Realeinkommen: Auch die unteren Einkommen legen zu

Es ist ein häufig benutztes »Argument« der Schwarzmaler: Die Einkommen der ärmsten 40 Prozent der Deutschen seien seit der Wiedervereinigung real kaum gestiegen. Doch eine neue Studie des IW Köln zeigt, dass dieser Befund wenig robust ist.

 

Wer wissen will, wie es der deutschen Gesellschaft geht, nutzt das Sozio-oekonomische Panel, kurz SOEP – vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. Seit 1984 werden dafür möglichst immer dieselben Personen bezüglich ihrer subjektiven und objektiven Lebensbedingungen befragt – auch zu ihren Einkommen. Um die Repräsentativität zu wahren und detaillierte Analysen für spezifische Teilgruppen zu ermöglichen, wird das SOEP regelmäßig um neue Stichproben ergänzt, beispielsweise von bestimmten Familientypen oder Personen mit Migrationshintergrund. »Diese Ergänzungen sind für viele Fragenstellungen hilfreich«, sagt IW-Ökonomin Judith Niehues. »Doch sie führen eben auch dazu, dass stichprobenbedingte Veränderungen auf Einkommensvergleiche im Zeitverlauf berücksichtigt werden müssen.«

Eine zwischen 2012 und 2013 ins SOEP eingehende Migrationsstichprobe hatte starke Auswirkung auf die Entwicklung der verfügbaren Einkommen. Ohne diesen Sondereffekt wird aus dem Rückgang der Realeinkommen um 3,2 Prozent bei den ärmsten 10 Prozent der Bevölkerung ein Anstieg um 0,5 Prozent; bei den einkommensärmeren 40 Prozent werden aus minus 2,3 Prozent plus 0,7 Prozent. Von 2005 bis 2014 verzeichneten die unteren 40 Prozent damit ein reales Plus von 4,9 Prozent – gegenüber einem durchschnittlichen Zuwachs von 5,6 Prozent bei den oberen 60 Prozent der Einkommensverteilung.

Lässt man einen Einkommenseinbruch bei den ärmsten zehn Prozent zwischen 1993 und 1994 – ebenfalls teilweise bedingt durch eine damals neu eingehende Migrationsstichprobe – außen vor, verschiebt sich das Bild erneut. Die Verschiebung des Startzeitpunkts von 1991 auf 1994 verändert die Einkommensentwicklung bei den unteren 10 Prozent von minus 8,5 auf plus 1,9 Prozent, bei den ärmsten 40 Prozent geht es von 1,0 auf 4,4 Prozent nach oben. »Die Wohlstandsgewinne der vergangenen Jahrzehnte kommen also auch bei den Einkommensschwächeren an«, sagt Niehues. »Seit 2005 haben die unteren Einkommen relativ in nahezu gleichem Maß von der guten Gesamtlage profitiert, wie die mittleren und oberen Einkommen.«

 

 


 

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