Cyberbedrohungen werden immer schneller: Eine historische Betrachtung

Cyberbedrohungen werden immer schneller – und Sicherheitsteams haben Mühe, mit dem Tempo der Entwicklung Schritt zu halten. Das ist nicht überraschend, denn die gesamte Geschichte der Menschheit lehrt uns, dass dies so gut wie vorprogrammiert ist. Cyberangriffe sind zwar Angriffe auf Technologien, aber die Angriffswerkzeuge sind auch selbst Teil der Technologie. Es gibt keinen Grund, warum diese Entwicklung in nächster Zeit aufhören sollte, und es gibt keinen Grund, warum Angriffstools nicht demselben Trend folgen sollten.

 

Wie es soweit kommen konnte

Um zu verstehen, wie sich die technologische Entwicklung beschleunigt hat, ist es lehrreich, die Zeitlinien zu betrachten, die Absolute Software aufbereitet hat:

 

  • Für die Entwicklung der Schrift brauchte die Menschheit weitere 4.000 Jahre, und bald darauf folgte das erste Rad auf einer Achse. Steinwerkzeuge wurden etwa 3.000 Jahre nach dem Rad durch Bronzewerkzeuge abgelöst, die wiederum weniger als 2.000 Jahre später von Eisenwerkzeugen abgelöst wurden. Innerhalb von 1.000 Jahren kam das Papier auf, und wieder änderten sich die Dinge dauerhaft.
  • In den nächsten tausend Jahren kamen die Windmühle, das Schießpulver und einige innovative Werkzeuge für Schmiede und Steinmetze auf. Die nächsten 500 Jahre brachten Linsen, dann Brillen und schließlich den Buchdruck. Bald darauf kam das Mikroskop auf. Weniger als 300 Jahre nach dem Buchdruck, in der Mitte des 18. Jahrhunderts, kam die Dampfmaschine auf den Markt, und die Industrialisierung richtig in Fahrt.
  • Die nächsten 100 Jahre brachten Impfstoffe, die Dampflokomotive, die Fotografie und den Telegraphen. Um 1870 lag jedoch die Lebenserwartung für den größten Teil der Welt immer noch bei unter 30 Jahren. Die nächsten 50 Jahre brachten das Telefon, elektrisches Licht, das Automobil, das Flugzeug und Kunstdünger. Weitere 25 Jahre brachten das Fernsehen, Antibiotika zur Rettung der Menschen und die Atombombe, um sie zu töten, hervor. Es folgten auch die ersten Computer, und dann ging es erst richtig los.
  • Nur etwa 20 Jahre, nachdem die ersten Universalcomputer verkauft wurden, brachte die Raumfahrt Menschen auf den Mond. Die Pocken waren 1796 die erste Krankheit, gegen die es einen Impfstoff gab, und 1980 wurde sie als erste ausgerottet. Ungefähr zu dieser Zeit wurde das TCP/IP-Protokoll standardisiert und damit der Grundstein für das Internet gelegt, und dann ging es erneut erst richtig los.

 

Modernes Computing – und Hacking

Torsten George, VP von Absolute Software führt weiter aus: Etwa ein Jahrzehnt nach der Ausarbeitung der Internetprotokolle wurde der erste sich selbst reproduzierende Internetwurm veröffentlicht. Das war noch ein paar Jahre, bevor die meisten Menschen überhaupt Zugang zum Internet hatten, geschweige denn es nutzten, geschweige denn sich für fast alle lebenswichtigen Dinge darauf verließen. Die Zahl der Innovationen, die sich seit der Verbreitung des Internets ergeben haben, ist kaum zu zählen. Wie jeder, der sich mit dem Thema Sicherheit beschäftigt, weiß, waren jedoch nicht alle diese Innovationen gut.

Die Menschen haben Raumstationen gebaut, gelernt, Gene zu verändern, Supercomputer in die Taschen der halben Weltbevölkerung gesteckt und mRNA-Impfstoffe entwickelt. Leider sind wir aber auch dazu übergegangen, uns vollständig auf Werkzeuge zu verlassen, die es erst seit 0,001 Prozent der Zeit gibt, in der es Werkzeuge gibt. Die gleiche Beschleunigung der Entwicklung, die es der Menschheit ermöglicht hat, so schnell voranzukommen, hat es auch ermöglicht, dass die Angriffe auf diese Systeme ebenfalls schnell voranschreiten.

 

Was kommt als Nächstes?

Heute, im Jahr 2023, etwa 3,4 Millionen Jahre nachdem unsere Vorfahren mit der Herstellung von Werkzeugen begonnen haben, wird viel über eine neue Klasse von »Werkzeugen« gesprochen, und zwar über ein Tool im Besonderen: Künstliche Intelligenz, und zwar ChatGPT.

ChatGPT ist weder lebendig noch magisch, obwohl es fast ein Beispiel für das ist, was der Science-Fiction-Autor Arthur C. Clark meinte, als er schrieb, dass »jede ausreichend fortgeschrittene Technologie nicht von Magie zu unterscheiden ist«. Tatsächlich handelt es sich nur um ein weiteres, noch mächtigeres Werkzeug. Seitdem die erste steinerne Axt benutzt wurde, um einen anderen Hominiden zu erschlagen, wurden Werkzeuge sowohl zum Guten als auch zum Schlechten eingesetzt. Mit ChatGPT wird es nicht anders sein. Es wird sowohl Gutes als auch Böses bewirken können, und zwar besser und schneller als bisher. Das ist einfach der Lauf der Technik.

Die Cyberangreifer entwickeln sich schneller als je zuvor und das wird nicht nachlassen. Innovation kann aber auch etwas Gutes bewirken. Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz können sowohl zum Schutz als auch für Angriffe eingesetzt werden und werden es auch. Kriminelle werden versuchen, riesige maschinelle Lernmodelle wie ChatGPT zu nutzen, um neue Angriffe zu entwickeln, aber Verteidiger werden sie nutzen, um neue Abwehrmechanismen zu entwickeln. Diese Tools mögen zwar alle sehr neu sein, aber man darf nicht vergessen, dass sie in gewisser Weise genau so sind wie seit Millionen von Jahren.

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