Im aktuellen Sommer erreicht der subjektiv empfundene Wohlstand der Deutschen ein neues Fünfjahreshoch. Jeder zweite Bundesbürger (51 %) stuft seinen eigenen Wohlstand als hoch ein. Für etwa jeden Dritten (34 %) ist das Wohlstandsbefinden auf einem mittleren und für etwa jeden Siebten (15 %) auf einem niedrigen Niveau. Das ist das Ergebnis der aktuellen Erhebung des Nationalen Wohlstandsindex für Deutschland (Ipsos NAWI-D), den Ipsos Observer regelmäßig in Zusammenarbeit mit Zukunftsforscher Opaschowski erhebt [1].
Wohlstand für Viele
Seit Juni 2012 wird die bevölkerungsrepräsentative Untersuchung einmal pro Quartal von Ipsos Observer in Deutschland durchgeführt. Von Mitte 2012 bis Mitte 2015 sind die Wohlstandswerte kontinuierlich gestiegen. Mit dem starken Flüchtlingszustrom im Herbst 2015 wurde die positive Entwicklung zunächst gestoppt. Nach einer leichten Wohlstandsdelle wurde jetzt in der nunmehr 21. Erhebungswelle zum ersten Mal ein Wohlstandsniveau erreicht, das wieder auf dem bisherigen Höchstwert vom Juni 2015 liegt.
Der NAWI-D umfasst dabei nicht nur ökonomische Größen. Zum eigenen Wohlergehen gehört für die Deutschen mehr. Individuelle und gesellschaftliche Faktoren bestimmen das subjektiv empfundene Wohlergehen signifikant und ökologische Faktoren zumindest in Teilen mit. Alle vier Wohlstandindizes sind gegenüber der letzten Erhebung vom März 2017 angestiegen. Einen besonders starken Beitrag zum Anstieg des NAWI-D haben ökonomische Faktoren gespielt. Die Deutschen nehmen erneut vor allem eine größere Sicherheit ihrer Einkommen durch Arbeit und Rente wahr. Dadurch sind sie nicht nur aktuell besser gestellt, sondern können auch für die Zukunft vorsorgen.
Alle Einkommensschichten partizipieren an der Wohlstandsentwicklung
Die Studie zeigt ferner eine positive Wohlstandsentwicklung über alle Einkommensschichten. Gerade Personen in Haushalten mit einem mittleren Einkommen geht es gefühlt immer besser. »Wir sehen nicht, dass immer mehr Menschen in Deutschland von den Entwicklungen abgehängt werden. Das Gegenteil ist der Fall«, so Hans-Peter Drews, Director von Ipsos Observer. »Immer mehr Bürgern gelingt ein Wohlstandssprung nach oben. Vor fünf Jahren stuften sich noch 21 Prozent am unteren Ende der Wohlstandsskala ein, heute sind es noch 15 Prozent.«
Das Wohlstandsdilemma: persönlicher Wohlstand wächst, Zukunftsängste bleiben
Vor der wirtschaftlichen Entwicklung haben die meisten Deutschen keine Angst. Sie sehen ihre Arbeitsplätze als gesicherter an als es in der Vergangenheit der Fall war. Neben der guten finanziellen Lage und Erwartungshaltung sind die Deutschen größtenteils mit ihren aktuellen persönlichen Lebensumständen und dem gesellschaftlichen Umfeld zufrieden. Trotzdem misst der Ipsos NAWI-D keinen steigenden Anteil an Personen, die völlig frei von Zukunftsängsten sind. Gaben Ende 2014 fast 50 Prozent an, keine Zukunftsängste zu haben, sank dieser Anteil im Dezember 2015 auf unter 40 Prozent und liegt aktuell bei nur 44 % Prozent. »Es sind somit keine ökonomischen Gründe, die die Zukunftsängste der Deutschen verursachen, sondern wahrscheinlich fürchten sie, dass Errungenschaften wie friedliches Zusammenleben, breite Bildungsmöglichkeiten, Meinungsfreiheit und Toleranz durch Terror und Populismus in Deutschland und der Welt gefährdet sind«, lautet die Hypothese von Hans-Peter Drews.
