Unternehmen erwarten erstmals mehr Jobs durch die Digitalisierung

  • Nur noch jedes sechste Großunternehmen in Deutschland befürchtet einen Verlust an Arbeitsplätzen durch die Digitalisierung.
  • Fast zwei Drittel der Unternehmen halten ihre Mitarbeiter aber für nicht ausreichend qualifiziert für die digitale Transformation.

 

Führt die Digitalisierung in Deutschlands Großunternehmen zu einem Verschwinden oder Entstehen neuer Arbeitsplätze? Unter Wissenschaftlern wird darüber noch gestritten. Zusammen mit der GfK hat Digitalberatung und Company Builder etventure deshalb in persönlichen Interviews repräsentativ die 2.000 größten Unternehmen in Deutschland ab einem Jahresumsatz von 250 Millionen Euro selbst antworten lassen. Das Ergebnis der Studie »Digitale Transformation 2018« (www.etventure.de/innovationsstudien): Eine überwältigende Mehrheit von über 80 Prozent der Unternehmen erwartet stabile bis positive Arbeitsplatzeffekte [1].

Mehr als jeder vierte Konzern oder große Mittelständler (26 Prozent) prognostiziert sogar einen Zuwachs an Arbeitskräften und die Mehrheit von 57 Prozent geht von einer gleichbleibenden Anzahl aus. Nur 17 Prozent sehen dagegen einen Jobabbau voraus. In der Vorjahresstudie hatten noch 20 Prozent einen Abbau von Arbeitsplätzen vorhergesagt und damit die Zahl der Optimisten (19 Prozent) knapp überwogen.

»Die Studienergebnisse zeigen, dass sich die Sicht der deutschen Unternehmenslenker auf die Digitalisierung zunehmend ins Positive wandelt. Wichtig ist es nun, dass auch die Mitarbeiter für das Thema begeistert und bei diesem Veränderungsprozess mitgenommen werden. Neben der Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle ist das die zentrale Herausforderung für die erfolgreiche Bewältigung der digitalen Transformation«, erklärt Philipp Depiereux, Gründer und Geschäftsführer von etventure.

 

Mitarbeiter nicht ausreichend qualifiziert für die Digitalisierung

Doch gerade an diesem Punkt sehen die befragten Unternehmen noch großen Nachholbedarf. Gerade einmal 38 Prozent – und damit sogar vier Prozent weniger als noch im Vorjahr – halten ihre aktuelle Belegschaft für ausreichend qualifiziert für die Veränderungen durch die digitale Transformation.

»Die Digitalisierung führt zu neuen Anforderungen an die Mitarbeiter und schafft völlig neue Jobprofile. Deshalb müssen Unternehmen schon heute massiv in die digitale Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren, um sie auf diesen Wandel vorzubereiten«, so Philipp Depiereux. Die Studie von etventure und GfK liefert weitere spannende Ergebnisse: Zwar sehen sich immer mehr Unternehmen »gut« oder sogar »sehr gut« auf die digitale Transformation vorbereitet. Diese Eigenwahrnehmung steht jedoch im Widerspruch zu den tatsächlichen Herausforderungen der Unternehmen, wie die Befragung weiter zeigt. So legt die Mehrheit der Unternehmen den Fokus auf die Digitalisierung des bestehenden Geschäftsmodells und analoger Prozesse, nicht jedoch auf die Schaffung von digitalem Neugeschäft.

Während die Hälfte der Unternehmen einen starken digitalen Wandel in ihrer Branche prognostiziert, sieht nur jedes fünfte einen ebenso starken Veränderungsdruck beim eigenen Geschäftsmodell. Tech-Konzerne und auch Startups werden in der Regel nicht als Wettbewerbs-Bedrohung gesehen.

 

[1] Über die etventure-Studie »Digitale Transformation 2018 – Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven«:

Anhand des Fragebogens von Digitalberatung und Company Builder etventure wurde durch die GfK eine telefonische Befragung unter rund 2.000 Großunternehmen in Deutschland ab 250 Mio. Euro Jahresumsatz repräsentativ durchgeführt. Der Erhebungszeitraum war vom 18.01.2018 bis zum 16.02.2018. Befragt wurden Entscheider, die mit dem Thema der digitalen Transformation in den jeweiligen Unternehmen befasst sind. Weitere Details zu der Studie erhalten Sie auch unter https://www.etventure.de/innovationsstudien.

