Data Science braucht mehr als Data Scientists – Brücke zum Business

Wer sich die Digitalisierung wirklich zu eigen machen will, muss das Thema Datenmanagement strategisch angehen. Viele Unternehmen verfolgen hier jedoch bislang nur halbherzige Ansätze.

Chaos und Disruption, die datentechnisch in vielen Unternehmen heute herrschen, lassen keinen Zweifel aufkommen: Jede größere Organisation braucht inzwischen eine Datenstrategie und sollte das Thema auch nicht auf die lange Bank schieben. Chaotische Zustände sind nicht per se ein Merkmal schlechter Organisiertheit. Vielmehr bleibt nicht aus, dass mit täglich neuen digitalen Technologien, Ökosystemen und Informationsflüssen Datenströme entstehen, die schnell unbeherrschbar werden. In hybriden Umgebungen, in denen Informationen zwischen verschiedenen Ökosystemen hin- und herfließen, kommt noch der Sicherheitsaspekt hinzu – die DSGVO war hier erst der Anfang.

Eine Datenstrategie zu entwickeln und umzusetzen führt dazu, dass Daten vereinfacht und in sinnvolle Bahnen gelenkt werden. So kann man sie für (bessere) Entscheidungen heranziehen und diese anschließend auch automatisiert treffen. Viele Unternehmen haben für solche Aufgaben inzwischen einen Chief Data Officer geschaffen und erklären von sich, sie seien »data-driven«. Es ist ein neues Schlagwort, das folglich jede(r) auf eigene Art und Weise definiert: Daten sollen monetarisiert und zu einem Asset werden. Sie sollen dabei helfen, neue Produkte, Services und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Für Debbie Reynolds, VP of Analytic Tools and Platforms bei Pfizer, etwa heißt es: Alles ist verbunden, Personen und Systeme.

Die fünf Don’ts beim Aufbau einer Datenstrategie

Wie geht man nun strategisch an sein Datenmanagement heran, was sind die Do´s, was die Don´ts? Häufigster Fehler: Unternehmen halten für eine Datenstrategie, was in Wirklichkeit nur eine Komponente davon ist. Fünf typische Fehler sind:

  • Tech-Stack-Strategie: ein technologischer Blueprint, der die perfekte Infrastruktur bereitstellt, aber in keiner Weise die Verbindung und den Nutzen zum täglichen Geschäft markiert und auch nicht erklärt, wie dies in der Praxis umzusetzen wäre.
  • Use-Case-Strategie: Singuläre, coole Use Cases (am besten mit KI-Einsatz), allerdings ohne weiteren Hinweis dazu, wie diese in die Breite skaliert werden könnten.
  • Datenplattform-Strategie: eine Kombination aus 1 und 2 bei der ein Geschäftsbereich eine monolithische Datenplattform aufbaut (Data Management Office) und darin eine Auswahl an Use Cases verwaltet. Auch dies kann wiederum nur Teil des Aufbaus einer Datenstrategie sein.
  • Daten-Asset- und Governance-Strategie: wird derzeit oft verfolgt und basiert darauf, dass die IT erkannt hat: Die Datenhoheit gehört in das Business. So werden Ownership, Governance, Rollen und Verantwortlichkeiten rund um die Daten definiert, das heißt, ein Blueprint zur Definition und Verwaltung wertvoller Datenbestände wird erstellt. Eine vollständige Datenstrategie ist dies aber auch noch nicht.
  • Capability-Development-Roadmap-Strategie: Entwurf einer Roadmap mit verschiedensten Best Practices und Fähigkeiten.

Allen Ansätzen gemein ist, dass sie eher nach innen gerichtet sind. Was ihnen fehlt, ist der Außenblick (in das gesamte Unternehmen hinein und über seine Grenzen hinweg) und eine Antwort auf die grundsätzliche Frage, warum man sich mit dem ganzen Thema überhaupt beschäftigt.

Worauf kommt es also an bei der richtigen Datenstrategie?

  • Eine umfassende Datenstrategie bildet eine Brücke von der Firmenstrategie hin zu allem, was mit Daten zu tun hat: Data Governance, Data Management und Data Development. Sie setzt Erkenntnisse in greifbare und konkrete Geschäftspunkte und Maßnahmen um, etwa in neue Produkte oder Dienstleistungen. Sie umfasst Metriken (KPIs) und wird vom ersten Tag an gemessen.
  • Sie kombiniert Geschäftsnutzen, menschliche Erkenntnisse und technische Möglichkeiten und basiert auf einem tiefen Verständnis der internen und externen Kräfte im Unternehmen. Deshalb muss sie zwischen allen Beschäftigten und Teams im gesamten Unternehmen entwickelt werden. Sie lernt kontinuierlich und passt sich schnell an Änderungen des äußeren Umfelds an.
  • Von der Strategie zur Roadmap: Jede Datenstrategie braucht eine gute Story, damit Datenmanagement in der Praxis vorankommt. Sie fasst Entscheidungen in einem verständlichen Format zusammen und kehrt eigene Einschränkungen und Grenzen, die ihrer Umsetzung im Weg stehen, nicht unter den Tisch. So treibt sie die alltägliche Arbeit und Arbeitsweise, einschließlich damit verbundener Verhaltensänderungen, konstant voran.

Wer für sein Unternehmen eine funktionierende, zeitgemäße Datenstrategie entwickeln will, sollte sich daher nicht im Studierstübchen vergraben. Er muss dorthin gehen, wo Daten in echte Geschäftsprozesse eingehen und ein multidisziplinäres Team bilden, ohne dies funktioniert es nicht. Data Science alleine mit Data Scientists bleibt blutarm – es braucht den Input von Menschen, die etwas vom Geschäft, vom Kunden verstehen.

 


Florian Disson,
Managing Director Germany
von Solita

 

 

Illustration: © Softulka/shutterstock.com