Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) hat die von ihm erhobenen Marktdaten zur aktuellen Lage auf dem Telekommunikationsmarkt vorgestellt. Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte BREKO-Präsident Norbert Westfal die wichtigsten Ergebnisse der BREKO Breitbandstudie 2016 [1]. Im Anschluss daran nahm der Telekommunikationsexperte Prof. Dr. Nico Grove – CEO des Instituts für Infrastrukturökonomie & Management und Mitglied des BREKO-Beirats – eine wissenschaftliche Bewertung und Einordnung der Marktdaten vor.
Ausbau mit ultraschnellen Glasfaseranschlüssen
Wichtigstes Ergebnis der Breitbandstudie 2016: Der Ausbau mit ultraschnellen Glasfaseranschlüssen bis zum Gebäude (FTTB) oder bis direkt in die Wohnung (FTTH) wird vor allem durch die Netzbetreiber des BREKO vorangetrieben: Mehr als 60 Prozent des wettbewerblichen Ausbaus erfolgen (Stand: Mitte 2015) durch die mehr als 145 Carrier des führenden deutschen Glasfaserverbands (alle alternativen Netzbetreiber: 80 Prozent). Die Wettbewerber des Ex-Monopolisten Deutsche Telekom haben im vergangenen Jahr insgesamt 4,2 Milliarden Euro in den deutschen Telekommunikationsmarkt investiert und damit 53 Prozent der Gesamtinvestitionen gestemmt.
»Die BREKO Breitbandstudie 2016 bestätigt erneut: Die alternativen Netzbetreiber treiben den Ausbau mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen bis zum Haus oder in die Wohnung maßgeblich voran«, sagt BREKO-Präsident Norbert Westfal. »Auch wenn die Vectoring-II-Entscheidung den Infrastrukturwettbewerb erheblich behindert, werden wir uns nicht von unserem Weg abbringen lassen: Deutschland braucht hochleistungsfähige Gigabit-Netze, um Wirtschaftswachstum – und damit Wohlstand – zu sichern. Und wir sind diejenigen, die diese essenzielle Zukunftsinfrastruktur bauen!«
Bandbreiten-Nachfrage steigt weiter
Die Bandbreiten-Nachfrage wird nach den Erhebungen der Breitbandstudie 2016 erheblich zunehmen: Liegt die aktuelle Standard-Downstream-Bandbreite noch zwischen 10 und 30 MBit/s, erwarten die BREKO-Netzbetreiber allein bis 2025 eine durchschnittliche Privatkunden-Nachfrage von 400 MBit/s im Down- und 200 MBit/s im Upstream – Tendenz weiter stark steigend. Diese Nachfrage kann nur durch eine flächendeckende, hochleistungsfähige Glasfaserinfrastruktur befriedigt werden.
Das im Festnetz übertragene Datenvolumen hat sich von 2014 (9,5 Milliarden Gigabyte) auf 2015 (11,5 Milliarden Gigabyte) weiter erhöht. Dieses Datenvolumen wird sich Prognosen zufolge von 2016 bis 2020 fast vervierfachen und dann mindestens 55 Milliarden Gigabyte betragen.
Die mobile Datennutzung findet in immer stärkerem Maße (mehr als 80 Prozent) in WLAN-Netzen statt. Eine hochmoderne Glasfaserinfrastruktur stellt damit nicht nur die essenzielle Basis für eine leistungsfähige Breitbandversorgung per Mobilfunk dar, sondern beschleunigt das mobile Surfen per Smartphone, Tablet & Co. noch einmal durch die Verfügbarkeit schneller WLAN-Hotspots.
Breitbandziel der Bundesregierung nicht erreichbar
Die Marktanalyse des BREKO kommt unterdessen zu dem Ergebnis, dass das Breitbandziel der Bundesregierung – 50 MBit/s für alle Haushalte bis zum Jahr 2018 – unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr erreicht werden kann. Hinzu kommt: Die jüngste Vectoring-Entscheidung wird den Ausbau in unterversorgten Gebieten sogar verlangsamen.
»Die Vectoring-II-Technologie, die nach den Vorgaben Brüssels erst nach Einführung entsprechender Vorleistungsprodukte und grundsätzlich nur vom Ex-Monopolisten in den zu weiten Teilen bereits gut versorgten Nahbereichen eingesetzt werden darf, wird den Ausbau unterm Strich verzögern, anstatt ihn im Wettbewerb zu beschleunigen«, erläutert Telekommunikationsexperte Prof. Dr. Nico Grove.
Doppelausbau statt Neuerschließung
Nach Berechnungen des Verbands wird trotz der auch weiterhin erheblichen Anstrengungen der alternativen Netzbetreiber bis zum Jahr 2018 bestenfalls 85 Prozent aller Haushalte ein Breitbandanschluss mit mindestens 50 MBit/s zur Verfügung stehen. Grund dafür ist auch die Tatsache, dass in den vergangenen Jahren ein starker Doppelausbau vor allem in Gebieten mit paralleler Breitbandkabel-Infrastruktur stattgefunden hat – nach dem BREKO vorliegenden Daten in erster Linie durch die Deutsche Telekom. Auf diese Weise haben im vergangenen Jahr mehr als 70 Prozent aller Investitionen nicht auf das Breitbandziel der Bundesregierung eingezahlt, sondern sind in den Überbau bereits vorhandener NGA-Netze geflossen.
»Der Überbau wird sich weiter intensivieren – denn durch die vom Regulierer abgesegnete Ausbauverpflichtung wird die Deutsche Telekom nun in den vielfach gut versorgten Nahbereichen bereits vorhandene NGA-Infrastrukturen überbauen. Das ist regulatorisch angeordneter Überbau«, urteilt Grove.
Drei entscheidende Stellschrauben
Nach Ansicht des Verbands müssen drei entscheidende Stellschrauben verändert werden, um investitionsfördernde Rahmenbedingungen für einen zukunftssicheren Glasfaserausbau zu schaffen: Erstens muss die Politik ein zukunftsweisendes Infrastrukturziel zum Ausbau mit direkten Glasfaseranschlüssen (FTTB / FTTH) definieren. Zweitens muss auch die Bundesnetzagentur ihr Regulierungsregime auf dieses Ziel ausrichten. Und drittens muss der strategische Überbau hochleistungsfähiger Infrastruktur verhindert werden. Hier lautet die Devise des BREKO: Kooperation und Open Access statt Überbau.
»Die BREKO-Netzbetreiber bauen ultraschnelle Glasfasernetze überall dort, wo es wirtschaftlich irgend möglich ist. Wir appellieren an die Politik, die aktuellen politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen klar auf den dringend notwendigen Glasfaserausbau (FTTB / FTTH) auszurichten – denn dieser ist für die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft alternativlos«, unterstreicht BREKO-Präsident Norbert Westfal und sendet ein klares Signal: »Wir werden uns mit unserer Expertise und unserem Know-how noch stärker als bislang für einen zielgerichteten und effizienten, direkten Glasfaserausbau einsetzen.«