischen Arbeitsagentur Lanbide.

Dies ist das erste Mal, dass eine Region in der Lage ist, die tatsächliche Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften in Echtzeit zu messen, um so Einzelpersonen, Arbeitgebern, Behörden und Universitäten zu ermöglichen, Markttrends zu verstehen, schnellere Entscheidungen zu treffen und eine unmittelbare Momentaufnahme der Berufe, Qualifikationen und Branchentypen in der Arbeitnehmerschaft einer Region zu erhalten. Universitäten können die Kurse an die Anforderungen der Arbeitgeber anpassen, öffentliche Einrichtungen können diese Informationen nutzen, um die Ausbildung und Umschulung ihrer Arbeitskräfte zu verbessern, Fachkräfte verstehen besser, in welchem Arbeitsumfeld ihre Fähigkeiten gefragt sein könnten oder welche Qualifikationen sie erwerben müssen, wenn sie in einen bestimmten Bereich eintreten wollen. Ebenso können Arbeitgeber das Qualifikationsprofil des baskischen Personalbestands verstehen und nachvollziehen, inwiefern es ihren Bedürfnissen entspricht.

Das »Talent-Observatorium« bietet:

  • Echtzeit-Monitoring der gefragtesten Berufe auf dem Arbeitsmarkt
  • ein detailliertes Bild der von Unternehmen und Arbeitsagenturen gesuchten Kompetenzen
  • die von Arbeitgebern für bestimmte Positionen geforderten Qualifikationen
  • eine Analyse neu entstehender Positionen und der erforderlichen neuen Kompetenzen
  • eine Analyse des Missverhältnisses zwischen den Qualifikationen in der Region und den von den Arbeitgebern geforderten Qualifikationen

Dies ist Teil der Bestrebung des Baskenlandes, einen Bestand an Fachkräften aufzubauen und zu erhalten sowie sicherzustellen, dass Studenten über die gefragten Fähigkeiten informiert sind, wenn es an die Entscheidungsfindung ihrer Studienfächer geht.

Ivan Jimenez von Bizkaia Talent sagt:

»Regierungen haben noch nie zuvor die Qualifikationen evaluiert, die ihre Erwerbsbevölkerung besitzt, und die Fähigkeiten, die die Arbeitgeber nach eigenen Angaben benötigen. Das Baskische ‚Talentobservatorium‘ wird uns durch die Auswertung großer Datenmengen ein äußerst genaues Bild von unseren Qualifikationsanforderungen vermitteln. Brauchen wir mehr Software-Ingenieure? Oder mehr Absolventen mit Soft-Skills? Das ‚Observatorium‘ wird uns das sagen.«

»Neue Technologien, eine alternde Bevölkerung und Migrationsströme führen dazu, dass sich der Arbeitsmarkt mit einer bisher nicht bekannten Schnelligkeit verändert. Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Universitäten und Behörden benötigen bessere Informationen, um diese Veränderungen zu erfassen. Die Hilfsmittel, die wir bis jetzt genutzt haben, sind einfach nicht gut genug, um genaue Vorhersagen zu treffen.
Länder bauen ihre Arbeitnehmerschaft traditionell nicht auf der Grundlage von Qualifikationen auf, sondern auf Grundlage der Beschäftigungsarten, denen Arbeitsmarktprognosen der Regierung die stärkste Nachfrage bescheinigen. Diese Vorhersagen sind bestenfalls unbeholfene Metrik und schlimmstenfalls sehr ungenau, da sie nur die Wachstumsraten der Industrie messen. Jetzt können wir die tatsächlichen Soft- und Hard-Skills evaluieren, nach denen die Arbeitgeber in jeder ausgeschriebenen Stelle suchen.«

Das System erkennt und protokolliert alle in jeder Stellenausschreibung aufgeführten Hard Skills, die von Standardbegriffen – wie etwa Codierung – bis hin zu präzisen branchenspezifischen Fähigkeiten – wie etwa Alteryx-Datenanalyse – reichen. Zugleich analysiert die Plattform die in jeder Stellenanzeige enthaltenen Soft Skills, von allgemeinen Erwähnungen wie »Kommunikationsfähigkeiten« bis hin zu sehr spezifischen Kompetenzbeschreibungen wie »Integrationserfahrung nach Übernahme«.

