Startschuss zum Paradigmenwechsel: Sinn und Unsinn von Agilität – ohne Veränderung kein Erfolg!

Illustration: ArtTower

Einige Unternehmer sehen sich gern als Kopf eines agilen Unternehmens und verbinden damit eine moderne, fast schon hippe Organisationsstruktur. Andere lassen ihre Teams auf sich gestellt arbeiten und bezeichnen dies als agil. Bei diesen Vorgehensweisen wird eines deutlich: So mancher in der Führungsebene weiß nicht, was diese Agilität sein soll, was ein agiles Unternehmen auszeichnet und warum Agilität überhaupt erstrebenswert ist. Dabei ist es grundlegend, dass das Management sich mit dem Ansatz auskennt und erkennt, wie der eigene Betrieb profitieren kann. Es gilt daher, die Chefetage fit für den Paradigmenwechsel in Sachen Unternehmensführung zu machen und sich intensiv mit dem Begriff Agilität sowie zugehörigen Themenfeldern auseinanderzusetzen.

 

Agilität ist weder neu noch eine Modeerscheinung. Projekte mit agilen Grundzügen gibt es bereits über 70 Jahre, seitdem ein Lockheed-Ingenieur innerhalb von 143 Tagen ein komplettes Flugzeug entwickelt hat. Mit dem agilen Manifest 2001 haben agile Methoden richtig Fahrt aufgenommen, der anhaltende Erfolg sorgt für eine rasche Verbreitung in den Unternehmen. Agilität ist so aktuell wie noch nie und jede Führungskraft profitiert davon, sich mit ihr im Detail auseinanderzusetzen. Denn ein agiles Unternehmen hat bessere Strategien, um sich auf dem heutigen globalen Markt erfolgreich zu positionieren und gegenüber der Konkurrenz zu behaupten. Der beste Beweis hierfür ist ein Blick auf bekannte agile Unternehmen: Apple, Amazon und Microsoft haben die Kernpunkte der Agilität verinnerlicht und nutzen diese als Branchenriesen in vollem Umfang.

Agil zu sein, scheint erstrebenswert und ist somit ein Prädikat, das sich jedes Unternehmen gern zuweist. Dass der Begriff dabei bestenfalls schwammig und im schlimmsten Falle nur als Synonym für »beweglich« gilt, ist zumeist nicht bewusst. Daher behaupten viele Firmen mit bestem Gewissen, sie seien agil, sind es aber schlichtweg nicht. Der Grund: Zu Agilität gehört weitaus mehr, als sich nur flexibel zu fühlen.

 

Agilität im unternehmerischen Kontext

Die Agilität ist ein Kind der digitalen Zeit. Vor der Digitalisierung konnten Unternehmen in ihren Nischen mit einer festen Kundschaft überleben und Gewinn erzielen. Aus dieser Zeit stammen viele bewährte Managementmethoden, die bis heute angewandt werden – obwohl sie für die heutigen komplexen Probleme nicht mehr geeignet sind. Ein Unternehmen, welches diese schmerzhafte Erfahrung machen musste, ist Nokia. »Wir haben nichts falsch gemacht und sind trotzdem tot« – dieses sinngemäße Zitat wird der Managementebene zugesprochen. Bis zuletzt haben die Entscheider des einstigen Branchenprimus nicht gemerkt, dass die immer gleichen Methoden letztendlich ungeeignet sind, um die heutigen Probleme zu lösen. Wohl dem, der es besser machen möchte!

Obwohl Agilität viele Definitionen hat und jedes Unternehmen zusätzlich noch eine eigene aufstellt, gibt es einige zentrale Kriterien. Als Synonym für Beweglichkeit oder auch Flexibilität lässt sich Agilität auf die unternehmerische Ebene übertragen. Hier können Organisationen, Personen, Prozesse und Strukturen agil sein. Vereinfacht gesagt, stellt Agilität damit ein Merkmal des Organisationsmanagements dar und ist mit Adjektiven wie proaktiv, antizipativ und initiativ eng verbunden. Eines wird hier ganz klar: Agilität erfordert vorausschauende Aktionen. Eine Unternehmensorganisation, die ausschließlich reagiert, kann nicht agil sein.

Die Wurzeln von Agilität gehen zurück auf die Systemtheorie. In den 50er-Jahren wurde die systematische Betrachtung begonnen, bei der eine sogenannte Metatheorie über allen anderen Organisationen und Strukturen liegt, die jeweils ein geschlossenes System darstellen und wiederum aus einzelnen Systemen bestehen. Diese Systeme interagieren miteinander, wobei Aktionen Reaktionen auslösen. Systeme können beobachten und Beziehungen aufbauen. Das zentrale Ziel eines Systems ist der Selbsterhalt. Wenn dieser gefährdet wird, beispielsweise durch ein Komplexitätsproblem, werden Maßnahmen eingeleitet, um den Erhalt sicherzustellen.

