Staffelübergabe: Erfolgreicher Generationswechsel im Mittelstand

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Im Mittelstand streben bis Ende 2020 knapp 227.000 Inhaber die Übergabe ihres Unternehmens an einen Nachfolger an [1]. Sie alle verfolgen das Ziel, die Zukunft ihres Betriebs rechtzeitig und optimal zu sichern. Für die Umsetzung gilt es jemanden zu finden, der die eigenen Ideale und Prinzipien teilt und nach außen vertritt. Viele Unternehmer tun sich mit diesem Schritt schwer und schieben zum Beispiel wirtschaftliche, organisatorische, rechtliche, steuerliche oder finanzielle Gründe vor. »Wer sich eigenständig etwas aufgebaut hat oder etwa ein etabliertes Familienunternehmen in dritter Generation führt, dem fällt es schwer, loszulassen und den Stab weiterzugeben«, weiß Dr. Uwe Böning, Management-Berater und geschäftsführender Gesellschafter der BÖNING-CONSULT GmbH, um die Umstände. »Zu den Mitarbeitern besteht häufig ein sehr enges Verhältnis, was einen Ausstieg zusätzlich erschwert. Ein Schlüssel: dem Unternehmen weiterhin zur Seite stehen, beispielsweise in beratender Funktion.« Um die Geschäftsübergabe – insbesondere bei menschlichen Themen – erfolgreich zu gestalten, bietet es sich an, auf professionelle Unterstützung zurückzugreifen.

 

Großes Konfliktpotenzial

Bevorstehendes Wechselspiel mit Handlungsbedarf: Bis 2022 werden mehr als 60 Prozent der Inhaber und Führungskräfte in Deutschland das Lebensalter 60 erreicht haben oder darauf zugehen [2]. Bei der Regelung der Nachfolge gilt es dennoch nicht vorschnell zu handeln: Befindet sich ein Unternehmen auf Erfolgskurs, könnte dieser dadurch gefährdet werden. »Eine solche Übergabe gestaltet sich nicht immer einfach. Gerade im zwischenmenschlichen Bereich kommt es schnell zu Problemen, häufig aufgrund von mangelnder beziehungsweise fehlerhafter Kommunikation und Moderation«, erklärt Böning, der mit seinem Unternehmen Nachfolgen als Partner begleitet. »Am Ende sollen alle Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden sein.« Vermeidung familiärer Konflikte und der offene Dialog innerhalb des Betriebs rund um die Geschäftsübergabe gehören deswegen zu den höchsten Prioritäten. Gerade das erste Ziel zieht dabei besondere Aufmerksamkeit auf sich. Denn: Mehr als die Hälfte der Inhaber möchte ihr Unternehmen nach dem eigenen Rückzug in die Hände eines Familienmitglieds legen [3]. »Hier können jedoch Spannungen auftreten, was ein bedachtes Vorgehen notwendig macht. Manche Personen fühlen sich schnell übergangen – der transparente Informationsaustausch ist daher das A und O«, so der erfahrene Berater.

 

Gemeinsam angehen

Bei der Auswahl eines passenden Nachfolgers stehen menschliche und fachliche Kompetenzen weit oben auf der Liste. Diese sollten mit der Philosophie des Unternehmens im Einklang stehen. Gute Berater helfen dabei, angemessene Entscheidungen zu treffen und zwischen den Parteien zu moderieren. »Steht der Kandidat fest, bedarf es einer Gestaltung des Übergangsprozesses und korrespondierender Kommunikation innerhalb des Unternehmens«, weiß der Experte zu berichten. Für den Nachfolger kommt es gerade in der ersten Zeit vor allem auf Geduld, Einfühlungsvermögen und Führungskompetenz an. Feedback- und Mitarbeitergespräche zum Kennenlernen tragen zum Vertrauensaufbau bei. Darüber hinaus gibt es auch für den Altinhaber Möglichkeiten, weiterhin Teil »seines« Unternehmens zu bleiben. Er kann beispielsweise eine neue Rolle innerhalb des Betriebs übernehmen oder seinem Nachfolger weiterhin als Berater zur Seite stehen – wobei es Konflikte jederzeit zu vermeiden gilt. »Auch die private Lebensgestaltung sollte eine Anpassung erfahren. Eine Umstellung nach dem Loslassen ist oftmals nicht leicht, in diesem Bereich bietet sich deshalb ebenfalls professionelle Unterstützung an«, so Böning abschließend.