 

Infografik: »Digitale Transformation 2018 – Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven«. Quelle: etventure

 


 

Unternehmen wiegen sich bei der digitalen Transformation in Sicherheit – Google und Amazon werden nicht als Wettbewerber erkannt

  • Fast jedes zweite Großunternehmen in Deutschland sieht sich heute als »sehr gut« oder »gut« auf die digitale Transformation vorbereitet.
  • Während die Hälfte der Unternehmen einen starken digitalen Wandel in ihrer Branche prognostiziert, sieht nur jedes fünfte einen ebenso starken Veränderungsdruck beim eigenen Geschäftsmodell.
  • 59 Prozent der Unternehmen sind der Ansicht, dass sie in den kommenden drei Jahren auch ohne jegliche Maßnahmen zur Digitalisierung keine Umsatzeinbußen befürchten müssen.
  • Der digitale Fortschritt am Wirtschaftsstandort Deutschland wird lediglich mit einer Zeugnisnote von 3,3 bewertet.

Illustration: Absmeier, Cocoparisienne

Die digitale Transformation zählt aktuell in fast zwei Drittel (62 Prozent) der deutschen Unternehmen ab 250 Millionen Euro Jahresumsatz zu den drei wichtigsten Firmenzielen. Im Vorjahr waren es erst 50 Prozent, 2016 nur 41 Prozent. Zugleich verbessert sich die Selbsteinschätzung: Sahen sich im Vorjahr erst ein Drittel der Unternehmen »sehr gut« oder »gut« bei der Digitalisierung aufgestellt, sind es jetzt 42 Prozent. Die Resultate der zum dritten Mal mit der GfK durchgeführten repräsentativen Studie geben dennoch Anlass zur Sorge: »Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Diskrepanz zwischen Eigenwahrnehmung der deutschen Unternehmen und den realen Herausforderungen durch die Digitalisierung«, resümiert Philipp Depiereux, Gründer und Geschäftsführer von Digitalberatung und Company Builder etventure [1].

 

Starker Wandel der Branche, aber nicht im eigenen Unternehmen

Dies spiegelt sich auch in den weiteren Ergebnissen der repräsentativen Studie von etventure und GfK wider: So versteht die Mehrheit der befragten Entscheider in deutschen Großunternehmen unter digitaler Transformation primär nur die »Digitalisierung des bestehenden Geschäftsmodells beziehungsweise bestehender analoger Prozesse« (55 Prozent). Nur halb so viele (28 Prozent) nennen dagegen den »Aufbau neuer digitaler Geschäftsmodelle«.

Gleichzeitig sieht annährend jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) die eigene Branche einem »starken« oder sogar »sehr starken« Wandel ausgesetzt. Doch gerade einmal jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) sieht einen ebenso starken Wandel auch beim eigenen Geschäftsmodell voraus.

Philipp Depiereux: »Diese Ergebnisse zeigen, dass zwar viele Unternehmen erste Digitalinitiativen gestartet haben, aber nicht über den inkrementellen Bereich hinauskommen. Wer nur den Fokus auf das bestehende Geschäft legt oder gar nur die IT optimiert, gefährdet die eigene wirtschaftliche Zukunft und Arbeitsplätze. Es geht darum, neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln, die dem technologischen Wandel ebenso wie den sich verändernden Kundenbedürfnissen gerecht werden. Unternehmen müssen ihr eigenes Geschäftsmodell kritisch hinterfragen und mitunter selbst disruptiv angreifen. An dieser Stelle besteht in Deutschland noch enormer Nachholbedarf.«

 

Tech-Konzerne werden stark unterschätzt

Zudem glauben laut etventure-Studie sechs von zehn Unternehmen (59 Prozent), dass sie in den kommenden drei Jahren auch ohne jegliche Maßnahmen zur digitalen Transformation keine Umsatzeinbußen befürchten müssen. Außerdem richtet sich der Blick der Unternehmen noch immer vorwiegend auf die Konkurrenz aus der eigenen Branche: Gerade einmal 22 Prozent sehen in Tech-Konzernen wie Google oder Amazon die größte Wettbewerbsbedrohung der Zukunft und lediglich sieben Prozent nehmen Start-ups als ernsthafte Konkurrenz wahr. Und generell werden die Auswirkungen der digitalen Transformation nach Auffassung der Hälfte der befragten Unternehmen (51 Prozent) frühestens in drei Jahren sichtbar.

»Die Tech-Unternehmen und Start-ups sind heute die gefährlichsten Angreifer. Beispiele wie Netflix, Uber oder AirBnB zeigen, wie digitale Quereinsteiger mit neuen Geschäftsmodellen die Kundenschnittstelle besetzen und innerhalb kürzester Zeit ganze Industrien ins Wanken bringen können«, so Philipp Depiereux. »Was bislang vor allem die B2C-Branche erfahren musste, droht auch anderen, klassischen Industrien. Die Traditionsunternehmen aus dem B2B-Bereich müssen sich die Erfolgsrezepte der digitalen Player – Schnelligkeit, Datenkompetenz und kundenzentrierte Methodik – zu eigen machen, wenn sie nicht Stück für Stück vom Markt verdrängt werden und die Schnittstelle zum Kunden verlieren wollen.«

 

