Baden-Württemberg in der EU erneut auf Platz 1 bei Innovationen

Zum sechsten Mal in Folge belegt Baden-Württemberg den Spitzenplatz beim EU-weiten Innovationsvergleich, Bayern rückt auf Platz 2 und Berlin ist auf Platz 4. Das hat das Statistische Landesamt am 11. Dezember 2014 bekannt gegeben. »Ein zentraler Faktor für den Vorsprung ist der hohe Stellenwert der Forschung und Entwicklung in südwestdeutschen Unternehmen und die Verzahnung mit den Hochschulen und Instituten im Land«, erklärt Prof. Dr. Hugo Hämmerle vom Forschungsbündnis Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW). »Sorgen bereitet jedoch die nachlassende Dynamik, derzeit leben wir von der Substanz.« Die Existenzgründungen befinden sich seit geraumer Zeit auf dem Tiefststand, Patentanmeldungen von kleinen und mittleren Unternehmen sinken und der Kommerzialisierungsgrad von Forschungsergebnissen ist zu gering. Hier müsse gegengesteuert werden, sonst werde das Land bald von anderen Regionen eingeholt, so der innBW-Sprecher.

infografik innovationsindex europa eurostat statistisches landesamt bw

Damit Zukunftstechnologien auch künftig hierzulande entwickelt werden, unterstützt das Bündnis seit 2006 besonders kleine und mittlere Firmen, Innovationshemmnisse zu überwinden. Verbundprojekte, Auftragsforschung, Firmenausgründungen und Beratung verhelfen den Unternehmen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit.

Auf dem aktuellen Innovationsindex erreicht Baden-Württemberg hervorragende 71 von 100 Punkten. Besonders Stuttgart, Böblingen und Esslingen sind spitze. Bayern belegt mit 56 Punkten Platz zwei, Platz drei geht an die Region Île de France mit 55 Punkten. Kurz darauf folgen die skandinavischen Länder. Alle diese Regionen kommen auf einen F&E-Anteil von drei bis vier Prozent des BIP.

Investitionen

Baden-württembergische Unternehmen investieren pro Jahr stolze 5,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes, rund 20 Milliarden Euro, in neue Verfahren und Techniken. Das Problem dabei: »Die Innovationskraft ruht zunehmend auf den Schultern der Großen, die Spitzenstellung der Mittelständler droht verloren zu gehen«, warnt Hämmerle. Innovationen beschränken sich bei Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen zudem meist auf die Optimierung von Teilschritten. Für einen vorderen Platz auf dem Weltmarkt ist das zu wenig. Tagesgeschäft und beschränkte finanzielle Mittel gestatten es darüber hinaus vielen Mittelständlern nicht, Durchbruchsinnovationen zu erzielen.

In neue Technologiefelder investieren

Gefahr für die Unternehmen aus dem »Ländle« droht nicht nur von innovativen Regionen Europas wie etwa der Schweiz, wo viele Mittelständler sehr erfolgreich sind. Auch andere Weltregionen wie Singapur oder China sind drauf und dran, mit dem Südwesten Deutschlands gleichzuziehen. China etwa konnte deutlich zulegen und kommt bereits auf gut 1,8 Prozent Forschungsanteil am BIP. Das ist zwar nur gut ein Drittel des baden-württembergischen Anteils, mit der jährlichen Wachstumsrate bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung von beispiellosen 21 Prozent im Reich der Mitte ist ein Gleichstand jedoch nur noch eine Frage von wenigen Jahren. In absoluten Zahlen investiert China inzwischen sogar doppelt so viel wie Deutschland: 163 Milliarden Euro im Vergleich zu 76 Milliarden.

