Mittelstand hat kaum Kontakt zu Start-ups

■  Zwei Drittel der Mittelständler arbeiten nicht mit Start-ups zusammen.

■  Vor allem Großunternehmen entwickeln gemeinsam mit Start-ups Produkte.

■  Große Mehrheit der Start-ups ist offen für eine Zusammenarbeit.

Illustration: Geralt Absmeier

Etablierte Mittelständler kennen den Markt und verfügen über innovative Produkte, junge Start-ups setzen auf frische Ideen und neueste digitale Technologien. Wenn beide zusammenkommen, profitieren davon sowohl die Unternehmen als auch die deutsche Wirtschaft. Soweit die Theorie. In der Praxis fehlt es Unternehmen quer durch alle Branchen an Kontakten mit Start-ups. 6 von 10 Unternehmen (61 Prozent) ab 20 Mitarbeitern geben an, dass sie überhaupt nicht mit Start-ups zusammenarbeiten. Unter den Mittelständlern mit 50 bis 499 Mitarbeitern beträgt der Anteil sogar 66 Prozent. Dagegen verzichten nur 4 von 10 Unternehmen (41 Prozent) mit 500 oder mehr Beschäftigten auf die Zusammenarbeit mit Start-ups. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage zum Stand der Digitalisierung der deutschen Wirtschaft unter 604 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern im Auftrag des Digitalverbands Bitkom [1].

 

»Gerade der Mittelstand tut sich noch häufig schwer damit, die Digitalisierung aktiv zu gestalten und für das eigene Unternehmen zu nutzen. Start-ups können hierbei eine wichtige Unterstützung sein – und sie können zugleich von den Erfahrungen und Kontakten der etablierten Unternehmen profitieren«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

 

Rund jedes dritte Unternehmen (30 Prozent) kooperiert lose mit Start-ups, etwa durch Zusammenarbeit bei Gründerwettbewerben. Jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent) gibt an, mit Start-ups gemeinsam Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln. Bei den kleineren Unternehmen mit 20 bis 49 Mitarbeitern beträgt der Anteil allerdings nur 6 Prozent, im Mittelstand mit 50 bis 499 Mitarbeitern sind es 11 Prozent und bei größeren Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sogar 22 Prozent.

 

Und nur 9 Prozent der Unternehmen sind finanziell an Start-ups beteiligt – und auch hier zeigt sich je nach Größe ein eklatanter Unterschied. Während nur 6 Prozent der Unternehmen mit 20 bis 49 Mitarbeitern Start-up-Beteiligungen halten, sind es im Mittelstand mit 50 bis 499 Mitarbeitern bereits 19 Prozent und bei den großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sogar rund jedes zweite (48 Prozent). Berg: »Gerade kleinere Unternehmen sollten den Versuch wagen, Kooperationen mit Start-ups einzugehen. Es gibt inzwischen fast überall in Deutschland entsprechende Orte und Gelegenheiten der Vernetzung und nicht zuletzt die Digital-Hub-Initiative der Bundesregierung.«

 

Die große Mehrheit der Start-ups arbeitet bereits mit etablierten Unternehmen zusammen, wie eine Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 300 Start-up-Gründern zeigt. So geben 3 von 5 (60 Prozent) Gründern an, dass gemeinsam Produkte oder Dienstleistungen entwickelt werden, 2 von 5 (43 Prozent) arbeiten auf andere Art, etwa bei Gründerwettbewerben lose mit etablierten Unternehmen zusammen. Und immerhin sind an jedem fünften Start-up (21 Prozent) etablierte Unternehmen finanziell beteiligt. Nur 14 Prozent sagen, dass es gar keine Zusammenarbeit gibt – und 4 Prozent wollten oder konnten dazu keine Angaben machen.

 

Start-ups, die nicht mit etablierten Unternehmen zusammenarbeiten begründen dies am häufigsten damit, dass sie unabhängig bleiben wollen (48 Prozent). Rund jedes Dritte (36 Prozent) sieht in einer Kooperation keinen Mehrwert, rund jedes Vierte (29 Prozent) hat kein konkretes Projekt, bei dem sich eine Zusammenarbeit anbietet. Rund jeder fünfte Gründer (21 Prozent) gibt allerdings auch an, dass etablierte Unternehmen kein Interesse an einer Zusammenarbeit hätten, 17 Prozent sagen, dass sie keinerlei Kontakt zu ihnen hätten. Und 14 Prozent der Gründer verweisen darauf, dass sie keine Zeit für solche Kooperationen hätten, 7 Prozent fehlt es an den notwendigen finanziellen Mitteln.

 

[1] Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben sind zwei Umfragen, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden zum einen Geschäftsführer und Vorstände von 604 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ. Die Fragestellung lautete »Wie würden sie das Verhältnis Ihres Unternehmens zu Start-ups der Internet- und Digitalbranche beschreiben?«. Zum anderen wurden 302 IT- und Internet-Start-ups in Deutschland befragt. Die Fragestellungen lauteten »Wie würdet Ihr euer Verhältnis zu etablierten Unternehmen beschreiben? Mit etablierten Unternehmen sind Mittelständler ebenso gemeint wie Konzerne oder Global Player« und »Warum arbeitet euer Start-up nicht mit etablierten Unternehmen zusammen?«

 


 

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