Die digitale Wirtschaft bringt es mit sich: Unternehmen müssen für flexible und schnelle Reaktionen ihr Corporate Intranet neu formieren, indem sie moderne Werkzeuge für Social Collaboration und zum Wissensmanagement einplanen und einsetzen. Außerdem müssen sie unternehmensintern den mit den neuen Werkzeugen einhergehenden kulturellen Wandel nachhaltig meistern.
Stefanie Jaene, freie Journalistin in Bad Camberg, hat sich mit Stefan Pradel, Senior Berater Digital Enterprise bei Materna, darüber unterhalten, was Unternehmen für einen zeitgemäßen Intranet-Auftritt im eigenen Geschäftsinteresse einplanen und umsetzen sollten.
Wieso ist der Einsatz von Social-Collaboration- und Wissensmanagement-Werkzeugen im firmeneigenen Intranet für Unternehmen so wichtig?
Durch die digitale Wirtschaft sind alle Beteiligten, also Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden, gefordert, effizienter miteinander zu kommunizieren und ohne Verzug untereinander Informationen auszutauschen. Dafür müssen die Unternehmen nicht nur auf Werkzeuge für Social Collaboration und zum Wissensmanagement zurückgreifen, sondern auch die zugrundeliegenden IT-Systeme und Prozesse dem neuen Handlungsparadigma anpassen.
Was bedeutet dies aus Sicht der Mitarbeiter?
Jeder von ihnen muss dazu in die Lage sein, aus dem Kontext seines Aufgabenumfelds heraus zu kommunizieren und mit anderen zusammenzuarbeiten, unabhängig davon, von wo aus er agiert und welches Endgerät er dafür nutzt. Dafür müssen den Mitarbeitern zur Bewältigung ihrer Aufgaben alle notwendigen Innen- und Außenkontakte sowie Informationen zu Gebote stehen. Umgekehrt sollten die Ergebnisse ihrer Kommunikation und Zusammenarbeit in eine interne Datenbank einfließen, um so sukzessiv ein umfassendes, leicht zugängliches Unternehmenswissen herauszubilden.
Die Unternehmen stehen somit vor einer kompletten Erneuerung ihres Intranet-Auftritts, sowohl was die technische als auch die organisatorische Ausrichtung betrifft?
Nein, kein Unternehmen fängt bei Null an. In den meisten Unternehmen hat das Intranet bereits ein oder zwei Evolutionsstufen durchlaufen. Viele Social-Funktionen sind bereits vorhanden. Beispiele dafür sind Newsfeeds, Kommentarfunktionen und Bewertungsmöglichkeiten. Zudem wurden erste Anwendungen und Prozesse ins Intranet integriert, um diese Social-Funktionen in Gang zu setzen.
Allerdings sind die meisten Unternehmen bisher nicht über eine Intranet-Plattform hinausgekommen, über die vorrangig redaktionelle Inhalte bereitgestellt und gemäß dem Push-Prinzip verteilt werden können. Einschränkend kommt hinzu, dass ein Großteil der unternehmensinternen Kommunikation über E-Mail, Telefon oder persönliche Kontakte stattfindet. Das bringt für das Unternehmen weitere Nachteile mit sich.
Welche weiteren Nachteile sind das?
Die Mitarbeiter recherchieren umständlich nach Informationen, weil ihnen das interne Unternehmenswissen nicht oder nur schwierig zugänglich ist. Das, was als Unternehmenswissen vorhanden ist, liegt verteilt, ungeordnet und intransparent auf vielen Datei-Servern. Chaotische Verzeichnis- und Rechtestrukturen erschweren zusätzlich den Zugriff auf das interne Wissen. Auch bei der Außenkommunikation müssen Unternehmen beim Stand der aktuellen Intranet-Technik gravierende Nachteile hinnehmen. Die eingesetzten Systeme und Speicher sind meist Insellösungen. Somit haben jeweils nur wenige Mitarbeiter Zugriff auf begrenzte Informationen, um sie für Geschäftspartner und Kunden zu nutzen.
Wie sollte die grundsätzliche Konzeption des Intranet aussehen, um all diese Nachteile auszuräumen?
Was die Unternehmen brauchen, ist eine integrierte Lösung für die Kommunikation und Zusammenarbeit sowie die Zusammenstellung und Pflege von Inhalten, um so sukzessiv das Unternehmenswissen anzureichern und für alle Beteiligten zugänglich zu machen. Neue Konzepte, so zur automatischen Erzeugung von Metadaten (Tagging) und zur Umsetzung eines Navigationssystems für eine gezielte Recherche innerhalb der zentral erzeugten Wissensdatenbasis, sind dafür prägend.
