3 Tipps für das Recruiting von Data Scientists im Retail

Illustration: Absmeier

Spätestens seit dem E-Commerce-Boom sucht der Einzelhandel händeringend nach Data Scientists – noch mit mäßigem Erfolg. Dabei sind Daten das Lebenselixier des modernen Einzelhandels. Um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, müssen Retail-Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt das tun, was sie in ihrem Kerngeschäft am besten können: ihr Angebot auf die Zielgruppe zuschneiden. Michael Feindt, strategischer Berater beim Supply-Chain-Spezialisten Blue Yonder, gibt Personalerinnen und Personalern im Bereich Retail drei konkrete Tipps, um die begehrten Fachkräfte zu finden und zu binden.

 

Marketing personalisieren, Produktportfolio schärfen, Retouren prognostizieren, Pricing und Empfehlungen optimieren – all dies gelingt führenden Einzelhändlern auf Basis von intelligent ausgewerteten Daten. Data-Analytics-Verfahren versetzen Retailer in die Lage, das Customer Engagement auf Basis von Echtzeitdaten zu verbessern – anstatt, wie noch häufig, nur anhand von historischen Prognosen. Via Data Mining können Einzelhändler zudem identifizieren, welche Incentives und Verbesserungen am Point of Sale den meisten Erfolg versprechen.

Doch wer schreibt die Algorithmen, um aus der Flut an Kundendaten echte Customer Insights zu destillieren? Aus einer Bitkom-Umfrage zum IT-Fachkräftemangel lässt sich ableiten: Alleine in Deutschland blieben im Jahr 2021 rund 6.720 Data-Scientist-Stellen vakant. Auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren Einzelhändler mit Unternehmensberatungen, IT-Dienstleistern, Banken und Forschungsinstituten. Die wenigsten Data Scientists würden ihren Traumarbeitgeber aktuell im Retail-Sektor verorten. Dies zeigt: Der Einzelhandel muss dringend seine Recruiting-Strategie überdenken, um im War for Talents gegen intuitiv attraktivere Arbeitgeber zu bestehen.

Was können Personaler im Bereich Retail also konkret tun? Der erste Schritt ist es, die eigenen Anforderungen sowie die der Wunschkandidaten besser zu verstehen.

 

  1. Bewerbungsverfahren und Kandidatenprofile modernisieren

Data Science ist eine relativ junge Profession. Wer also in der Stellenanzeige Dekaden von Berufserfahrung oder Spezialisierungen in veralteten Programmiersprachen verlangt, rekrutiert an der Realität des Arbeitsmarktes vorbei. HR-Verantwortliche sollten sich also besonders bei diesem Berufszweig genau überlegen: Welche Skills sind tatsächlich ein »must have« und welche ein »nice to have«?

Vorteilhaft ist auch eine Aufgeschlossenheit gegenüber Ausbildungslaufbahnen und Karrierepfaden abseits der Konvention. Schließlich tummeln sich viele Quereinsteiger unter den Data Scientists.

Nicht zuletzt punkten auch Arbeitgeber im Retail-Bereich, wenn sie das Bewerbungsverfahren für Kandidaten so unkompliziert wie möglich gestalten. Neben klassischen Stellenplattformen sind Karrieremessen, Universitäten, Konferenzen und soziale Netzwerke wie LinkedIn als Touchpoints zu potenziellen Fachkräften nicht zu unterschätzen.

 

  1. Pionierrolle attraktiv kommunizieren

Gerade weil Retail-Unternehmen noch nicht zu den naheliegendsten Arbeitgebern für Data Scientists gehören, müssen sie umso mehr auf ein passendes Employer Branding achten. Wird die Data-Scientist-Stelle oder die zugehörige Abteilung im Unternehmen neu geschaffen? In einer solchen Pionierrolle würden sich erstaunlich viele Data Scientists wohl fühlen – vorausgesetzt, sie wird attraktiv kommuniziert und die Kandidaten bekommen eine klare Vorstellung davon, wie ihre Tätigkeit die Gesamtstrategie des Unternehmens vorantreibt.

 

  1. Das passende Arbeitsumfeld schaffen

Data Scientists scheuen keine neuen Pfade – vorausgesetzt, der Pfad ist klar umrissen. Arbeitgeber im Retail-Bereich müssen ihre Erwartungshaltung an Data Scientists klar kommunizieren und ihnen die nötigen Tools, Ansprechpersonen und Schnittstellen zur Verfügung stellen, um diese Erwartungshaltung effektiv zu erfüllen.

Wissensdurst ist ein zentrales Merkmal der Berufsgruppe Data Scientist. Langfristig attraktive Arbeitgeber adressieren diesen Wissensdurst gezielt – durch unbürokratische Weiterbildungsmöglichkeiten, Entwicklungsperspektiven und Möglichkeiten zum Austausch mit anderen Experten.

Neben flexiblen Arbeitszeiten, Remote-Work-Optionen und einer guten Work-Life-Balance gehört zu einem attraktiven Arbeitsumfeld für Data Scientists auch ein angemessenes Einstiegsgehalt. Dieses liegt der Arbeitgeberbewertungsplattform kununu zufolge für Data Scientists zwischen 46.500 und 55.800 Euro jährlich.

Die gute Nachricht: Retail-Unternehmen müssen auf der Suche nach Data Scientists das Recruiting-Rad nicht neu erfinden, sondern können sich an Best Practices aus dem Bereich HR orientieren.

 

Über Michael Feindt
Prof. Dr. Michael Feindt ist als Gründer und Chief Scientist der Kopf hinter Blue Yonder, einem der weltweit führenden Unternehmen für Articifial Intelligence Lösungen im Handel. Während seiner langjährigen Forschungstätigkeit an den größten Elementarteilchen-Beschleunigern der Welt entwickelte er den NeuroBayes-Algorithmus, der heute in vielen Geschäftsprozessen von Handelsunternehmen zur Automatisierung von operativen Entscheidungen eingesetzt wird. Als Chefstratege von Blue Yonder entwickelt er das Produktportfolio des Unternehmens weiter und leitet die wissenschaftlichen Aktivitäten auf globaler Ebene. So stellt er sicher, dass die kombinierte Technologie für Kunden weltweit verfügbar ist.