Deutsches Recruiting handwerklich gut, aber zu oberflächlich

  • Studie 2022/23 zeigt: Arbeitgeber locken vermehrt mit Homeoffice und Gesundheitsangeboten.
  • Vier von zehn Unternehmen kommunizieren ihren Corporate Purpose.
  • Mobile Bewerbung meist möglich, aber zu aufwändig für Bewerbende.
  • Kommunikation über alle Kanäle und Medien (Videos, Testimonials, Social Media), authentisches Storytelling jedoch ausbaufähig.
  • OTTO ist Deutschlands BEST RECRUITER 2022/23 vor KPMG und der Bundesagentur für Arbeit.

 

Die größte Recruiting-Studie im D-A-CH-Raum hat zum 11. Mal die deutsche Recruiting-Qualität unter die Lupe genommen. Die Analyse zeigt: Deutsche Rekrutierende reagieren auf veränderte Anforderungen von Bewerbenden. In Stellenanzeigen thematisieren sie verstärkt ihre Angebote im Bereich Homeoffice und Gesundheit, insgesamt rückt der Organisationssinn und Organisationszweck als Differenzierungsmerkmal in den Vordergrund. Längst etabliert sind im Employer Branding hierzulande Videos, Testimonials und Social Media. Optimierungspotenziale hingegen bieten authentische Berichte aus dem Arbeitsalltag sowie der mobile Bewerbungsprozess: Wer sich kurzentschlossen über das Smartphone bewerben möchte, wird oft ausgebremst.

 

Ergebnisse in den Erhebungskategorien (Prozent der maximal möglichen Punkte). Quelle: BEST RECRUITERS Deutschland 2022/23 (n=252 Arbeitgeber)

 

 

Die Ergebnisse der 252 untersuchten deutschen Recruiting-Abteilungen liegen generell über dem D-A-CH-Durchschnitt. Ihre Stärke liegt dabei nach wie vor im Einsatz sozialer Medien (83 %), die sie für die passgenaue Zielgruppenansprache nutzen. Einen deutlichen Vorsprung haben sie sich im deutschsprachigen Raum außerdem in Sachen Usability der Online-Stellenanzeigen erarbeitet – und hinterlassen damit einen guten Eindruck beim oft ersten Kontakt von Jobsuchenden mit dem Unternehmen.

Weniger gut schneiden sie beim neuen Kriterium Mobile Usability ab, welches etwa darstellt, wie einfach es ist, sich über ein mobiles Endgerät zu bewerben. Hier erzielen deutsche Arbeitgeber nur 36 % der maximal möglichen Punktzahl.

 

Mehr Fokus auf Remote Work und BGM

Die Veränderung der Prioritäten im HR-Bereich durch die Pandemie ist nachhaltig spürbar – und messbar. So findet man in Stellenanzeigen verstärkt Informationen zu Arbeitsort-Flexibilität sowie Gesundheit. Beinahe die Hälfte (48 %) der untersuchten Stellenanzeigen weist mittlerweile auf die Möglichkeit zum ortsunabhängigen Arbeiten hin. Maßnahmen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement werden ebenfalls von 50 % der Arbeitgeber kommuniziert. »Im gesamten deutschsprachigen Raum legen Arbeitgeber heute mehr Wert darauf, ein gesundes und flexibles Arbeitsumfeld zu schaffen, das den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden entspricht. Die Zuwächse liegen hier jeweils bei mehr als zehn Prozent«, erklärt Studienleiterin Agnes Koller.

 

Mobile Bewerbung oft zu aufwendig

Karriere-Websites (99 %), Stellenmärkte und Online-Stellenanzeigen (jeweils 98 %) sind in Deutschland nahezu flächendeckend für mobile Geräte optimiert. Ebenso bieten 98 % der analysierten deutschen Arbeitgeber ein mobiles Bewerbungsformular (Vorjahr: 89 %). In der Praxis stoßen Bewerbende hier aber häufig auf Hürden: So fordern etwa 44 % der Arbeitgeber die Erstellung eines Bewerbungsaccounts. Ein Account kann bei mehreren Bewerbungen für denselben Arbeitgeber zwar von Vorteil sein, ist jedoch vielen Jobsuchenden zu umständlich.

Im weiteren Schritt stellt die Bewerbungsübermittlung oft ein Hindernis dar: Bei 44 % der mobilen Bewerbungsformulare müssen Jobinteressierte mehr als 20 Felder per Smartphone ausfüllen, in der D-A-CH-Region liegt der Durchschnitt bei »bequemeren« 35 %.

