Nachhaltigkeit – 5 Tipps für »grüne« Rechenzentren

Die Corona-Pandemie hat die fortschreitende Digitalisierung weiter beschleunigt: Ob privat oder beruflich, viele Aufgaben und Tätigkeiten lassen sich inzwischen online erledigen. Laut einer Studie von ARD und ZDF nutzten 2021 fast 67 Millionen Deutsche das Internet, bei den unter 50-Jährigen waren es sogar 100 Prozent. Grundlage für die ungestörte Nutzung ist eine gut ausgebaute und leistungsfähige Internet-Infrastruktur. Rechenzentren spielen dabei als Knotenpunkte eine Schlüsselrolle.

Doch auch bei Nachhaltigkeitsüberlegungen stehen Rechenzentren immer häufiger im Mittelpunkt. Berechtigter Kritikpunkt ist der hohe Energieverbrauch. Gleichzeitig eröffnen Datacenter aber auch neue Möglichkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels – beispielsweise durch das Nutzen der anfallenden Abwärme. Es gibt noch weitere Ansätze, um Rechenzentren in Richtung NetZero zu bewegen, wie die folgenden Tipps zeigen:

1. Standort
Die Auswahl des Rechenzentrumsstandorts erfolgt nach den Kriterien Konnektivität, Stromversorgung und Sicherheit. Aber auch Nachhaltigkeit spielt eine zunehmend wichtige Rolle. So können Industriegebiete oder Wohnsiedlungen in der Umgebung als Abnehmer für Abwärme dienen. Möglicherweise sind zudem nachhaltige Energiequellen verfügbar. 

In kühleren Gebieten benötigen die Server weniger Kühlung, das spart Strom. Der Nachteil an Regionen wie Nordschweden sind allerdings die großen Entfernungen zwischen Unternehmen und Rechenzentrum und mögliche rechtliche Bestimmungen. Beispielsweise sind bestimmte Unternehmen verpflichtet, ihre Daten in Deutschland abzuspeichern. Auch die Geschwindigkeit der Datenübertragung nimmt mit wachsender Entfernung ab, was zu höheren Latenzzeiten führt.

2. Bauplanung
Um ein Rechenzentrum so nachhaltig wie möglich zu bauen, ist eine effiziente Logistik unabdingbar. Bauabläufe sind im Idealfall so zu koordinieren, dass es keine Überschneidungen oder Leerlaufzeiten gibt. In der Realität sieht das jedoch oft anders aus. Häufig sind bestimmte Materialen überschüssig, während andere nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen. Dadurch werden Arbeitsabläufe beeinträchtigt, und es kommt zu Wartezeiten. Der Bauprozess wird zu einem »Stop and Go«. 

Es ist daher sinnvoll, bestimmte Zeitfenster für die jeweiligen Bauphasen einzuplanen. Erst wenn eine Phase abgeschlossen ist, wird die nächste begonnen. Mit einer spezialisierten Koordinierungssoftware lässt sich genau berechnen, wie viel Zeit die einzelnen Schritte in Anspruch nehmen und welche Materialien und Mitarbeiter wann benötigt werden. Eine so detaillierte Planung hilft, Verzögerungen im Bauprozess zu vermeiden und Ressourcen gezielt einzusetzen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch unnötige Transportwege – und somit Emissionen. 

3. Materialien
Auch die beim Bau verwendeten Materialien können umwelterträglich sein. Bei der Auswahl gibt es unterschiedliche Punkte zu beachten: Zunächst sollte die Lieferkette so grün wie möglich gestaltet werden. Vor allem durch kurze Transportwege lassen sich bereits einige Emissionen einsparen. Des Weiteren empfiehlt sich die Verwendung von recycelten oder erneuerbaren Rohstoffen. Auch bei der technischen Ausstattung gibt es umweltschonende Alternativen.

4. Effiziente Abwärmenutzung
Durch ihre hohen Energieanforderungen stehen Rechenzentren berechtigterweise im Mittelpunkt von Nachhaltigkeitsüberlegungen. Die Energie, die von Rechenzentren verbraucht wird, wird fast vollständig in Wärme umgewandelt und bislang überwiegend ungenutzt an die Umwelt abgegeben. Theoretisch lassen sich etwa 70 Prozent des Stroms, der in einem Rechenzentrum verbraucht wird, als Abwärme wiederverwenden.

Das Umleiten und die Nutzung von Abwärme kann also einen wesentlichen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Auch auf wirtschaftlicher Ebene lohnt sich die alternative Heizquelle. Standorte, die nach wie vor auf klassische Heizmethoden setzen, zahlen einen hohen Preis: Um die entstandenen Emissionen zu kompensieren, müssen kostspielige CO2-Zertifikate erworben werden. Durch den Ausbau eines Nahwärmenetzwerks lässt sich die Abwärme von Datenzentren in unmittelbarer Nähe nutzen. Dies fängt im Kleinen an, mit der Heizung des eigenen Rechenzentrums, und kann so weit gehen, dass ganze Stadtteile oder umliegende Industriegebiete die Abwärme nutzen. Gerade bei der Abnahme hoher Mengen profitieren alle Parteien nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch betrachtet. 

Bei einem Neubau ist es außerdem ratsam, die notwendige Leitungsinfrastruktur und die Einbindung von Wärmeabnehmern frühzeitig in die Planung einzubeziehen. Das gilt auch für einen späteren Anschluss von Wärmeträgern.

5. Kühltechnik
Neben den Servern verbraucht die Kühlung in Rechenzentren ebenfalls viel Energie. Bis zu 60 Prozent des Stromverbrauchs entfallen in einem herkömmlichen Datacenter auf Kühlsysteme, die eine Überhitzung der Geräte verhindern sollen. Viele Standorte greifen bislang auf die konventionelle, stromintensive Luftkühlung zurück. Bei dieser Technik strömt kalte Luft über und um die Hardware. Die anfallende Wärme wird durch einen Austausch der Luft abgeleitet. 

Eine modernere Technik ist die Flüssigkeitskühlung. Insbesondere bei Großrechnern und Supercomputern hat sich diese Methode als äußerst wirksam erwiesen, da Flüssigkeit die Wärme wesentlich besser ableitet als Luft. Wasser beispielsweise weist eine 30-mal höhere Wärmeleitfähigkeit und eine 4-mal höhere Wärmekapazität auf. Bei der Direktwasserkühlung werden außerdem nur empfindliche Komponenten wie Prozessoren und nicht der gesamte Rechner temperiert. Die Abwärme wird anschließend abgeführt und direkt in das Heizungsnetz eingespeist.

Eine weitere Kühltechnik, die aktuell an Beliebtheit gewinnt, ist die Immersionkühlung, auch Tauchkühlung genannt. Hier werden die IT-Komponenten in eine wärmeleitende, aber nicht elektrisch leitfähige Flüssigkeit eingetaucht. Die von den elektronischen Bauteilen erzeugte Wärme wird direkt und effizient an die Flüssigkeit abgeleitet. Durch diese energiesparsame Methode lassen sich sowohl Stromkosten als auch Emissionen reduzieren.

 


Herbert Radlinger,
VP Projects & Solutions,
NDC-GARBE

 

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