Das Jahr 2024 für die Werbebranche: Retail-Media-Aufschwung, Big-Tech-Schwund und Cookie-Aus

Illustration Absmeier foto freepik

Der weitere Aufstieg von Retail Media, ein schwindender Einfluss der Big-Tech-Unternehmen und der endgültig bevorstehende Abschied von Third-Party-Cookies sind Themen, die die digitale Werbebranche 2024 beschäftigen werden. Swen Büttner, Managing Director Germany bei der Plattform MGID (https://www.mgid.com), hat einen Blick in die Glaskugel gewagt und benennt drei Entwicklungen, die im kommenden Jahr ganz besonders im Fokus stehen werden.

 

Der Einfluss der Big-Tech-Firmen auf das digitale Werbeökosystem könnte schwinden

Dies könnte zu den guten Nachrichten des Jahres 2024 zählen: Einiges spricht dafür, dass der Einfluss der Tech-Riesen auf das digitale Werbe-Ökosystem kleiner werden könnte. So werden in den USA beispielsweise eine Reihe von Kartellverfahren gegen Big-Tech-Firmen wie Google, Meta und Amazon fortgesetzt. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass auch die EU die Vorgehensweise gegen marktbeherrschende Unternehmen verschärfen wird. Dies gilt selbst für Apple – ein Unternehmen, das durch seinen vergleichsweisen datenschutzfreundlichen Ansatz normalerweise nicht im Fokus der Aufsichtsbehörden steht. Erste Umwälzungen sind bereits erkennbar, etwa in Form der werbefreien Abos von Meta. Und es ist zu erwarten, dass es 2024 gerade im Bereich der viel kritisierten Werbemodelle der großen Technologieunternehmen zu weiteren Umbrüchen kommen wird.

Bedeutet das nun automatisch, dass mehr Marketingbudget ins Open Web fließen wird? Einerseits können Advertiser, die qualitativ hochwertige Zielgruppen erreichen möchten, auf zuverlässige Plattformen für ihre Mediaplanung zurückgreifen. Diese wurden von Premium-Publishern und Netzwerken entwickelt, die sich bereits seit Jahren mit First-Party-Strategien beschäftigt haben und somit bestens auf die Cookie-Abschaffung vorbereitet sind. Andererseits ist zu bedenken, dass durch den Aufstieg von Retail-Media-Netzwerken neue Walled Gardens entstanden sind. Diese sind gut aufgestellt, um Budgets abzugreifen, die etwa von bisherigen Social-Media- und Search-Ads umgeschichtet werden sollen. Wie auch immer dies im Detail ausgeht: 2024 wird auch diesbezüglich ein Jahr des Wandels sein.

 

Das Aus für Third-Party-Cookies: Advertiser haben noch Nachholbedarf

Für Cookies wird es 2024 endgültig ernst. Google hat sich darauf festgelegt, die Unterstützung von Third-Party-Cookies in Chrome bis Ende des Jahres zu beenden. Zwar ist in manchen Regionen durch mögliche Einwände von Aufsichtsbehörden zwischenzeitlich der Eindruck entstanden, es könnte zu einer erneuten Verschiebung der Deadline kommen. Allerdings sehen die aktuellen Google-Planungen nach wie vor das vierte Quartal 2024 als spätesten Zeitpunkt. Wer also immer noch darauf hofft, die Suche nach alternativen Methoden für Targeting und Attribution in Chrome auf die lange Bank schieben zu können, wird 2024 aller Voraussicht nach eine böse Überraschung erleben.

Nachholbedarf haben hier vor allem die Advertiser, die die Dringlichkeit der Situation häufig erst noch erkennen müssen. Auf Publisher-Seite wurde oft bereits gute Vorarbeit geleistet, um die Voraussetzungen für eine Cookie-freie Infrastruktur zu schaffen: Von universellen ID-Lösungen über kontextbezogenes Targeting bis hin zur Aktivierung von First-Party-Daten bei der Zusammenstellung von Zielgruppen. Die treibende Kraft war hier bislang auf der Sell-Side zu finden. 2024 ist es jetzt an der Buy-Side, entsprechend aufzuholen und sich intensiv mit dem vielfältigen Angebot an Cookie-freien Lösungen zu beschäftigen.

 

Retail Media wird zu den großen Gewinnern zählen

Retail Media hat einen geradezu kometenhaften Aufstieg erlebt und momentan spricht alles dafür, dass sich dies auch so fortsetzen wird. 2024 wird Retail Media der neue Walled Garden sein, zu dem jeder im digitalen Werbeökosystem Zutritt erhalten möchte. Zu den größten Verlierern dieser Entwicklung wird vermutlich der Bereich Suchmaschinenmarketing zählen. Denn Marketingverantwortliche möchten aus dem steigenden Volumen an Suchanfragen Kapital schlagen, die direkt innerhalb von Shops und E-Commerce-Plattformen starten. Hinzu kommt: Integrationen mit Kanälen wie Connected TV (CTV) und Onlinemedien, die 2023 gestartet wurden, werden die Reichweite von Retail Media auch im Bereich Offsite-Targeting ausbauen und eine noch deutlich größere Dimension erreichen.

Unter den Gewinnern werden Ad-Tech-Unternehmen mit Lösungen sein, die zu diesen Expansionszielen des Retail-Media-Segments passen. Dazu zählen beispielsweise ID-Lösungen, datenschutzkonforme Clean Rooms und Treueprogramme. Vermutlich werden diese Plattformen 2024 damit beginnen, ihre exklusive Datenbasis für äußerst lukrative Markforschungs- und Analyse-Angebote zu nutzen – über den reinen Einkauf und Verkauf von Anzeigenplätzen hinaus. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass sich Amazon in seinem Streben nach Wachstum übernimmt, was kartellrechtliche Maßnahmen auf den Plan rufen könnte. Letztlich führt dies möglicherweise dazu, dass der Retail-Media-Bereich abgeschottet oder sogar vollständig von dem größeren Werbe-Ökosystem abgespalten wird.

»Aus vielen Gesprächen mit Marktteilnehmern in Deutschland und Europa hören wir derzeit die Hoffnung heraus, dass der Einfluss der großen Technologieunternehmen künftig abnimmt. In erster Linie käme dies innovativen lokalen und regionalen Playern zugute, die von mehr Transparenz und Fairness im digitalen Werbe-Ökosystem profitieren würden«, sagt Swen Büttner. »Letztlich wird vieles hier 2024 und in den kommenden Jahren von Entscheidungen aus Brüssel und der jeweiligen Reaktion der Tech-Giganten selbst abhängen. Mit Blick auf das nahende Ende der Third-Party-Cookies ist vor allem auffällig, dass Publisher in aller Regel besser vorbereitet sind als Advertiser. Selbst wenn es zu einer nochmaligen Verschiebung käme, besteht hier 2024 dringender Handlungsbedarf.«

Weitere Informationen finden Sie unter www.mgid.com