Haupthindernis ist die Verteidigung bestehender Strukturen

Die etventure-Studie zeigt auch, warum es Großunternehmen in Deutschland die Umsetzung der digitalen Transformation noch immer schwerfällt. Als größte Hürde wird »die Verteidigung bestehender Strukturen« durch die Mitarbeiter im Unternehmen genannt (58 Prozent), gefolgt von »mangelnder Erfahrung bei nutzerzentriertem Vorgehen«. Ein von Jahr zu Jahr wachsendes Hemmnis stellen zudem blockierende Sicherheitsanforderungen dar: Nannten 2016 erst etwa ein Drittel der Unternehmen dieses Argument und waren es 44 Prozent in 2017, klagt jetzt schon fast jede zweite Firma (48 Prozent) darüber. Hinzu kommen Zeitmangel, fehlende Flexibilität und Geschwindigkeit sowie zu viele Entscheidungsebenen, die einer schnellen Digitalisierung im Wege stehen.

Somit kämpfen die deutschen Großunternehmen weiterhin mit den gleichen internen Hemmnissen, obwohl das Thema Digitalisierung mittlerweile im Großteil der Unternehmen (68 Prozent) von der Chefetage gesteuert wird – direkt durch den Geschäftsführer oder CEO, zumindest aber aus einem Geschäftsführungs- oder Vorstandsbereich heraus. Erst jede siebte Firma hat hingegen einen Chief Digital Officer (CDO) ernannt, der die digitale Transformation hauptverantwortlich im Unternehmen steuert.

 

Unternehmen mit externen Digitaleinheiten sind die Ausnahme

Für die Umsetzung der digitalen Transformation setzen die befragten Unternehmen zunehmend auf die Einrichtung eines firmeneigenen Digital-Labors: Fast jedes zweite befragte Unternehmen (44 Prozent) verfügt heute schon über eine eigene interne Digitaleinheit. Im Vorjahr waren es erst 33 Prozent und 2016 erst 30 Prozent. »Dieses Ergebnis, einhergehend mit den genannten Hemmnissen, bestätigt unsere jahrelange Erfahrung, dass Innovationen im Sinne neuer digitaler Geschäftsmodelle niemals innerhalb eines Unternehmens erfolgreich entwickelt werden können«, erläutert Philipp Depiereux. »Um die Bewahrungskräfte im Unternehmen zu umgehen, empfehlen wir die Gründung einer Digitaleinheit außerhalb der Kernorganisation. Dort können Innovations- und Digitalprojekte unabhängig von der Unternehmensbürokratie, von Compliance-Bedenken, juristischen Fragen und ähnlichen Hindernissen entwickelt werden. In diesem »geschützten Raum« kann dann auch eine neue Herangehensweise – weg von einer ingenieursgetriebenen Entwicklung, hin zu einem schnellen und radikal nutzerzentrierten Vorgehen – konsequent verfolgt werden.« Den Schritt, die Digitaleinheit aus dem Unternehmen auszugliedern und damit fernab der Kernorganisation als externes Tochterunternehmen aufzubauen, wählen tatsächlich nur acht Prozent der Unternehmen.

 

Note 3,3 für den digitalen Wirtschaftsstandort Deutschland

Für die Studie sollten die deutschen Großunternehmen nicht nur ihre eigene Digitalisierung und die ihrer Branche einschätzen, sondern auch den digitalen Fortschritt in Deutschland insgesamt bewerten. Deren Urteil fällt kritisch aus: So vergeben die befragten Entscheider für die Digitalisierung in Deutschland im Durchschnitt nur eine Zeugnisnote von 3,3. Lediglich jedes fünfte Unternehmen sieht den Wirtschaftsstandort Deutschland »sehr gut« oder »gut« aufgestellt. Dagegen bewerten 25 Prozent die Digitalisierung hierzulande als »ausreichend«, 13 Prozent gar als »mangelhaft«. Großen Nachholbedarf sehen die befragten Unternehmen vor allem bei den politischen Themen Breitbandausbau, digitale Bildung im Rahmen der Schulausbildung, bei der Digitalisierung der Verwaltung sowie bei der Förderung und Entwicklung digitaler Schlüsseltechnologien.

[1] Über die Studie »Digitale Transformation 2018 – Hemmnisse, Fortschritte, Perspektiven«
Anhand des Fragebogens von Digitalberatung und Company Builder etventure wurde durch die GfK eine telefonische Befragung unter rund 2.000 Großunternehmen in Deutschland ab 250 Mio. Euro Jahresumsatz repräsentativ durchgeführt. Der Erhebungszeitraum war vom 18.01.2018 bis zum 16.02.2018. Befragt wurden Entscheider, die mit dem Thema der digitalen Transformation in den jeweiligen Unternehmen befasst sind. Weitere Details zu der Studie erhalten Sie auch unter https://www.etventure.de/innovationsstudien.

 

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