Zwei EU-Verordnungen = doppelter Umweltschutz?

Illustration Absmeier foto freepik

Es existieren viele verschiedene Wege, mit denen die Kreislaufwirtschaft in der Gesellschaft gefördert werden kann: Steuererleichterungen, Stärkung der Kreislaufbeschaffung und Sensibilisierungskampagnen, um nur einige Beispiele zu nennen. Eine weitere Möglichkeit ist die Gesetzgebung. Die EU hat in den letzten Jahren viele Regelungen in Sachen Nachhaltigkeit auf den Weg gebracht.

Ein aktuelles Beispiel im IT-Sektor hierfür ist die Standardisierung des USB-Typ-C-Anschlusses zum Aufladen zahlloser elektrischer Geräte. Es erleichtert den Verbrauchern den Ladeprozess, da nur mehr ein einziges Kabel für verschiedene Produkte benötigt wird, wodurch sich gleichzeitig die Menge an Elektroschrott effektiv reduziert. Nachhaltigkeitszertifizierungen wie TCO Certified setzen fordern schon seit vielen Jahren eine Standardisierung auf USB Typ-C.

Was eine solche EU-Gesetzgebung noch interessanter macht, ist die Tatsache, dass eine Entscheidung der EU sich auch auf den Rest der Welt auswirkt. Denn es ist für Hersteller nicht praktikabel, separate Produkte für Europa zu produzieren. So hat Apple beispielsweise den Lightning-Anschluss bereits im neuen iPhone 15 aufgegeben und stattdessen den USB-Typ-C-Anschluss eingeführt.

Ein weiterer Bereich, in dem die EU die nachhaltige Entwicklung vorantreibt, ist die Gestaltung von Produkten. Ziel der sogenannten Ökodesign-Richtlinie ist es, Produkte haltbarer und leichter reparierbar zu machen. Im aktualisierten Entwurf der Richtlinie gibt es einen speziellen Passus zu Batterien, der besagt, dass Batterien bzw. Akkus in Produkten leichter zu ersetzen sein müssen.

Dieser spezielle Abschnitt ist der Schlüssel dazu, dass Produkte länger in Gebrauch bleiben. Denn eine schlechte Akkulaufzeit ist ein Hauptgrund dafür, dass etwa Notebooks und Smartphones zu früh ausgetauscht werden. Ein modularer Ansatz macht es einfacher, die Lebensdauer eines Produkts zu verlängern.

Denn es gilt zu bedenken, dass 80 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen im Verlauf der Lebensdauer eines Notebooks allein auf die Herstellungsphase entfallen. Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts macht der Akku bei der Lebenszyklusanalyse des Fairphone 4 nur 3 bis 6 Prozent des gesamten CO2-Fußabdrucks aus. Der Austausch von ICs und Leiterplatten sorgt für viel größere Kohlendioxidemissionen. Es liegt also auf der Hand, dass der Austausch des Akkus und die damit verbundene Verlängerung der Lebensdauer des Smartphones eine sehr wirksame Methode zur Verringerung des jährlichen Kohlendioxid-Ausstoßes ist. Der Vorschlag zur Aktualisierung der Ökodesign-Richtlinie gibt den Herstellern jedoch die Möglichkeit, die Forderung nach einer leichten Austauschbarkeit zu umgehen, wenn sie Geräte mit einem langlebigen Akku ausstatten.

Kürzlich ist zudem eine neue Vorgabe für Batterien in Kraft getreten, die sogenannte Batterieverordnung in der Batterierichtlinie. Diese konzentriert sich stärker darauf, dass die Batterie leicht austauschbar sein muss. Die Batterieverordnung verfolgt einen umfassenden Lebenszyklus-Ansatz, bei dem Beschaffung, Herstellung, Verwendung und Recycling in einer einzigen Rechtsvorschrift behandelt werden. Und sie besagt, dass die Verbraucher in der Lage sein sollten, die Batterien in vielen ihrer elektronischen Produkte einfach zu entfernen und zu ersetzen. Dadurch wird die Lebensdauer dieser Produkte verlängert, die Wiederverwendung gefördert und ein Beitrag zur Verringerung des Elektroschrotts geleistet.

Die Ökodesign-Richtlinie fußt auf einem allgemeineren Ansatz, der Batterien einschließt. Die Batterieverordnung bezieht sich allerdings nur auf Batterien. Die letztgenannte Verordnung ist strenger als der Vorschlag in der Ökodesign-Richtlinie und erlaubt keine Alternative, die es den Smartphone-Herstellern ermöglichen würde, ihre Akkus nicht einfach ersetzen zu müssen, solange sie langlebig genug zur Erfüllung der Vorgabe sind.

Schritte, die die Entwicklung hin zu nachhaltigeren IT-Produkten beschleunigen, sind generell positiv zu erachten. Angesichts der fortschreitenden Elektrifizierung sind Batterien folglich auch eine Priorität der EU – und für Nachhaltigkeitszertifizierungen zweifelsohne ebenso. Dass Produkte länger in Gebrauch bleiben, ist aus Nachhaltigkeitsperspektive von großer Bedeutung. Jedoch sollten politische Entscheidungsträger, Anforderungen an die Langlebigkeit mit Anforderungen an die Reparierbarkeit verbinden, anstatt den Herstellern ein Schlupfloch zu bieten. Um die Batterien leicht austauschbar zu machen, ist ein modularer Ansatz erforderlich. Dies kann für viele Hersteller eine Herausforderung darstellen und kostspielig sein. Allerdings ist es ein großer Schritt in Richtung nachhaltigerer Produkte und weniger Elektroschrott.

Andreas Nobell, Development Manager bei TCO Development, der Organisation hinter der weltweit führenden Nachhaltigkeitszertifizierung für IT-Produkte, TCO Certified.