Digitale Gesundheitsplattformen unterstützen beim Management chronischer Krankheiten

Illustration: Geralt

Chronische Krankheiten sind Berichten zufolge die Ursache für fast 90 Prozent aller Todesfälle und führen zu einem Verlust von etwa 87 Prozent der gesunden Lebensjahre in der Europäischen Union. Auch in Deutschland ist in den letzten Jahren ein exponentieller Anstieg chronischer Krankheiten zu verzeichnen. Herzinfarkt, Bluthochdruck, Arthrose sowie die ambulante Behandlung von Krebs- und chronischen Lungenerkrankungen verursache die größte Gesundheitsbelastung in Deutschland.

 

Für chronisch Kranke bedeutet eine persönliche Behandlung einen erhöhten und länger andauernden Versorgungsaufwand sowie Ausgaben aus eigener Tasche, unter anderem für Medikamente oder Hilfsmittel. Abgesehen von der enormen finanziellen Belastung sind diese Personen aufgrund des potenziellen Produktivitäts-/Einkommensverlusts oft auch emotional stark belastet. Sie sind manchmal sogar von der arbeitenden Bevölkerung abgeschnitten und können keinen Beitrag zur Wirtschaft leisten. Das Ergebnis ist eine höhere Abhängigkeit von den Sozialversicherungssystemen. Das deutsche Krankenversicherungssystem steht solidarisch allen Menschen zur Verfügung. Gleichzeitig stehen die Anbieter jedoch auch unter großem Druck, die steigende Nachfrage nach patientenorientierter Versorgung zu befriedigen. Schon bevor Covid-19 die Situation verschärfte, gab es einen Mangel an medizinischem Personal.

 

Die Gesundheitsversorgung hat sich nach der Pandemie extrem verändert. In der neuen Normalität sind personalisierte, präventive, prädiktive und partizipative Optionen zur Gesundheitsfürsorge von entscheidender Bedeutung, um die Belastung für Patienten und anderer Beteiligter zu verringern. Für chronisch Kranke liegt der Schlüssel zu einem wirksamen Management ihres Zustands in ihrer Fähigkeit zur Selbstpflege und -kontrolle. Patienten wünschen sich Unterstützung bei der Gesundheitsfürsorge rund um die Uhr, Zugang zu zuverlässigen Informationen über ihre Krankheit, benutzerfreundliche Schnittstellen und Unterstützung auf Abruf. Ihre Bedürfnisse lassen sich zu einem großen Teil von digitalen Plattformen erfüllen, wenn eine traditionelle persönliche Betreuung und Unterstützung nicht möglich ist.

 

Digitale Verwaltung chronischer Krankheiten

Digitale Gesundheitsplattformen können bei der Behandlung einer Vielzahl von chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, chronischen Schmerzen oder Wirbelsäulenerkrankungen sehr effektiv sein. Durch die nahtlose Integration von Echtzeitdaten aus medizinischen Geräten und Wearables sowie weiteren digitalen Geräten, unterstützen diese Devices Ärzte bei der Fernbetreuung des Krankheitsverlaufs eines Patienten. Vor allem aber generieren diese Plattformen personalisierte Erkenntnisse, die dem Einzelnen helfen. Sie sind in der Lage, dessen Fortschritte zu verfolgen und Bewältigungsmechanismen zu korrigieren. Im Wesentlichen heißt dies: Patienten können ihre chronischen Erkrankungen besser selbst managen. Gleichzeitig motivieren sie, eine bessere Lebensqualität zu erreichen.

 

Im Grunde genommen verbessern digitale Gesundheitsplattformen die Qualität der Versorgung und fördern das Engagement der Patienten, da siebessere Ergebnisse liefern. Dazu gehören beispielweise:

 

  • Prävention

Anpassungen an Lebensstil und Ernährung können Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sehr helfen –digitale Lösungen erleichtern dies. Bei Diabetes Mellitus liefert eine Vielzahl intelligenter Geräte, wie kontinuierliche Echtzeit-Glukosemessgeräte, Insulinpumpen, Wearables und tragbare EKGs, wertvolle Patientendaten und KI-gestützte prädiktive Erkenntnisse zur Kontrolle und Aufrechterhaltung der Blutzuckerkontrolle.

 

  • Personalisierung und Partizipation

Moderne medizinische Geräte sind mit digitalen Begleitern ausgestattet, die das Benutzererlebnis auf die Bedürfnisse des jeweiligen Patienten abstimmen. Diese digitalen Begleiter tragen dazu bei, dass sich die Patienten stärker in ihrem eigenen Heilungsprozesses engagieren und ihre Behandlung proaktiv steuern. Darüber hinaus sind sie auch eine kosteneffiziente Möglichkeit, die eigenen Fortschritte zu verfolgen. So müssen Patienten beispielsweise nicht jedes Mal persönlich zu einer Herzuntersuchung in eine Klinik kommen. Stattdessen können sie sich über eine mobile App auf Bluetooth-fähige Herzschrittmacher verlassen, um ihre Herzdaten abzurufen und zu verfolgen. Außerdem können digitale Gesundheitsplattformen zusätzlich als Coaches fungieren, die Patienten mit chronischen Schmerzen durch Übungen führen.

 

  • Prädiktive Erkenntnisse

In Bereichen wie der Wirbelsäulenbehandlung verbessern sich die Behandlungsergebnisse erheblich, wenn digitale Gesundheitsplattformen in Rückenmarkstimulatoren integriert werden, die zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Gesundheitsdienstleister können das Gerät bei jedem Patienten überwachen, außergewöhnliche oder störende Muster in den Gesundheitsdaten erkennen und die Einstellungen des Simulators anpassen, um die Schmerzlinderung zu maximieren.

 

Während die Telemedizin in Deutschland nur langsam in Gang kam, wurde sie durch die Pandemie in den letzten Jahren deutlich beschleunigt. Ein Beispiel dafür ist die Einführung von verpflichtenden Online-Sprechstunden für Ärzte, elektronischen Patientenakten und Rezepten. Der Philips Future Health Index 2022 ergab, dass die Verantwortlichen im Gesundheitswesen in Deutschland dem Übergang zur Fernversorgung Priorität einräumen. Sie sind empfänglicher für die Einführung digitaler Lösungen für eine nachhaltige Zukunft. Optionen wie die Selbstversorgung und Überwachung, die durch vernetzte medizinische Geräte und Online-Gesundheitsplattformen möglich sind, müssen aktiver gefördert werden. Fortschrittliche Schritte wie diese tragen dazu bei, die modernen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung zu bewältigen.

Subhro Mallik, SVP and Global Head, Life Sciences, Infosys