Weitere Informationen unter www.boening-consult.de

 

[1] KfW-Mittelstandspanel, KfW Research: Fokus Volkswirtschaft, 2019.
[2] Studie zur Unternehmensnachfolge, K.E.R.N – Die Nachfolgespezialisten, 2018.
[3] KfW-Mittelstandspanel, KfW Research: Fokus Volkswirtschaft, 2019.

 

Der Beirat im Mittelstand: beraten, kontrollieren, schlichten

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Ob als Mittler, Impulsgeber oder Aufsichtsinstanz: Beiräte können für mittelständische Unternehmen eine wertvolle Hilfe sein – bis hin zur Nachfolgeregelung

 

Der auf freiwilliger Basis eingerichtete Beirat in einer GmbH oder bei Personengesellschaften kann unterschiedliche Funktionen erfüllen. Was im Vordergrund steht, hängt von den Wünschen der Eigentümer ab. Bei manchen Firmen agiert er – ähnlich wie der Aufsichtsrat einer AG – mit klaren Kontroll- und Entscheidungsbefugnissen.

»Während der Aufsichtsrat immer ein Kontrollorgan ist, kann der Beirat auch eine ausschließlich beratende Funktion übernehmen«, sagt Armin Weber, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in München. Die Betonung des Worts Beirat liegt dann also auf der zweiten Silbe, dem Rat. In dieser Funktion bringt der Beirat etwa seine Kompetenz zu Themen wie Marketing oder Finanzierung ein. Oder er unterstützt die Unternehmensführung mit technischer Expertise, wie sie gerade in Zeiten der Digitalisierung gefragt ist.

Von besonderer Bedeutung bei Familienunternehmen ist nicht zuletzt die Begleitung der Nachfolgeregelung. Der beratende Beirat ist häufig ein neutraler Vermittler bei unterschiedlichen Sichtweisen der älteren und jüngeren Generation. Er bringt als Außenstehender aber auch leichter den Mut auf, vor dem Eintritt nicht geeigneter Nachkommen in das Unternehmen zu warnen.

 

Die Nachfolge begleiten

Über die Beratung hinausgehen die Aufgaben eines kontrollierenden Beirats, dem oft Entscheidungsbefugnisse übertragen werden. Dabei ist es auch möglich, ihn mit bestimmten Maßnahmen der Geschäftsführung zu betrauen oder ihre Umsetzung von seiner Genehmigung abhängig zu machen. Beim Generationenwechsel ist der entscheidende Beirat insbesondere auch dann ein stabilisierender Faktor, wenn ein geeigneter Nachfolger in der Familie fehlt. Wird in diesem Fall ein Fremdgeschäftsführer eingesetzt, so überwacht er dessen Tätigkeit mit Blick auf den Unternehmenserfolg und auf die Interessen der Gesellschafter. Doch auch ein nur beratender Beirat ist hilfreich. »Er kann zwischen den Familienangehörigen mit ihren unterschiedlichen Interessen ebenso vermitteln wie zwischen den Gesellschaftern und dem Fremdgeschäftsführer«, sagt Weber.

Bei der Auswahl geeigneter Persönlichkeiten für den Beirat kommen Banker oder Unternehmer mit Bezug zur Familie ebenso infrage wie Anwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater. Auch die Experten von Ecovis sind oft in dieser Funktion gefragt, in der sie über Steuer- und Finanzfragen hinaus ihre Kompetenz bei vielen unternehmerischen Fragen einbringen. Wirtschaftsprüfer Armin Weber etwa ist Beirat an der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft und dort mit seiner Erfahrung aus der Praxis ein gefragter Ansprechpartner.