Wie findet das Unternehmen zum richtigen Zuschnitt des Social-Collboration- und Prozess-Portals?
Am Anfang sollte eine eingehende Anforderungsanalyse stehen. Anhand dieser Analyse wird nicht nur der aktuelle Reifegrad der eingesetzten Intranet-Techniken deutlich, sondern auch, was aufbauend darauf alles getan werden sollte, um das neue Social-Collaboration- und Wissensmanagement-Zeitalter einzuleiten. Im Verlauf des Projekts müssen Kollaborationsbereiche abgesteckt, persönliche Arbeitsbereiche nachvollzogen, redaktionelle Inhalte geschaffen, Mechanismen zur Recherche innerhalb der zentralen Wissensdatenbasis eingeführt und digitale Prozesse und Workflows eingerichtet werden. Natürlich sollte sich die redaktionelle Pflege der Intranet-Plattform zwecks eingänglicher Nutzung eng an den Corporate-Design-Vorgaben des Unternehmens anlehnen.
Darüber hinaus steht die Auswahl geeigneter Social-Collaboration- und Wissensmanagement-Werkzeuge an. Sie sind der Türöffner dafür, um direkt aus dem persönlichen Kontext der aktuellen Aufgabe in die Kommunikation und Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Geschäftspartnern oder Kunden einzutreten.
Welche Werkzeuge empfehlen Sie?
Die Collaboration-Software SharePoint in Kombination mit Skype for Business (vormals Lync), beides aus dem Hause Microsoft, ist derzeit wohl die geeignetste Lösungsumgebung für die Herausbildung einer Information-Worker-Plattform. Mittels der Funktion Desktop Sharing können Mitarbeiter gemeinsam Dokumente bearbeiten, dabei Inhalte des eigenen Desktops präsentieren, somit unmittelbar aus dem eigenen Arbeitskontext heraus in die Kommunikation und Zusammenarbeit verzweigen. Integrierte Social-Collaboration-Funktionen fördern die Zusammenarbeit und das Teilen von Wissen, indem Nutzer aus ihrem Arbeitskontext heraus jederzeit Personen, Inhalten und Dokumenten folgen können.
Zudem wartet SharePoint mit einer leistungsstarken Suchtechnologie für Recherchen in der zentralen Wissensdatenbasis auf. Sie ermöglicht es den Mitarbeitern, zu ihrem Arbeitskontext gezielt und schnell passende Inhalte aufzufinden und abzurufen, unabhängig davon, von wo und über welches Endgerät sie zugreifen. Über das Zusammenspiel von Suchtechnologie und persönlichen Profilseiten werden über alle Mitarbeiter das Unternehmenswissen und das Skill-Manangement sukzessiv ausgebaut.
Darüber hinaus steht mit SharePoint und Skype for Business eine Unified-Communications-Lösung zur Verfügung. Über sie können Mitarbeiter per Mausklick unter anderem den Anwesenheitsstatus von Kollegen einsehen, um anschließend mit ihnen direkt per Chat, Voice-over-IP oder Videotelefonie in Interaktion zu treten.
Wie kann das Unternehmen den mit der neuen Intranet-Plattform einhergehenden Wandel meistern? Immerhin ändert sich damit vieles: Kommunikationskultur, Arbeitsprozesse, Pull statt Push, Führungsstile.
Der Wandel ist nur mit einem professionellen Change-Management zu stemmen. Wichtig ist, dass die gesamte Organisation das Intranet als zentrale Instanz zum Einstieg in eine neue Kommunikations- und Informationswelt begreift. Dazu gehört auch, vor der Einführung einer solchen Plattform die Mitarbeiter in die Nutzung der neuen Angebote und Werkzeuge einzuweisen. Zusätzliche Anreize können durch ein flankierendes Projekt-Marketing und Maßnahmen wie Videos der Geschäftsleitung, Erfolgsgeschichten, Flyer, kleine Aufmerksamkeiten und Videoclips von Kollegen gesetzt werden, die positiv über erste Erfahrungen berichten. Nicht zu vergessen: Social Collaboration und Wissensmanagement sind eine langfristige Strategie. Diese Strategie muss im Unternehmen kontinuierlich weiterentwickelt werden, um so die Bearbeitungszeiten und Prozessdurchlaufzeiten immer wieder den Veränderungen, die gerade das digitale Geschäft mit sich bringt, anpassen zu können.
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