Im vergangenen Jahr analysierte das »Observatorium« mehr als 17.000 Stellenausschreibungen für hochqualifizierte Fachkräfte, die auf Online-Plattformen verschiedener Arbeitsagenturen erschienen. 70 % der Arbeitsplätze befinden sich im Dienstleistungssektor, 10 % im Handwerk und 20 % im verarbeitenden Gewerbe. Im vergangenen Jahr hat das Baskenland seine Arbeitnehmerschaft erhöht und 18.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, davon 45 % für hochqualifizierte Fachkräfte.

Diese Daten werden direkt gesammelt und an das Baskische Talentnetzwerk (Basque Talent Network) weitergeleitet. Bizkaia Talent ist eine öffentlich-private Partnerschaft, die eine Datenbank baskischer Fachkräfte mit etwa 10.000 Fachleuten in über 95 Ländern der Welt und mehr als 300 baskischen Organisationen aufgebaut hat. Dieses Talentnetzwerk plant eine Partnerschaft mit den drei führenden baskischen Universitäten – der Universität des Baskenlandes (UPV/EHU), der Universität Deusto und der Universität Mondragon –, die die Daten zur Gestaltung von Ausbildungsprogrammen nutzen können, um die von den Arbeitgebern am stärksten nachgefragten Kompetenzen zu unterrichten.

Die Plattform wird zudem von aktuellen Jobsuchenden genutzt werden können, die mehr darüber erfahren wollen, wo ihre Kompetenzen gefragt sind. Sie ist jedoch nicht dazu gedacht, Zugang zu einzelnen Stellenangeboten im Internet zu ermöglichen. Die Nutzer können die Jobs des vergangenen Jahres durchsuchen, um zu eruieren, welche Branche nach ihren Fähigkeiten sucht, auf welche Berufsbezeichnungen sie sich bewerben sollten und wie gefragt ihre Fähigkeiten sind.

Ein Nutzer könnte beispielsweise nach Stellen suchen, die »Präsentationsfähigkeiten«, »schwedische Sprachkenntnisse« und »ausgeprägte Projektmanagementkompetenzen« erfordern und feststellen, dass diese Fähigkeiten in hohem Maße von Kommunikationsstellen in der Automobilindustrie gesucht werden, was ihm helfen würde, seine Stellensuche zu verfeinern. Der Nutzer könnte dann die Berufsbezeichnungen nachschlagen, mit denen üblicherweise nach bestimmten Fähigkeiten gesucht wird sowie die Anzahl der Stellen, die im vergangenen Jahr dafür ausgeschrieben waren.

Dies ist besonders relevant für Menschen, insbesondere Studienabgänger, die mit äußerst vielseitigen Fähigkeiten ausgebildet werden. Eine übliche Vorgehensweise für Absolventen der Buchhaltung oder der Wirtschaftswissenschaften ist vielleicht, nach einer Stelle in einer großen Beratungsagentur zu suchen, ohne dabei mitzubekommen, dass es eine Fülle interner Stellenangebote in anderen Branchen gibt, von Ingenieurbüros bis hin zu Grafikdesignern, die für diese internen Stellen nur schwer rekrutieren können.

Noch wichtiger ist, dass die Plattform eine Schlüsselrolle dabei einnehmen kann, baskische Fachkräfte zurück in die Heimat zu holen. Die Region verlor in den Jahren nach der Finanzkrise 2008 einen Großteil ihrer Fachkräfte. Hochwertige Kompetenzen verließen Bizkaia mit MINT-Berufen in Richtung Ausland. Baskische Bürger, die im Ausland leben, könnten die Plattform nutzen, um nicht nur zu sehen, welche Branchen nach ihren Fähigkeiten suchen (falls sie einen Branchenwechsel erwägen), sondern auch, um zu analysieren, wo sich diese Arbeitsplätze typischerweise befinden. Das bedeutet faktisch, dass sie die benötigten Qualifikationen ermitteln können, um einen Arbeitsplatz in der baskischen Stadt oder Industrie ihrer Wahl zu finden.

 

 

Weitere Informationen über die Vorstellung des »Baskischen Talent-Observatoriums«, das am 11. April gestartet wurde, finden Sie hier: www.bizkaiatalent.eus und www.bebasquetalentnetwork.eus.
Bizkaia Talent wurde mit Unterstützung der Abteilung für wirtschaftliche Entwicklung des Provinzialrates von Bizkaia gegründet. Bizkaia Talent wurde 2005 als gemeinnützige Organisation mit einer klaren Mission aufgebaut: Die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für die Anwerbung, Vernetzung und Bindung hochqualifizierter Arbeitskräfte in den Bereichen Wissen und Innovation im Baskenland zu fördern und zu erleichtern.

 


 

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