 

Haftungsrisiko prüfen

Während der beratende Beirat aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrags tätig werden kann, ist der entscheidende Beirat ein – in der Regel im Gesellschaftsvertrag verankertes – Organ des Unternehmens. Der nur beratende Beirat haftet auf Basis seiner ihm aufgrund des Dienstvertrags verankerten Sorgfaltspflicht. Für einen kontrollierenden und/oder entscheidenden Beirat gelten analog zu den Aktiengesetz-Vorschriften eines Aufsichtsrats weitergehende Haftungsvorschriften, die ihn bei einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß gegen diese Sorgfaltspflichten zu Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichten.

Armin Weber, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in München

 

 

Die Essentials der zukünftigen Führungskräfteentwicklung

 

Die wertvollste Ressource eines jeden Unternehmens sind qualifizierte Mitarbeiter, vor allem die, von denen es nur relativ wenige gibt. Gemeint sind exzellente Führungskräfte. Gerade im Zeitalter der digitalen Transformation benötigen Unternehmen aber gute Leader auf allen Führungsebenen, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Fatalerweise wächst diese Spezies aber nicht so einfach auf Bäumen und die vorhandenen guten Führungskräfte sind in aller Regel nicht frei am Markt verfügbar. Für die Unternehmen bedeutet das, dass sie die benötigten Führungskräfte selbst entwickeln müssen.

Führungskräfteentwicklung umfasst die gezielte und systematische Förderung von Führungskräften durch die Entwicklung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen, um Leitungsfunktionen besser ausfüllen zu können.

 

Grundlegende Faktoren der Führungskräfteentwicklung

Damit aber alle Bemühungen um eine eigene und vor allem erfolgreiche Führungskräfteentwicklung nicht im Sand versickern, müssen die Unternehmen einige grundlegende Faktoren berücksichtigen. Führungskräfteentwicklung muss ein systematischer Prozess sein, der ziel- und bedarfsorientiert ist und sich schlüssig aus den strategischen Unternehmenszielen, Kennzahlen und dem Wertecodex des Unternehmens ableitet. Erfolgreich kann die Förderung aber nur dann sein, wenn sie langfristig angelegt ist und die Bausteine systematisch aufeinander aufbauen und inhaltlich miteinander verzahnt sind.

 

Potenzialerfassung und Nachfolgeplanung

Die notwendige Potenzialerfassung und Nachfolgeplanung als Grundlage jeder Führungskräfteentwicklung orientiert sich an den lang- und mittelfristigen Unternehmenszielen. Dazu müssen die potenziellen Nachfolger aber nicht nur frühzeitig identifiziert werden, sondern die gezielten Führungskräfte-Entwicklungsmaßnahmen auch gegriffen haben.

 

Eignungsdiagnostische Verfahren

Valide eignungsdiagnostische Verfahren, wie beispielsweise das Assessment Center (AC), haben sich bei der Potenzialerfassung und Potenzialbewertung seit Jahrzehnten bewährt. Sie stellen das wirkungsvollste Analyseinstrument für die Diagnose der Stärken und Schwächen eines Teilnehmers beziehungsweise einer Teilnehmerin bezogen auf ein zukunftsgerichtetes Anforderungsprofil dar. Es geht dabei darum, eine Aussage über das berufliche Entwicklungspotenzial zu erhalten, die als Grundlage für Personalentscheidungen und den richtigen Einsatz von Ressourcen dient. Eine professionell durchgeführte Eignungsdiagnostik hat den Zweck, eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit, wie erfolgreich ein Mitarbeiter in einer bestimmten Position sein wird, abgeben zu können.

 

Maßnahmenumsetzung on the Job

Die aus dem eignungsdiagnostischen Verfahren abgeleiteten Entwicklungsmaßnahmen sollten primär stärkenorientiert »on the job« oder »near the job« eingeübt werden.