»Baden-Württemberg ist keine Insel, die vor dem internationalen Wettbewerb geschützt ist«, mahnt Hämmerle. »Wir müssen mehr in neue Technologiefelder investieren und mutiger bei der Suche nach radikalen Innovationen sein.« Unternehmen und Forschungsinstitute auf diesem Weg zu begleiten, ist die Kernaufgabe der innBW. Die Mitglieder des Forschungsbündnisses unterstützen die Wirtschaft bei Vorhaben in den Zukunftsfeldern Energie und Umwelt, Gesundheit und Pflege, Nachhaltige Mobilität sowie Information und Kommunikation tatkräftig. Die zusammen knapp 1.200 Mitarbeiter der zwölf innBW-Institute haben im Jahr 2013 fast 2.500 F&E-Projekte für die Wirtschaft umgesetzt. Mehr als 55 Prozent kamen kleinen und mittelständischen Firmen zugute.

Index als Gradmesser für die Wettbewerbsfähigkeit

Der Innovationsindex ist ein Indikator für die Innovationskraft einer Region. Innovationen gelten als entscheidende Grundlage für Wachstum und Beschäftigung. In die Berechnung sind sechs Faktoren eingeflossen, u.a. Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, Patentanmeldungen, Existenzgründungen und die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hochtechnologiebranchen.

Über innBW

Die Innovationsallianz Baden-Württemberg ist ein Zusammenschluss von zwölf außeruniversitären wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen mit insgesamt 1.170 Mitarbeitern. Die Institute orientieren sich am Bedarf der Wirtschaft und erschließen Technologiefelder, die für die Wirtschaft bedeutsam werden. Mit rund 2.500 Industrieprojekten in den Zukunftsfeldern Gesundheit und Pflege, Nachhaltige Mobilität, Energie und Umwelttechnologie sowie Information und Kommunikation ist die innBW ein Leuchtturm an Innovation und Technologietransfer. Für die Entwicklung innovativer Produkte stehen die Querschnittstechnologien Werkstoffe und Oberflächen, Mikrosystemtechnik/-elektronik, Nanotechnologie, Biotechnologie, Photonik, Produktionstechnik und Managementsysteme im Fokus. Von 2006 bis 2013 wurden bereits 45 Firmen ausgegründet.

Innovationspotenzial in Baden-Württemberg weiterhin am höchsten

Innovationen sind im globalen Wettbewerb für rohstoffarme Volkswirtschaften eine der grundlegenden Voraussetzungen für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Fundierte Kenntnisse über die Innovationsfähigkeit eines Landes oder einer Region sind für die Politik zur Gestaltung von förderlichen Rahmenbedingungen und für die Wirtschaft zur Auswahl von geeigneten Forschungs- und Entwicklungsstandorten unerlässlich.

Wie hoch ist das Innovationspotenzial in Baden-Württemberg? Vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg wurde ein Innovationsindex entwickelt [1], der eine vergleichende Bewertung der Innovationsfähigkeit von 87 Regionen in den 28 europäischen Mitgliedsländern [2] ermöglicht. Für jede Region werden die Daten von sechs Innovationsindikatoren zu einer Kennzahl aggregiert und für den europaweiten Innovationsvergleich herangezogen [3].

Der Innovationsindex 2014 zeigt: Baden-Württemberg ist innerhalb der Europäischen Union die Region mit der höchsten Innovationskraft. In keiner anderen europäischen Region wird ein höherer Anteil der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung investiert, nirgendwo ist der Anteil der Erwerbstätigen in forschungsintensiven Industriezweigen höher und nirgendwo werden – bezogen auf die Bevölkerungszahl – mehr Patente angemeldet als im Südwesten. Im Spitzenfeld des EU-Rankings der Regionen sind, mit einer ebenfalls hohen Innovationsfähigkeit, Bayern, die französische Hauptstadtregion Île de France, Berlin, Dänemark, Finnland, Hessen, Schweden und Hamburg vertreten. In den EU-Ländern Griechenland, Bulgarien, Zypern und Rumänien ist die Innovationskraft am geringsten.