Wenn man das Unternehmen als System betrachtet, ist sein oberstes Ziel das Überleben. Diesem Ziel untergeordnet sind verschiedene Teilziele, wie etwa am Markt zu bleiben, am Markt erfolgreich zu sein, Kunden zufriedenzustellen und Erfolg zu haben. Agile Methoden können helfen, um diese Teilziele zu erreichen – und damit auch das übergeordnete Ziel.

 

Agilität = Erfolgsfaktor

An der vorangegangenen Definition lässt sich ablesen, warum Agilität in aller Munde ist: Ein agiles Unternehmen ist in der Lage, flexibel und zeitnah auf komplexe Probleme reagieren zu können. Das ist in Zeiten der Digitalisierung eine gute Herangehensweise, um mit den rasanten Entwicklungen Schritt zu halten.

Doch, wie jeder Unternehmer weiß, kommt Erfolg nicht von allein: Um agil zu werden, ist ein ganzheitlicher Mindchange mithilfe eines fundierten Change Managements notwendig! Dieser beginnt in der Führungsebene und greift von dort aus auf die verschiedenen Abteilungen über, umfasst alle Mitarbeiter und die betriebliche Organisation. Erst mit diesem Mindchange kann das Unternehmen agil werden.

Um festzustellen, ob ein Unternehmen für den Mindchange bereit ist, gilt es, drei einfache Aussagen zu überdenken:

  1. Wir erkennen ein Problem.
  2. Wir akzeptieren das Problem.
  3. Wir wollen das Problem lösen.

Das klingt auf den ersten Blick simpel, erfordert aber, alte Gewohnheiten abzulegen und neue Wege zu beschreiten. Dafür muss man sich neuen Ideen öffnen und gewillt sein, veraltetes Know-how als dieses zu erkennen und es zu erneuern. Erst wenn dazu die Bereitschaft vorhanden ist, wird es möglich sein, die Transformation hin zu einem agilen Unternehmen erfolgreich anzupacken.

 

Agilität – ein Muss für jedes Unternehmen?

Doch es gibt immer noch Unternehmen, die es sich in ihrer Nische bequem machen und hier kaum Konkurrenz fürchten müssen. Auch für diese Betriebe lohnt sich der Wandel, denn Konkurrenz taucht schneller auf, als einem lieb ist. Denkt man nur an die Taxifahrer, die bisher höchstens untereinander um Kunden buhlen mussten. Gefühlt von einem Tag auf den anderen kam Uber – und damit ein Konkurrent, dem Taxifahrer fast schutzlos ausgeliefert waren.

Die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens – und damit sein oberstes Ziel als System – hängt davon ab, ob und wie es sich neuen technischen Möglichkeiten öffnet und diese für sich nutzt; wie schnell es reagiert und mit der globalisierten, digitalisierten Welt Schritt hält, denn schließlich ist die Konkurrenz für jeden Kunden nur einen Klick entfernt.

Wer konkurrenzfähig bleiben und seine Kunden langfristig an sich binden will, muss bereit sein, neue Wege zu beschreiten und sich komplexen Problemen mit einer individuellen Palette an agilen Tools zu stellen.

Somit gibt es kaum Branchen, die von Agilität nicht profitieren können. Vielmehr müssen sich einige Branchen, wie etwa der Handel, gezwungenermaßen mit Agilität auseinandersetzen, um überhaupt mit den Branchenriesen mithalten zu können.

 

Artikelserie Agilität – Alle Informationen Schwarz auf Weiß

Agilität ist keine Modeerscheinung, sondern eine notwendige Basis, um den Unternehmenserfolg zu sichern. Wichtig ist hierfür die Bereitschaft, den Ist-Zustand des Unternehmens grundlegend zu ändern. Denn Agilität kann nur gelingen, wenn man diese als ganzheitlichen Mindchange von der Führungsetage aus im gesamten Unternehmen etabliert.

Nun kommen natürlich Fragen auf: Welche Modelle gibt es? Wie geht man überhaupt vor? Wie kann die Organisation aussehen? Wie wird die Wandlungsfähigkeit (Organizational Readiness) konkret in Unternehmen hergestellt? Und: Wie ist der Ausblick für die Zukunft?

Anhand dieser Fragen kann die Führungsebene eines jeden Unternehmens die Vorteile und die Herangehensweise an das Thema Agilität für sich bewerten und den individuellen unternehmerischen Nutzen daraus ziehen. Dabei können externe Berater helfen, die mit einem objektiven Blick das Unternehmen begutachten und daraus die Planung und Durchführung der notwendigen Transformation ableiten können. Denn eines ist gewiss: Agilität ist nicht nur ein Hype, es ist die Zukunft – und für diese muss man bereit sein!

Gerd Kanzleiter, IT-Management, CONSILIO GmbH

www.consilio-gmbh.de

 

 

 

Dieser Beitrag ist der erste einer sechsteiligen Artikelserie.
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