 

Jobs mit Sinn gesucht

Immer mehr Menschen legen Wert darauf, den Sinn in ihrer Arbeit zu erkennen und etwas zu einem übergeordneten Ziel beizutragen, wie beispielsweise das Arbeitsbarometer 2023 von Randstad zeigt. Bereits 40 % der Arbeitgeber nutzen den Corporate Purpose, um sich im Wettbewerb um Fachkräfte zu differenzieren, und kommunizieren ihn auf ihrer Karriere-Website. Gut ein Fünftel von ihnen geht auch in den Stellenanzeigen darauf ein (22 %).

 

Hochglanz vor Authentizität?

»Potenzielle Bewerbende wollen außerdem wissen, wie der Arbeitsalltag tatsächlich abläuft. In Form persönlicher Geschichten und Erfahrungen lässt sich dies greifbar vermitteln«, erläutert Studienleiterin Koller. »Unternehmen werben vermehrt mit flexibler Arbeitszeitgestaltung, allerdings ist dieser Begriff nicht konkret genug, es braucht Praxisbeispiele.« Während deutsche Arbeitgeber mit Testimonials (80 %), Videos (74 %) und umfangreichen Social-Media-Aktivitäten (s. o.) ihre Arbeitgebermarke auf Hochglanz poliert präsentieren, gelangt die authentische Kulturvermittlung in Form von Storytelling ins Hintertreffen – im Zusammenhang mit Arbeitszeitmodellen wird dies nur von 5 % praktiziert.

 

Die Top-10-Arbeitgeber in Deutschland:

 

  1. OTTO (GmbH & Co KG)
  2. KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
  3. Bundesagentur für Arbeit
  4. Gothaer Versicherungsbank VVaG
  5. Randstad Deutschland GmbH & Co. KG
  6. Hays AG
  7. Fresenius SE & Co KGaA
  8. Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA
  9. AVANTGARDE EXPERTS GmbH
  10. ConSol Consulting & Solutions Software GmbH

 

Weiterführende Informationen zur Studie
Die Präsentation der Studienergebnisse sowie die Auszeichnung der Top-Recruiting-Abteilungen 2022/23 aus 21 Branchen findet in Form von Branchenvideos statt, die von 4. bis 8. September auf YouTube veröffentlicht werden. Diese sind hier verfügbar.
Fokus 2023/24: Individualisierung im Recruiting
Im kommenden Studienjahrgang wird unter anderem die Analyse der individuellen Ansprache ausgesuchter Zielgruppen weiter verfeinert, außerdem das Portfolio untersuchter Bewerbungs- sowie Social-Media-Kanäle erweitert. Arbeitgeber, die Teil der Untersuchung sein möchten, können bereits jetzt ein Opting-in für den kommenden Studienjahrgang stellen und Vergleichsarbeitgeber nominieren.
Über BEST RECRUITERS
Seit 2011 untersucht BEST RECRUITERS jährlich die Recruiting-Qualität der Unternehmen in Deutschland. Initiiert wurde die Studie 2010 in Österreich, 2013 folgte die Erweiterung in die Schweiz und Liechtenstein. Der Kriterienkatalog wird laufend überarbeitet und in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Studienbeirat an aktuelle Entwicklungen im HR-Bereich angepasst. Im Studienjahrgang 2022/23 wurden 287 Kriterien aus 10 Kategorien entlang der Candidate Journey erhoben. Diese umfassen die Karriere-Website, Mobile Recruiting, Initiativen im Social Web sowie Inhalt und Usability von Job-Inseraten. Auch der direkte Kontakt mit Bewerbenden wird beleuchtet: Hierfür werden Bewerbungen sowie Anfragen an jedes Unternehmen / jede Institution der Stichprobe geschickt und die Rückmeldungen in Bezug auf Zeitrahmen und Inhalt analysiert. Die Auswertung erfolgt in einem dreibändigen Studienbericht, der alle Ergebnisse mit Grafiken und Diagrammen visualisiert, aufschlüsselt und mithilfe ausgewählter Benchmarks und Best Practices Optimierungsempfehlungen für Recruiting-Verantwortliche bietet. Für überdurchschnittliche Recruiting-Leistungen vergibt BEST RECRUITERS Gold-, Silber- und Bronze-Zertifikate sowie Qualitätssiegel.