Die Mitarbeit in oder die Leitung von Projekten mit meist zeitlich und thematisch begrenzten Sonderaufgaben hat sowohl für den Projektleiter als auch den Mitarbeiter eine hohe Lernwirkung. Denn es werden an alle Beteiligten hohe Anforderungen in Bezug auf administrative und fachliche Kompetenz und die sozialen und konzeptionellen Fähigkeiten gestellt. Im Projekt kann das »Führen« ausprobiert, alternative Ansätze gewagt und anfallende Fehler ohne schwerwiegende Folgen erfahren werden.

In sogenannten Förderkreisen sollen Potenzialkandidaten in autonomen Gruppen strategisch relevante Fragestellungen bearbeiten und die Ergebnisse dem Vorstand präsentieren. In regelmäßigen Abständen finden Feedbackrunden unter Anleitung eines Coaches statt. Dabei sollen vor allem die Techniken zur Förderung der Selbsterkenntnis, die Entwicklung eines bewussteren und angemessenen zwischenmenschlichen Verhaltens, Methoden zur Bewältigung von Konflikten, Gelassenheit und Aufbau erhöhter Stressresistenz erlernt und eingeübt werden.

Beim Job Enlargement wird der Arbeitshorizont und der Verantwortungssinn durch zusätzliche Aufgaben erweitert und eine übergroße Spezialisierung und Zersplitterung der Aufgaben rückgängig gemacht. Das Ergebnis sind oftmals eine höhere Identifikation mit der Arbeit und persönliche Erfolgserlebnisse.

Durch die Job Rotation, die geplante, zeitlich befristete Versetzung in andersartige Aufgabenbereiche, soll die Flexibilität und Mobilität erhöht und der sozio-kulturelle Horizont erweitert werden. Der Kandidat soll lernen, in anderen Hierarchien und anderen Unternehmens- oder Gesellschaftsstrukturen zu agieren und zu interagieren, um sich persönlich und fachlich als Führungskraft weiterzuentwickeln.

 

Individuelles Coaching – Sparring für Führungskräfte

Die Entwicklung von Führungskräften ist ein vielschichtiger und anspruchsvoller Prozess. Personal Coaching ist dabei die effektivste Methode zur individuellen Unterstützung der Mitarbeiter im Bereich Management Skills. Ein professioneller Coach kann dem Kandidaten dabei helfen, verdeckte oder blockierte Möglichkeiten und Fähigkeiten zu nutzen und die Elastizität seines Handelns zu erweitern. Er fungiert dabei wie ein unbeteiligter Sparringspartner, der dem Mitarbeiter ein unabhängiges Feedback gibt, alternative Perspektiven beleuchtet und die Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung fördert. Auf diese Weise hilft der Coach dabei, das eigene Potenzial zu erkennen und schicksalhafte gegebene Begrenzungen zu akzeptieren. Denn gerade für Führungskräfte ist es wichtig und hilfreich, sich immer der Struktur des eigenen Selbst bewusst zu sein.

 

Unternehmensplanspiele – Praxissimulation unternehmerischer Verantwortung

Um unter realistischen Bedingungen und sehr effizient Managementkompetenzen zu entwickeln und unternehmerisches Denken und Handeln zu trainieren, eignen sich Unternehmensplanspiele hervorragend. Dabei wird auch das analytische Denkvermögen sowie die Konflikt- und Teamfähigkeit gefördert. Denn im Unternehmensplanspiel übernehmen Teams die unternehmerische Verantwortung für die erfolgreiche Führung eines simulierten Unternehmens im Wettbewerb. Jedes Team (Unternehmen) entwickelt eine Strategie auf Grundlage einer Markt-und Wettbewerbsanalyse und setzt diese operativ um. Der Erfolg wird mit Hilfe von Key Performance Indicators (KPIs) gemessen.

