Ein bunter Blumenstrauß parallel optischer Anwendungen – Technologie und praktischer Einsatz

Foto: Rosenberger OSI

Die rasante Entwicklung der parallel optischen Datenübertragungen im Allgemeinen und im Rechenzentrum im Besonderen – zuerst im Multimode- nun auch im Singlemode-Bereich – hat eine Flut von unterschiedlichen GBE-Protokollen für die verschiedensten Anwendungsfälle hervorgebracht: 40 GBE, 100 GBE, 200 GBE, 400 GBE und das kombiniert mit Abkürzungen wie u.a. SR4, PSM4, DR2, DR4, CLR4, LR4, ER4, FR4, FR8, LR8, SR10, SR16.

Wie findet man sich da zurecht?

Quelle: ethernetalliance.org

 

Aktueller Stand und Entwicklung der Technologien:

Im Rechenzentrum am weitesten verbreitet sind gegenwärtig die Anwendungen auf Multimode-Basis, insbesondere mit den Ethernet-Applikationen 40GBE-SR4, 100 GBE-SR10, 100 GBE-SR4 oder der Fiber Channel Anwendung 4x16GFC. Da die Längenbegrenzungen für diese Protokolle auf Multimodefasern jedoch protokollabhängig mit max. 150 m (IEEE 802.3) rasch zu Limitationen in der Verkabelungsstruktur führen, war zu erwarten, dass die Technologie auf Singlemode-Anwendungen erweitert wird. Das ist nunmehr der Fall. Mit dem Ethernet-Übertragungsprotokoll 100 GBE-PSM4 wird die enge Längenbegrenzung aufgehoben. Die 100 GBE-PSM4-Technologie wurde als eine kostengünstige Singlemode-Variante entwickelt, die Übertragungsstrecken von 500m bei einer Kanaldämpfung von 3,26 dB bedienen kann (IEEE 802.3bm).

Für größere Distanzen werden die für Singlemodefaser entwickelten Übertragungsprotokolle 100 GBE-CLR4 (IEEE kompatibel), 100 GBE-LR4 und 100 GBE-ER4 mit Reichweiten von 2 Kilometern, 10 Kilometern beziehungsweise 40 Kilometern eingesetzt. Diese basieren dann allerdings nicht auf der Parallelisierung der Daten auf verschiedenen Fasern, sondern auf Wellenlängenmultiplex-Technologien, also dem Transport verschiedener Wellenlängen (Farben) parallel in einer Faser.

 

Bedarf an höherer Bandbreite steigt:

Der Bedarf an immer höherer Bandbreite, der ein ständig wachsendes Phänomen unseres Informationszeitalters ist, schlägt sich in der Entwicklung neuer, noch performanterer Übertragungsprotokolle nieder. Die nachfolgend beschriebenen Protokolle befinden sich noch in der Standardisierung: Im Multimode-Bereich gibt es Überlegungen zu 200 GBE-SR4; an 400 GBE-SR16 wird gearbeitet. Die 400 GBE-Variante verwendet 32 Fasern in zwei 16 Faser-Arrays auf einem MTP-basierten Steckverbinder und benutzt wie die 100 GBE-SR4-Technologie 25 GBE lane speed und ermöglicht eine Übertragungsstrecke von 100m. Die Standardisierung der Technologie wird noch für 2017 erwartet. Im Falle der 200 GBE-SR4-Variante wird der gleiche Steckverbindertyp wie bei 40 und 100 GBE-SR4 eingesetzt, bei dem 8 Fasern verwendet werden; hier jedoch mit der doppelten Geschwindigkeit von 50 GBE lane speed. Zur Standardisierung dieser Variante gibt es gegenwärtig Überlegungen bei IEEE; die finale Verabschiedung ist für 2018/2019 anvisiert. Der nächstfolgende Schritt wird eine auf 100 GBE lane speed basierende Applikation auf acht parallelen Fasern sein: 400 GBE-SR4. Mit dieser Anwendung ist jedoch nicht vor den 2020er Jahren zu rechnen.

