Erfolgreiches Integrationsmanagement: Darauf kommt es nach der Akquisition an

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Eine effektive Post-Merger-Integration hängt neben den Marktbedingungen auch von der strategischen Umsetzung ab. Entscheidende Faktoren sind hierbei etwa die Geschwindigkeit der Integration sowie die kulturelle Anpassung. Während ein langwieriger Integrationsprozess die Mitarbeiterzufriedenheit dauerhaft senken und Innovationen hemmen könnte, begünstigt eine erfolgreiche Integration die Steigerung von Marktpräsenz und Umsatz. Der Value-Add-Distributor Infinigate hat es in den vergangenen Jahren geschafft, über organisches und akquisitorisches Wachstum sowie über die geografische Expansion der Gruppe in der gesamten EMEA-Region dank der Übernahme der Distributoren Nuvias, Vuzion und Starklink den Wert der Unternehmensgruppe signifikant zu steigern. Chief Integration Officer und Chief of Staff, Nicolas Frech, spricht über die Erfolgsfaktoren.

Herr Frech, Infinigate konzentriert sich seit Sommer 2022 auf die Durchführung eines effektiven und effizienten Integrationsprozesses. Wie haben Sie die vergangene Zeit erlebt?

Nicolas Frech: Das vergangene Jahr stand ganz im Zeichen des Wandels. Das Kennenlernen der Denkweise und des Ansatzes des jeweils anderen hat für viele zu einer steilen Lernkurve und zu einem kreativeren und offeneren Ansatz geführt. Der Integrationsprozess musste in einer Reihe von Schlüsselbereichen akribisch und sorgfältig vorangetrieben werden – von der Sicherstellung der teamübergreifenden Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen allen Organisationen über eine einheitliche Strategie bis hin zur Zusammenführung und Anpassung von Tools und Prozessen.

Natürlich ist es wichtig, die Integration sehr unterschiedlicher Organisationen – vor allem in geografischen Regionen wie Europa und MEA – respektvoll und mit Blick auf die lokalen Gepflogenheiten zu vollziehen. Während der gesamten Integration standen die Menschen als unser wichtigstes Gut im Mittelpunkt. Unsere Mitarbeiter sind das, was uns ausmacht, und ihr Wohlergehen, ihre Kreativität und ihre Produktivität haben für uns Priorität.

Wir haben im Laufe des Integrationsprozesses viel gelernt, und wir sind immer noch auf dem Weg zur Vollendung, wobei eine weitere Expansion noch vor uns liegt.

 

Auf welche Herausforderungen mussten Sie und Ihr Team sich bei den jüngsten Akquisitionen einstellen?

Frech: Die Integration einer Akquisition ist immer eine komplexe Angelegenheit, welche sich aus den verschiedenen Ebenen, auf denen diese erfolgen muss, ergibt: von der rechtlichen Ebene über die Markenbildung bis hin zur kulturellen Ebene, um nur einige zu nennen. Dies erfordert Zeit, Koordination und vor allem eine umfassende Kommunikation, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter aktiv an einem Strang ziehen, auf dieselben Ziele hinarbeiten und sich als Teil desselben Teams fühlen. Zu unserem Glück haben wir in allen Unternehmen eine sehr ähnliche Herangehensweise an das Geschäft, und das ist ein Vorteil.

 

Wie gestaltete sich der Integrationsprozess?

Frech: Es handelte sich um einen schrittweisen, evolutiven Prozess, der nach der kommerziellen, transaktionalen Phase mit dem Teil begann, der sich mit dem Kern des Unternehmens befasst und die Zusammenführung der Teams, die Angleichung der Prozesse und die Bereitstellung gemeinsamer Instrumente beinhaltet. Hier haben wir festgestellt, dass regelmäßige Diskussions- und Aktualisierungsforen, die sich auf dedizierte Funktionen konzentrieren, von unschätzbarem Wert sind, um den Fokus und die Fortschritte einer Integration festzustellen. Eine nützliche Praxis war die Durchführung regelmäßiger bereichsübergreifender Beratungsforen mit Arbeitnehmervertretern, die von uns intern als »Sounding Board«-Sitzungen bezeichnet werden. Diese boten uns die Möglichkeit, ergänzend zu den regelmäßigen Mitarbeiterbefragungen laufendes und ehrliches Feedback zur Integration einzuholen und mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen.

 

Welche Prioritäten setzte Infinigate bei der Integration von Nuvias, Vuzion und Starklink?