 

Auslandsaufenthalt für ein Denken in weltumspannender Perspektive

Die Globalisierung erfordert heute mehr als je zuvor eine Internationalisierung der Führungskräfteentwicklung. Auslandsaufenthalte fördern die Fähigkeit zur kulturellen Empathie. Durch die direkte Auseinandersetzung mit einer anderen, fremden Kultur ist der Mitarbeiter gezwungen, sich in das Wertesystem anderer Menschen einzufühlen und es zu respektieren. Das Verständnis für andere Kulturkreise eröffnet die Möglichkeit, Denkanstöße für Probleme im eigenen Land mitzunehmen und anzuwenden. Gleichzeitig befähigt es Mitarbeiter zu einem Denken in weltumspannenden Perspektiven, sowohl hinsichtlich der Märkte und Marktchancen als auch bezüglich der Standorte, Ressourcen und Kooperationen.

 

Der Vorgesetzte als zentraler Personalentwickler

Führungskräfteentwicklung ist aber längst nicht mehr nur eine Domäne der Personalabteilung. Vielmehr werden Vorgesetzte zu »Personalentwicklern«. Menschen neigen dazu, sich an Vorbildern zu orientieren – im Idealfall an ihrem Chef. Führen und Delegieren sind dabei nicht die einzigen Faktoren, die einen guten Vorgesetzten ausmachen. Sie überzeugen durch die Übernahme von Verantwortung und Pflichterfüllung. Sie sind nicht nur an Zahlen, sondern auch am Wohlergehen ihrer Mitarbeiter interessiert. Sie leben die Werte Kundenorientierung, Integrität, Exzellenz, Fairness, Bescheidenheit, Demut und Sinnvermittlung im täglichen Leben. Aber vor allem erkennen sie das Potenzial ihrer Mitarbeiter, fördern ihre Stärken und Fähigkeiten und ermuntern sie, diese auch einzusetzen und zu nutzen.

 

Transparenz schafft Akzeptanz

Aber auch in der Führungskräfteentwicklung gilt: ohne Transparenz keine Akzeptanz. Nur wenn die Beteiligten um die Möglichkeiten, Wirkung und die Ziele der Entwicklungsmaßnahmen wissen, ist eine professionelle Führungskräfteentwicklung erfolgreich. Denn die notwendigen Entwicklungsmaßnahmen können nur mit Hilfe der Betroffenen umgesetzt werden. Als Erfolgsgarant hat sich dabei das Konzept der sozialen Validität (Schuler 1990) herauskristallisiert. Dabei basiert die Interaktion zwischen dem Mitarbeiter und dem Personalverantwortlichen auf den vier Akzeptanzparametern: Information, Partizipation, Kommunikation und Transparenz. Nur die konsequente Umsetzung dieser Parameter schafft eine partnerschaftliche Situation, um gemeinsam die Entwicklungsmaßnahmen zu gestalten und erfolgreich umzusetzen. Dann wird Führungskräfteentwicklung zu einer produktiven Kraft im Unternehmen.

Letztlich gilt: »Größe kommt zu Größe und Qualität zu Qualität«.

Reinhard F. Leiter, Executive Coach bei der SELECTEAM Deutschland GmbH, München

 