Gegenüber der Berechnung aus dem Jahr 2012 ergaben sich im Spitzenfeld nur kleine Rangverschiebungen. Beispielsweise liegt nun Bayern vor der französischen Hauptstadtregion Île de France und Dänemark vor Finnland. Der größte Teil der deutschen Bundesländer befindet sich im Vorderfeld der Rangfolge (Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Thüringen und Sachsen). Im Mittelfeld sind die Länder Schleswig-Holstein, Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg vertreten. Sachsen-Anhalt auf Rangplatz 51 (Berechnung 2012: Rangplatz 57) rangiert als einziges Bundesland weiterhin im unteren Drittel.


[1] Der Index wird bereits seit dem Jahr 2004 im zweijährigen Turnus berechnet.
[2] In die Berechnung 2014 wurde das im Juni 2013 neu in die EU aufgenommene Land Kroatien einbezogen.
[3] Zur Methodik siehe: https://www.statistik-bw.de/Europa/EUinnovIndexMeth2014.asp.

 

 

NUTS-1 Code Regionen Innovationsindex (100 %) Niveauindex (75 %) Dynamikindex (25 %)
Indexwert Rang Indexwert Rang Indexwert Rang
DE1 Baden-Württemberg 71,34 1 81,05 1 42,20 42
DE2 Bayern 56,67 2 61,45 3 42,30 41
FR1 Île de France (FR) 55,26 3 62,06 2 34,86 67
DE3 Berlin 54,58 4 59,56 4 39,63 55
DK Dänemark 53,80 5 55,87 8 47,56 26
FI Finnland 53,60 6 57,12 5 43,06 35
DE7 Hessen 52,71 7 56,69 6 40,77 49
SE Schweden 51,18 8 56,53 7 35,16 65
DE6 Hamburg 50,94 9 52,45 10 46,41 27
LU Luxemburg 49,87 10 53,93 9 37,70 63
FR6 Sud-Ouest (FR) 46,51 11 43,59 18 55,27 8
DE5 Bremen 46,32 12 47,40 11 43,08 34
FR7 Centre-Est (FR) 45,63 13 46,78 12 42,19 43
DEA Nordrhein-Westfalen 44,96 14 44,99 13 44,89 30
DEB Rheinland-Pfalz 44,21 15 44,93 14 42,05 44
DE9 Niedersachsen 43,27 16 44,14 17 40,65 50
AT Österreich 43,04 17 41,96 20 46,26 28
SI Slowenien 42,41 18 37,65 26 56,70 7
BE Belgien 42,03 19 41,73 21 42,94 37
UKJ South East (UK) 41,94 20 43,29 19 37,87 62
DEG Thüringen 41,50 21 38,74 24 49,76 17
UKH East of England (UK) 41,31 22 44,39 16 32,08 71
DED Sachsen 41,15 23 41,61 22 39,80 54
NL4 Zuid-Nederland (NL) 40,48 24 44,79 15 27,54 78
ES3 Comunidad de Madrid (ES) 40,41 25 39,07 23 44,41 31
IE Irland 39,39 26 33,00 35 58,53 4
DEF Schleswig-Holstein 38,85 27 34,66 33 51,43 13
FR8 Méditerranée (FR) 38,82 28 35,80 30 47,88 25
ES2 Noreste (ES) 38,24 29 34,72 32 48,80 20
FR4 Est (FR) 38,07 30 37,02 27 41,23 47
NL2 Oost-Nederland (NL) 37,75 31 36,00 29 43,03 36
NL3 West-Nederland (NL) 37,62 32 38,68 25 34,43 68
DEC Saarland 36,74 33 36,20 28 38,34 59
UKI London (UK) 36,60 34 35,78 31 39,05 56
DE8 Mecklenburg-Vorpommern 35,65 35 29,60 40 53,82 10
EE Estland 35,63 36 27,78 45 59,20 3