Für den Singlemode-Bereich arbeitet man ebenfalls an 50 GBE lane speed Lösungen, die als 200 GBE-DR4 (500m), 200 GBE-FR4 (2 km) beziehungsweise 200 GBE-LR4 (10 km) angeboten werden sollen; hierzu laufen noch Überlegungen. Einen Schritt weiter sind bereits die Applikationen 400GBE-FR8 und 400GBE-LR8, die sich bereits in der Standardisierung befinden.

Die »FR«-, »LR«- und »ER«-Anwendungen sind für die MAN- und WAN-Netze interessant; für die hier näher betrachteten Rechenzentren sind es die eingangs genannten Applikationen.

 

Strukturierung von SR4 basierten Applikationen:

Für die strukturierte Verkabelung im Rechenzentrum wirft die Singlemode-Anwendung neue Fragen auf, die Rosenberger OSI durch Erweiterung des zunächst für Multimode-SR4-Anwendungen entwickelten Verkabelungskonzeptes PreCONNECT® OCTO auf Singlemode-Anwendungen unter einem ganzheitlichen Ansatz betrachtet.

Die strukturierte Verkabelung für parallel optische Datenübertragungen wurde bereits vor Jahren in der Spezifikation ANSI/TIA 568-C beschrieben: Durch Verwendung von MTP® key up – key up Kupplungen (Kupplungstyp B) konnte die Verkettung von MTP®-Kabeln – gefertigt gemäß der Konfektionsmethode B – unter Erhalt der 1:12 Faserzuordnung gewährleistet werden; dabei ist lediglich eine wechselweise Anordnung von Kabeln mit MTP® female- und Kabeln mit MTP® male-Steckverbindern zu beachten. Für Singlemode-Anwendungen lässt sich eine solch einfache Anordnung nicht realisieren, da der MTP®-Steckverbinder in der Singlemode-Version als MTP® APC-Stecker mit 8°-Schrägschliff eingesetzt werden muss, um eine ausreichend hohe Rückflussdämpfung RL zu gewährleisten. Zur Verbindung zweier MTP® APC-Steckverbinder muss zwingend eine MTP®-Kupplung des Typs A (key up – key down) verwendet werden, was zur Folge hat, dass dadurch die 1:12-Faserzuordnung bei ausschließlicher Verwendung von MTP®-Kabeln gemäß der Konfektionsmethode B nicht erreicht wird. Die Strukturierung der Verkabelung für Singlemode-Anwendungen entspricht dann der in der ANSI/TIA 568-C für Methode A für Multimode parallel optischer Datenübertragungen definierten Struktur.

Eine eingehende und durchdachte Planung ist daher als Grundlage für eine zuverlässige Infrastruktur unabdingbar.

 

Verkabelungsschema für SR4-Protokoll basierte Multimode-Anwendungen

 

Verkabelungsschema für PSM4-Protokoll basierte Singlemode-Anwendungen

 

Parallel optische Datenübertragungen auf Basis der SR4-Protokolle beschalten lediglich acht Fasern – auch wenn als Interface der MTP® 12-fach Steckverbinder eingesetzt wird. Moderne Verkabelungsinfrastrukturen für parallel optische Datenübertragungen verwenden daher nur noch Kabel mit acht Fasern beziehungsweise einem Vielfachen davon, anstelle der bis dato üblichen zwölf Fasern für MTP®-basierte Verkabelungslösungen. Durch die geringere Anzahl von Fasern lassen sich besonders im Falle der Multimode-Applikationen deutlich Kosten einsparen.

Die Entwicklung der parallel optischen Datenübertragungen zeigt eindrucksvoll wie rasant die Anforderungen an die Protokolle steigen – sowohl hinsichtlich der Geschwindigkeiten als auch der Übertragungsdistanzen. Immer neue Technologien sind zu deren Erfüllung erforderlich, die in ihrer Konsequenz die Verkabelungsinfrastruktur im Rechenzentrumsumfeld komplexer werden lassen.