Reinhard F. Leiter war Gründungsmitglied des Arbeitskreises Assessment Center –Führungskräfteauswahl /-entwicklung und langjähriger Vorsitzender des Arbeitskreises.
Reinhard F. Leiter absolvierte nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums Jesuitenkolleg Kalksburg (Wien) ein Betriebswirtschaftsstudium mit den Schwerpunkten Organisationslehre und Personalwesen an der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Bei der Bayer Group nahm R.F. Leiter Funktionen als Leiter u.a. der Aus- und Weiterbildung und als Personalleiter (1970 – 1982) wahr. Bei der Allianz AG leitete er das Zentrale Bildungswesen. Diese Aufgaben führten ihn 1999 zu seiner letzten Position als Leiter des Fachbereichs Executive Events der Allianz SE. In den letzten Jahrzehnten war er auf allen fünf Kontinenten in 30 Ländern tätig.
Seine berufliche Orientierung ist durch die Maxime geprägt: »Im Mittelpunkt steht immer der Mensch«. Sie ist von der Überzeugung getragen, dass alle Maßnahmen eines Unternehmens – altbewährte genauso wie neu eingeführte – in ihrer Methodik einer permanenten Überprüfung, Anpassung und Erneuerung bedürfen. So können sie in einer rasant technologisierten Welt wirken und dabei dem Unternehmen und seinen Menschen gerecht bleiben.
Neu-Erscheinung 2017: Presentation Excellence – A holistic approach« – Reinhard F. Leiter; Verlag Windmühle Hamburg 2017; ISBN 978-3-86451-039-7

 

»Executive Isolation«: Führungskräfte abgekapselt

Es gibt deutliche Brüche zwischen Mitarbeitern und Führungskräften. Der Kommunikationsbruch sorgt für die sogenannte »Executive Isolation« in Unternehmen. Dadurch drohen Fehleinschätzungen, Mitarbeiterunzufriedenheit und Kundendistanz. Im internationalen Vergleich ist das Phänomen bei Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz stärker ausgeprägt.

Die Studie »State of Inbound« von HubSpot dokumentiert das Phänomen der »Executive Isolation« im Bereich Marketing und Vertrieb anhand von 6.399 internationalen Umfrageteilnehmern und zeigt, wo die größten Diskrepanzen liegen [1].

»Executive Isolation« bezeichnet die informative und häufig auch soziale Abgeschiedenheit der Chefetage vom Rest der Belegschaft. Tendenziell tritt sie mit zunehmender Größe des Unternehmens stärker zu Tage. Je weiter an der Spitze der Unternehmensführung, desto eher fehlt der Einblick in die alltägliche Arbeitswirklichkeit der Mitarbeiter und letztlich auch die Kundenbedürfnisse. Auf der Führungsseite kann das Fehleinschätzungen generieren und schlimmstenfalls den Erfolg des Unternehmens gefährden, die Mitarbeiterseite wiederum kann von der Einsicht in strategische Entwicklungen ausgeschlossen und schnell frustriert sein. Dabei muss nicht unbedingt böser Wille hinter einer Entscheidung stecken, die von »oben« nach »unten« durchgedrückt wird und dabei an der Arbeitsrealität vorbeiführt, häufig mangelt es schlicht an besserem Verständnis.

 

Top-Management fehlt Einsicht in Marketing- und Vertriebsalltag

Die HubSpot-Studie belegt diesen Bruch im Bereich Marketing und Sales. Bei der Frage, wie viel Zeit Vertriebsmitarbeiter im Schnitt mit der manuellen Dateneingabe verbringen, treten massive Unterschiede zu Tage: Nur 21 % der Vorstände schätzen die Eingabezeit auf über eine Stunde pro Tag, während mehr als doppelt so viele Mitarbeiter (45 %) dies selbst so beziffern.

 

Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei der Frage, woher die besten Leads kommen: Während Führungskräfte auf Vorstandsebene der Meinung sind, dass vor allem Empfehlungen wertvoll seien (43 %), bewerten Mitarbeiter die Recherche durch das Vertriebsteam (46 %) als beste Quelle. Die Wahrnehmungsunterschiede können nicht nur bewirken, dass die Unternehmensführung die falschen Prioritäten setzt, sondern auch, dass die Vertriebsmitarbeiter ihre Arbeit als nicht ausreichend gewertschätzt empfinden. Die Qualität der Marketing-Leads steht bei keinem besonders hoch im Kurs. Offensichtlich mangelt es vielen Unternehmen noch an einer gewinnbringenden Verbindung von Marketing und Vertrieb, um Marketing- und Vertriebsmaßnahmen zu bündeln und die Maßnahmen zu optimieren.