FR5 Ouest (FR) 35,54 37 30,23 39 51,48 12
DE4 Brandenburg 34,52 38 31,87 36 42,46 39
ITC Nord-Ovest (IT) 34,49 39 33,09 34 38,66 58
CZ Tschechische Republik 33,51 40 31,25 38 40,31 52
FR3 Nord – Pas-de-Calais (FR) 32,48 41 27,19 47 48,33 22
MT Malta 32,31 42 23,60 55 58,44 5
UKF East Midlands (UK) 32,29 43 29,28 41 41,33 46
HU Ungarn 32,16 44 26,08 51 50,40 14
FR2 Bassin Parisien (FR) 31,41 45 28,41 44 40,44 51
UKK South West (UK) 31,20 46 31,84 37 29,29 75
ITH Nord-Est (IT) 31,09 47 28,96 42 37,48 64
UKM Scotland (UK) 30,69 48 27,63 46 39,90 53
UKN Northern Ireland (UK) 30,65 49 26,56 49 42,89 38
PT Portugal 30,24 50 18,92 61 64,20 1
DEE Sachsen-Anhalt 29,90 51 27,13 48 38,21 61
SK Slowakei 29,57 52 22,73 57 50,11 15
PL1 Region Centralny (PL) 29,37 53 22,66 58 49,49 18
ES5 Este (ES) 28,74 54 21,71 60 49,83 16
UKC North East (UK) 28,43 55 24,91 54 38,98 57
UKD North West (UK) 27,80 56 28,95 43 24,35 79
PL2 Region Poludniowy (PL) 27,63 57 17,66 64 57,53 6
PL5 Region Poludniowo-Zachodni (PL) 27,36 58 18,16 63 54,96 9
NL1 Noord-Nederland (NL) 27,10 59 26,48 50 28,97 77
ITI Centro (IT) 27,04 60 25,07 53 32,93 69
UKG West Midlands (UK) 26,68 61 25,90 52 29,03 76
LT Litauen 25,96 62 18,57 62 48,11 23
UKL Wales (UK) 24,96 63 23,27 56 30,05 74
UKE Yorkshire and The Humber (UK) 24,75 64 22,08 59 32,77 70
ES1 Noroeste (ES) 24,71 65 16,98 65 47,88 24
HR Kroatien 23,08 66 15,60 67 45,50 29
PL3 Region Wschodni (PL) 22,29 67 9,04 77 62,05 2
LV Lettland 22,01 68 15,39 69 41,87 45
PL6 Region Pólnocny (PL) 21,96 69 13,13 73 48,46 21
ES4 Centro (ES) 21,73 70 14,58 71 43,16 33
ES6 Sur (ES) 21,58 71 14,26 72 43,54 32
EL Griechenland 21,37 72 14,82 70 41,04 48
PL4 Region Pólnocno-Zachodni 21,00 73 10,57 76 52,30 11
ITF Sud 20,56 74 16,85 66 31,71 73
BG Bulgarien 20,37 75 10,67 75 49,47 19
ITG Isole 20,32 76 15,40 68 35,09 66
CY Zypern 20,00 77 12,54 74 42,37 40
RO Rumänien 12,76 78 4,25 79 38,29 60
ES7 Canarias (ES) 12,58 79 6,09 78 32,05 72
FR9 Départements d’outre-mer (FR) 6,36 80 2,57 80 17,73 80
Nachrichtlich:
EU-28 Europäische Union 36,83 34,14 44,90
DE Deutschland 50,19 52,55 43,09
FR Frankreich 41,74 41,32 43,01
IT Italien 28,30 25,68 36,16
NL Niederlande 36,89 38,15 33,12
PL Polen 25,31 15,80 53,85
ES Spanien 28,40 22,54 46,01
UK Vereinigtes Königreich 32,34 32,0  33,3

 

NUTS-1-Regionen in Deutschland, Frankreich (FR), Italien (IT), Niederlande (NL), Polen (PL), Spanien (ES) und Vereinigtes Königreich (UK), ansonsten Länder der europäischen Union.
Datenquelle: Eurostat, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg. https://www.statistik-bw.de/Europa/EUinnovIndex_0000.asp