Die Wahl des Internetproviders ist bei Verbrauchern eng mit dem Thema Netzneutralität verbunden. Sie finden priorisierte Angebote zwar attraktiv, der freie und gleichberechtigte Zugang zu allen Internetangeboten bleibt aber unantastbares Grundrecht.
Eine digitale Überholspur für diejenigen, die tiefer in die Tasche greifen, könnte das Ende des Internets bedeuten, so wie wir es derzeit kennen. Eine mögliche Aufhebung der Netzneutralität bringt Internetaktivisten, Blogger, Politiker und Lobbyisten auf die Barrikaden.
Verbraucher, oftmals bei dieser Debatte außen vorgelassen, sehen einen gleichwertigen und unbegrenzten Zugriff auf das Internet als ein Grundrecht. In Deutschland stimmen 78 Prozent der Internetnutzer dieser Aussage zu. Eine repräsentative Studie von WIK-Consult, YouGov und Deloitte im Auftrag von BEREC (The Body of European Regulators for Electronic Communications) bestätigt diese Ergebnisse in fünf untersuchten EU-Ländern [1]. Laut der Mehrheit der befragten Verbraucher sollte jeder das Recht haben, auf alle Inhalte und auf sämtliche Anwendungen zuzugreifen, die online zur Verfügung stehen (81 Prozent Kroatien; 81 Prozent Tschechische Republik; 87 Prozent Griechenland; 72 Prozent Schweden; 84 Prozent Deutschland).
Überholspur für bestimmte Einrichtungen
Dennoch findet die Idee einer digitalen Überholspur im Internet zumindest für bestimmte Einrichtungen bei den meisten Verbrauchern in Europa Anklang. Mindestens jeder Zweite ist der Ansicht, dass der Internetverkehr von Regierungen oder offiziellen Institutionen wie Polizei, Feuerwehr oder von Krankenhäusern priorisiert werden sollte, selbst wenn dies für Verbraucher kurzzeitig zu einer langsameren Internetverbindung führt (60 Prozent Kroatien; 58 Prozent Tschechische Republik; 63 Prozent Griechenland; 68 Prozent Schweden; 50 Prozent Deutschland). Besonders überraschend: Für viele Befragte ist es in Ordnung, wenn Anwendungen für einige Nutzer priorisiert werden, sofern sie für diesen Service auch mehr bezahlen (63 Prozent Kroatien; 69 Prozent Tschechische Republik; 58 Prozent Griechenland; 50 Prozent Schweden; 47 Prozent Deutschland).
»In Bezug auf das Internet verlangen User einen uneingeschränkten Zugang und eine gute Verbindungsqualität sowohl für sich selbst als auch für andere«, erklärt Dr. René Arnold (Abteilungsleiter bei WIK-Consult und Projektleiter der Studie). »Aber die Netzneutralität ist für sie nicht der Heilige Gral«, so Arnold weiter. Abweichungen von der Netzneutralität ermöglichen vielmehr Chancen für die zukünftige Vermarktung von qualitätsdifferenzierten Diensten für den Internetzugang in den eigenen vier Wänden. Während solche Angebote beim mobilen Internetzugang schon lange vorhanden sind, ist noch nicht klar, wie die Verbraucher auf solche Angebote für ihren Internetanschluss zu Hause reagieren.
Kaufentscheidungen
Insgesamt beeinflussen solche Produkteigenschaften, die das Thema Netzneutralität betreffen, die Hälfte aller Kaufentscheidungen. So sind neben dem Preis besonders Datenvolumina, Zugang zu Videostreaming-Portalen und Download-Geschwindigkeit wichtig. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass es von entscheidender Bedeutung ist, wie Internetprovider die neuen Serviceangebote gestalten und kommunizieren. »Die Verbraucher legen beim Thema Fairness eine ausgeprägte Sensibilität an den Tag. Sie sind sich darüber im Klaren, dass qualitätsdifferenzierte Services nicht nur den Nutzer betreffen, der für sie bezahlt, sondern auch weitreichende gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen können.«, sagt Dr. Anna Schneider, Senior Consultant bei YouGov. »Dies ist eine wichtige Erkenntnis für Internetprovider, denn die Netzneutralität ist eines der wenigen Themen, die Verbraucher zum Wechseln bewegen«, so Schneider weiter. Laut Studie würden in Deutschland 89 Prozent der Befragten ihren Anbieter wechseln, sollte dieser das Datenvolumen für den Internetanschluss zu Hause begrenzen. In den anderen Ländern ist dieser Anteil etwas geringer (84 Prozent Kroatien; 78 Prozent Tschechische Republik; 86 Prozent Griechenland; 79 Prozent Schweden).