 

»Die ›Executive Isolation‹ kann für Unternehmen eine ernsthafte Bedrohung werden. Wenn das Management nicht weiß, was Mitarbeitern Probleme bereitet, kann es sie auch nicht beheben und die Arbeitsabläufe an der richtigen Stelle straffen. Manuelle Dateneingabe ist in vielen Unternehmen immer noch ein Wachstumshemmnis und könnte mit den richtigen Marketing- und Vertriebstools angegangen werden. Um das in Gang zu bringen, muss das Management diesen Umstand aber auch als solchen erkennen.« Inken Kuhlmann, Senior Manager, Growing Markets, HubSpot

 

Bei DACH-Unternehmen stärker ausgeprägt

Gerade bei den Befragten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt sich, dass die Kluft zwischen der Wahrnehmung von Top-Management und Mitarbeitern größer als im internationalen Vergleich ist. Exemplarisch sieht man dies an der Frage nach der Effektivität der Marketing-Strategie: Während in DACH 77 % der Führungskräfte auf Vorstandsebene die eigene Strategie als wirkungsvoll bewerten, teilen diese Einschätzung nur 51 % der Mitarbeiter – eine Differenz von 26 Prozentpunkten. Die globalen Werte hingegen zeigen einen Wahrnehmungsunterschied von nur 14 Prozentpunkten. Die Gründe können vielseitig sein: Entweder haben Unternehmensleitungen in DACH mitunter ein verklärtes Bild oder sie schaffen es nicht, die Resultate und Erfolge der Marketing-Strategie mit den Mitarbeitern zu teilen. In jedem Fall müssen deutliche Lücken in der Unternehmenskommunikation dieser Diskrepanz zugrunde liegen.

 

Wie entsteht »Executive Isolation«?

Die Isolation der Geschäftsleitung ist eine Folge der hierarchischen Unternehmensstruktur. Je weiter an der Spitze der Unternehmensführung, desto mehr Teilgebiete fallen in den Aufgabenbereich – bei mehr oder weniger gleichbleibenden Arbeitsstunden. In der Folge müssen Inhalte stärker kondensiert und selektiert werden, um den Fokus auf die wichtigsten Themen zu lenken und sich nicht mit Kleinigkeiten aufzuhalten. Für das Top-Management dienen persönliche Assistenten und das Second-Level-Management als Torwächter von Informationen. So kommen scheinbar »unwichtige« Informationen bei der Geschäftsführung nicht an. Beim Blick fürs Ganze bleibt das Detail auf der Strecke.

»Die Kommunikationsstrukturen bei Unternehmen in DACH scheinen häufig noch sehr hierarchisch zu verlaufen und nicht immer allen Unternehmensangehörigen die gleichen Einsichten zu gewähren – mit negativen Auswirkungen sowohl für die Unternehmensleitung wie die Mitarbeiter. Um der ›Executive Isolation‹ entgegenzuwirken, sollten Unternehmen auf eine transparentere Unternehmenskultur und Maßnahmen zum Aufbrechen von starren Strukturen setzen: Meetings mit positionsübergreifenden Teilnehmern und ein offener Umgang können erste Umschwünge in Gang bringen. Aber auch Technologien, die Abteilungen vernetzen und Erfolge von Maßnahmen dokumentieren, können Mitarbeitern wie Top-Management neutrale Informationen und Erkenntnisse liefern.« Christian Kinnear, Managing Director EMEA, HubSpot

 

[1] Für die neunte Ausgabe des jährlichen »State of Inbound« hat der Marketing- und Vertriebssoftware-Anbieter HubSpot 6.399 Marketer und Sales Professionals aus 141 Ländern befragt, darunter 1.782 Teilnehmer aus Europa inklusive 289 Befragten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die vollständigen Ergebnisse der »State of Inbound«-Studie stehen hier zum Download zur Verfügung:
DACH-Ausgabe: www.stateofinbound.com/dach
Internationale Ausgabe: www.stateofinbound.com