 

Installation und Betrieb im Rechenzentrum:

Neben der technologischen Weiterentwicklung spielen aber auch heute noch ganz grundlegende Themen eine wichtige Rolle für die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Rechenzentrumsinfrastrukturen; dazu gehört u. a. die Planung der Verkabelung sowie die Kabelverlegung selbst:

Dass die Bedeutung der Datenverkabelung für die Performance moderner Rechenzentren immer noch vielerorts unterschätzt wird, lehrt der Blick in (allzu) viele Datacenter. Strukturloser Kabelsalat in den Racks, der die Aktivtechnik verdeckt; überfrachtete Kabeltrassen, die nicht nur einen zerstörungsfreien Rückbau unmöglich machen, sondern auch die Betriebssicherheit im Rechenzentrum gefährden; strammgezogene Kabelbinder an den Glasfaserkabeln, die durch übergroßen Querdruck beschädigt werden: Das sind nur drei reale Beispiele für unsachgemäße Installationen, die dem Motto zu folgen scheinen: »IT-Cabling – kann doch jeder! Oder?«

Weil die Aktivtechnik nicht isoliert betrachtet werden kann, rückt somit auch die Projektierung der Verkabelung in der zeitlichen Abfolge einer Rechenzentrumsplanung deutlich nach vorn. Denn wie oben beschrieben gibt die Applikation, die eingesetzt werden soll, die maximal zulässige Länge der Übertragungsstrecken vor.

 

Wachsende Ansprüche an die Infrastruktur des Rechenzentrums:

Für eine zukunftssichere und effiziente Gestaltung von Verbindungen in der Verkabelungsinfrastruktur ist gerade die genaue Analyse der heute bereits eingesetzten Protokolle und der über die nächsten Jahre zu erwartenden Entwicklungen von entscheidender Bedeutung. Mit dem Wachsen der Bandbreiten, die von neuer Aktivtechnik im heutigen Datacenter benötigt wird, wachsen auch die Ansprüche an die passive Infrastruktur. Die Datenverkabelung sollte daher so früh wie möglich geplant werden, am besten zusammen mit Stromversorgung und Klimatisierung. Ein durchdachtes und effektives Cabling sollte die Optimierung der Übertragungslängen und Dämpfungsbudgets mit einer übersichtlichen (und damit flexiblen) Struktur in Einklang bringen. Die Auswahl eines individuellen, für das jeweilige Rechenzentrum passenden Verkabelungskonzepts muss sich dabei im Rahmen der Normen EN 50173-5, EN 50174-1-2 und, sobald verfügbar, EN 50600-2-4 bewegen.

Zahlreiche Aspekte müssen bereits im Vorfeld einer Installation geklärt sein – heute mehr denn je. Die Komplexität der Technik und die Anforderungen an die Verfügbarkeit sind die wesentlichen Themen, die es zu synchronisieren heißt. Um dies zu bewerkstelligen, empfehlen sich die Erstellung eines Pflichtenheftes und das Hinzuziehen von Spezialisten.

»Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, aber nicht einfacher.« (Albert Einstein)

Rosenberger OSI

www.rosenberger.com/osi


 

Hier folgt eine Auswahl an Fachbeiträgen, Studien, Stories und Statistiken die zu diesem Thema passen. Geben Sie in der »Artikelsuche…« rechts oben Ihre Suchbegriffe ein und lassen sich überraschen, welche weiteren Treffer Sie auf unserer Webseite finden.

 

Feuer im Rechenzentrum vermeiden ist besser als bekämpfen

Netzwerkmanagementlösungen: Effizientes Kabelmanagement am Flughafen Zürich

Sechs Möglichkeiten für die Fehlerdiagnose in lokalen Netzwerken

Mission-Critical-Kommunikationsnetze auf Basis von Ethernet/IP brauchen höhere Datensicherheit

Dieser IT-Infrastruktur-Trend kommt 2017 auf den Mittelstand zu

Studie zeigt den Weg zum »atmenden« Stromnetz

Industrie 4.0: Erst am Anfang der Wegstrecke

Die fünf Grundlagen von CloudEthernet – Die Prioritäten des CloudEthernet Forums ab 2014

Die digitale Zukunft fertigen – auf geradem Weg zum IIoT