Frech: Unserer Erfahrung nach waren die wichtigsten Faktoren, die zu einer reibungslosen Integration beigetragen haben, zum einen eine häufige und gezielte Kommunikation; was, wie bereits angesprochen, eine hohe Transparenz und ein gutes Verständnis der Unternehmensstrategie und -ziele sowie der Integrationsprozesse erfordert. Die bedeutet jedoch auch, nur die Informationen zu teilen, die für die Zielgruppe relevant sind, um die Mitarbeiter nicht zu überfordern.

Ein weiterer wichtiger Faktor war für uns die Wertschätzung und Anerkennung unserer Mitarbeiter: Wer dafür sorgt, dass sich sowohl neue als auch bestehende Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen, indem ihr einzigartiger Beitrag und ihre Rolle für den Gesamterfolg des Unternehmens anerkannt wird, sorgt dafür, dass wichtige Mitarbeiter gehalten werden und insgesamt eine hohe Mitarbeiterbindung besteht. Eine klar definierte Organisationsstruktur und Berichtslinien für die zusammengeführten Unternehmen sind wesentliche Grundlagen für eine erfolgreiche Integration.

Der dritte Faktor, der für uns hohe Priorität hatte, war die Erstellung und Umsetzung eines Synergiekonzeptes inklusive detailliertem Zeitplan. Unser Rat: Investieren Sie Zeit in die Planung Ihrer Integration mit einem umfassenden Fahrplan, um zu vermeiden, dass Sie sich verzetteln oder wesentliche Elemente Ihres Prozesses vergessen; richten Sie ein spezielles Integrationsprojekt ein, um sicherzustellen, dass jede Funktion ihre beabsichtigten Ziele zum vereinbarten Zeitpunkt erreicht.

 

Ist es ratsam, einen Integrationsprozess im Hintergrund ablaufen zu lassen?

Frech: Transparenz ist beim Integrationsprozess außerordentlich wichtig – und zwar aus zwei Gründen: Erstens, damit die Menschen verstehen, was geschieht, und daher die Veränderung zu schätzen wissen und mit ihr einverstanden sind, und zweitens, um von dem Know-how der gesamten Gruppe zu profitieren, so dass der Prozess justiert werden kann, wenn Lücken oder Fehler identifiziert werden oder ein besserer Vorschlag auftaucht.

Mangelnde Kommunikation kann zu Wissenslücken, Missverständnissen und mangelnder Abstimmung sowie zu Unzufriedenheit der Mitarbeiter führen. Jeder, der sich als Teil des Fortschritts und des Teams fühlt, wird gerne zu den gemeinsamen Zielen beitragen.

 

Wie kann es gelingen, die Werte und das Mindset der akquirierten Unternehmen zu schützen?

Frech: Wenn Ihre Mitarbeiter Ihr wichtigstes Kapital sind, wie es bei uns der Fall ist, müssen Sie über gemeinsame Werte nachdenken, mit denen sie sich identifizieren können. Es liegt auf der Hand, dass Sie nach einer Übernahme vor der schwierigen Aufgabe stehen, unterschiedliche Unternehmensphilosophien miteinander zu verschmelzen. Wenn es Ihnen nicht gelingt, die wichtigsten Werte des übernommenen Unternehmens in die Gesamtorganisation einzubinden, laufen Sie Gefahr, die neuen Mitarbeiter zu verprellen. Wir haben aktiv daran gearbeitet, die wichtigsten Werte aus allen Bereichen unseres Unternehmens in unsere aktualisierte Markenphilosophie einzubinden; wir waren auch deshalb im Vorteil, weil wir Unternehmen ausgewählt hatten, die ein ähnliches Ethos und eine ähnliche Einstellung wie wir hatten.

 

Welche potenziellen Fallstricke gilt es im Auge zu behalten?

Frech: Je nach Größe des zu integrierenden Unternehmens kann es verlockend sein, dieses mit dem bestehenden zu verschmelzen und zu erwarten, dass sich dessen Mitarbeiter anpassen und sich einen neuen Modus Operandi aneignen. Dies kann sich negativ auswirken und zu einer Entfremdung führen, die die Mitarbeiterbindung und die Produktivität beeinträchtigt. Manchmal wird aufgrund bestehender hoher Prioritäten nicht genug Zeit und Mühe auf die Organisation des Integrationsprozesses verwendet, der als organischer Prozess mit weniger optimalen Ergebnissen ablaufen kann. Bei Infinigate haben wir die Integration zu einer Top-Priorität gemacht und im Rahmen eines Maßnahmenprogramms dediziert Ressourcen investiert.