Alle UCC-Tools aus einer Hand – »Wenn etwas wirklich wichtig ist, greifen die meisten Menschen zum Telefon«

Florian Buzin, CEO beim Karlsruher UCC-Hersteller STARFACE, verrät im Interview, welchen Stellenwert die Telefonie in der Welt nach der Pandemie einnimmt – und was Anwender heute von einer UCC-Plattform erwarten.


Die Pandemie und das hybride Arbeiten haben die Art und Weise, wie wir kommunizieren, nachhaltig verändert. Digitale Kanäle und Videokonferenzsysteme sind heute allgegenwärtig – hat in dieser neuen Welt die klassische Telefonie noch einen Platz?

Natürlich! Der klassischen Telefonie kommt im breiten Mix der Kommunika­tionskanäle nach wie vor eine Schlüsselrolle zu. Auch wenn sich ein Teil der täglichen Kommunikation auf neue Plattformen verlagert hat, gilt nach wie vor: Wenn etwas wirklich wichtig ist, greifen die meisten Menschen zum Telefon. Gleichzeitig beobachten wir aber in der Tat eine rasante Veränderung in der Art und Gewichtung der Kommunikationskanäle. So haben sich Video-Meeting-Lösungen in der Pandemie sehr schnell als der einzige Kanal etabliert, über den wir von Angesicht zu Angesicht mit Kunden und Kollegen in Kontakt bleiben konnten, und auch Chat- und Messenger-Dienste setzen sich als komfortable asynchrone Kanäle zunehmend durch. Wir als UCC-Anbieter beobachten diese Ent­wicklungen natürlich sehr genau, und tragen den neuen Kommunikationsanforderungen mit neuen Produkten und Services Rechnung.

 

Florian Buzin,
CEO bei STARFACE

 


Wie hat sich denn das Portfolio des etablierten TK-Anlagenherstellers STARFACE in den vergangenen Jahren verändert?

Nun, mit Blick auf die vielen neuen Arbeitsmodelle, die sich über alle Unternehmensgrößen hinweg durchsetzen, brauchen Kunden ein deutlich höheres Maß an Flexibilität. Daher legen wir einen wesentlich stärkeren Fokus auf agile Cloud-Lösungen. Auch wenn wir nach wie vor sehr erfolgreich Hardware-Appliances vermarkten, machen agile und skalierbare Cloud-Dienste im Neugeschäft inzwischen über 50 Prozent aus. Zum anderen achten wir darauf, die STARFACE-Plattformen offen, modular und hochgradig individualisierbar zu halten: Wir arbeiten mit allen großen Endgeräteherstellern zusammen, Basis unserer Software ist mit Linux ein offenes Betriebssystem und wir geben unseren Partnern Tools an die Hand, um STARFACE mit Modulen zu erweitern. So können wir jedem Kunden genau die STARFACE bieten, die er wünscht und benötigt.


Die Community kann über die Module also aktiv Funktionalitäten implementieren? 

 Genau. Schließlich wissen unsere Partner am besten, was ihre Kunden wünschen. Und weil die Community bei uns sehr gut vernetzt ist, werden aus Projekten entstandene Module auch bereitwillig untereinander geteilt. Niemand muss also das Rad neu erfinden. Wie gut das in der Praxis funktioniert, haben wir letztes Jahr mit unserem Modul zur Microsoft-Teams-Inte­gration gezeigt: Ein findiger Partner hat eine Lösung entwickelt, mit der sich unsere wichtigsten Telefonie-Features direkt in der MS-Teams-Oberfläche einbinden und die Ruflisten und Präsenzmeldungen der beiden Systeme synchronisieren lassen. Das war natürlich eine Option, die bei Kunden in ganz Deutschland sehr hoch im Kurs stand – und die inzwischen über alle Partner erhältlich ist.


STARFACE und MS Teams können bei Ihren Kunden also ­koexistieren? 

Ja, das funktioniert sehr gut. Und als etablierter deutscher Hersteller können wir ja durchaus eine ganze Reihe eigener Stärken ins Feld führen. Ganz oben auf der Liste steht natürlich das Siegel »Made in Germany«. Bei uns heißt das: Wir entwickeln und produzieren nicht nur in Deutschland, sondern bieten Kunden auch persönliche Beratung und Betreuung, kurze Kommunikationswege, schnelle Logistik, sorgfältige Qualitätskontrolle und zeitnahe Feedbackschleifen. Außerdem sind wir auch Teil der Initiative »Cloud Services made in Germany«, garantieren also, dass unsere Cloud-Dienste ausschließlich in Deutschland gehostet werden und alle deutschen Security- und Compliance-Vorgaben einhalten. Das sind Argumente, die bei hiesigen Unternehmen wirklich ziehen.


Im April hat STARFACE nicht nur die neue Anlagengeneration STARFACE 8 vorgestellt, sondern auch den Launch der neuen STARFACE App für Windows gemeldet. Was macht die neue App anders? 

Die neue App ist aus unserer Sicht ein echter Gamechanger. Sie baut auf den Stärken der Vorgänger-Version auf, richtet sich aber noch viel konsequenter nach den Anforderungen des Nutzers. Die Anwender können ihre favorisierten Kommunikationskanäle, Apps, Features und webbasierten Anwendungen jetzt nach Belieben auf sogenannte Workspaces verteilen und innerhalb dieser Frames frei anordnen. So kann sich jeder Mitarbeiter genau die Kommunikationszentrale zusammenstellen, die ihn im Alltag optimal unterstützt, und mit der er am produktivsten arbeitet.


STARFACE bietet neben der App, dem Softphone und der Anlage inzwischen ja auch Video-Conferencing-Lösungen, SIP-Trunks und DSL-Anschlüsse. Ist es das Ziel, sich als »Digital Workspace«-Komplettanbieter zu etablieren?

Ein Stück weit schon. Die Supply Chains in unserer Branche sind ja sehr komplex und nicht immer transparent. Wenn bei einem Projekt die Endgeräte, die Plattform, der Trunk, die Anschlüsse und das Hosting von fünf verschiedenen Unternehmen kommen, ist ein effektives Qualitätsmanagement nur schwer möglich. Bei Problemen mit den Features oder der Sprachqualität kommt es schnell zum Finger Pointing – und das Troubleshooting verzögert sich. Hinzu kommt, dass es mit jedem neuen Beteiligten zu neuen Reibungsverlusten kommt – etwa, weil vertraute Features an einem neuen SIP-Trunk plötzlich nicht mehr unterstützt werden. Daher arbeiten wir schon seit einigen Jahren daran, unseren Kunden alle UCC-Tools aus einer Hand zu bieten, um eine tiefe Integration zu ermöglichen und die Qualität kontrollieren zu können.


Ist das auch der Hintergrund des Zusammenschlusses mit estos und TeamFON?

Ja, der Gedanke hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Die Akquisitionen bieten darüber hinaus zahlreiche Vorteile: Erstens natürlich mit Blick auf die Stärkung unserer Marktstellung. Zweitens mit Blick auf die Erweiterung unseres Produktportfolios und auf die erwarteten Synergieeffekte. Und drittens konnten wir im Zuge der Zusammenschlüsse auch unsere Entwicklungs- und Personalkapazitäten nachhaltig ausbauen – in der heutigen Zeit ein ungemein wichtiger Faktor, der allen Kunden unmittelbar zugutekommt.


Welche Pläne hat STARFACE in der nahen Zukunft?

Nach dem erfolgreichen Launch der STARFACE App für Windows steht bei uns aktuell die Überarbeitung der App für MacOS ganz oben auf der Roadmap. Diese wird in der Community bereits sehnsüchtig erwartet, und unser Team arbeitet mit Hochdruck an der Fertigstellung. Darüber hinaus wollen wir im laufenden Jahr unser Wachstum in Deutschland und Europa weiter vorantreiben. Zentrale Aspekte sind dabei die weitere Verdichtung unseres Partnernetzes im deutschsprachigen Raum sowie der Ausbau des Europa-Geschäfts. Über das organische Wachstum hinaus schließen wir aber auch weitere strategische Akquisitionen nicht aus, sofern das Unternehmen gut zu unserer Philosophie und Strategie passt.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

 


Illustration: © Olha Kalinichenko | Dreamstime.com