Hohes Wohlstandsniveau vor allem im Alter
Die aktuelle Erhebung von Ipsos Observer bestätigt zudem einige generelle Ergebnisse aus den vorangegangenen Untersuchungen. Ein Blick auf verschiedene Altersgruppen zeigt zum Beispiel, dass die Älteren vor allem über einen hohen ökonomischen Wohlstand verfügen. Die meisten Älteren haben vorgesorgt und sehen ihr Einkommen, also in der Regel die Rente, als gesichert an. Abgeschwächt wird ihr Wohlergehen durch individuelle Aspekte. Die Älteren haben weniger soziale Kontakte und sie fühlen sich vor allem deutlich weniger gesund. Hier wiederum sind die Jüngeren im Vorteil. Dafür fehlt es ihnen häufig noch an Kaufkraft und natürlich sind ihnen ein sicherer Arbeitsplatz und damit ein sicheres Einkommen nicht bis ans Ende ihrer Tage garantiert. Unterm Strich ist der Gesamtwohlstand daher bei den Jüngeren niedriger als bei den Älteren.
[1] Im Frühjahr 2012 konzipierte Ipsos Observer gemeinsam mit Zukunftsforscher Prof. Dr. Opaschowski ein neues Wohlstandsbarometer als Basis für einen umfassenden Nationalen Wohlstandsindex für Deutschland (NAWI-D), das seitdem kontinuierlich quartalsweise erhoben wird.
Studiensteckbrief der Sommerwelle 2017
Methode: Ipsos Capibus Computer Assisted Personal Interviewing, im Haushalt des Befragten. random route – zufällig ausgewählter Haushalt und Befragungsperson
Stichprobe: 2.000 Personen ab 14 Jahren
Grundgesamtheit: Deutschsprechende Bevölkerung in Privathaushalten
Feldzeit: Juni 2017
Für die Erhebungen zum Wohlstandsbarometer greift Ipsos Observer auf seinen eigenen bundesweiten Interviewerstab zurück, der erfahren in der Durchführung sozialwissenschaftlicher Studien mit anspruchsvollen Designs ist. Die Datenerhebung erfolgt mittels persönlicher Interviews in den Zielhaushalten im Rahmen der wöchentlichen CAPI-Mehrthemenumfragen.
Der Ipsos NAWI-D kann für unterschiedliche soziodemografische Merkmale ausgewertet werden. Darstellungen für Frauen vs. Männer, für verschiedene Alters- und auch Einkommensgruppen, Bewohner unterschiedlichen Regionen sind im Whitepaper »Wohlstandsbilanz nach fünf Jahren NAWI-D« enthalten, das auf der Website von Ipsos zum Download bereitsteht.
Berechnung der Wohlstandswirklichkeit im Ipsos NAWI-D
Über bevölkerungsrepräsentative Vorbefragungen wurde eine Batterie von 30 Aussagen entwickelt, die das Thema Wohlstand aus Sicht der erwachsenen Wohnbevölkerung in Deutschland umfassend abdeckt. Diese 30 Aussagen wurden in wiederum bevölkerungsrepräsentativen Umfragen mittlerweile 42.000 Bundesbürgern ab 14 Jahren vorgelegt. Die Bürger selbst entscheiden, welche dieser Aussagen für sie erfüllt sein müssen, um in Wohlstand zu leben. Die Einstufung, ob diese Aussagen für sie in der Realität erfüllt sind, erfolgt anhand einer 10er-Skala, die von 1 = »trifft für mich überhaupt nicht zu« bis 10 = »trifft auf mich voll und ganz zu« reicht. Sofern nicht anders aufgeführt, wird im Text auf die sogenannten Top 3 – Werte beziehungsweise deren Komplementärgröße zurückgegriffen. Der Top 3 – Wert zu einer Aussage enthält somit die Skalenwerte 8, 9 und 10. Dann wird die Aussage für den Befragten als ausreichend erfüllt angesehen. Bei den Werten 1 – 7 wird sie als nicht ausreichend erfüllt angesehen. Die bei jeder dieser 30 Aussagen gemessene Wohlstandswirklichkeit wird mit deren jeweiligen Bedeutung in Bezug gesetzt, d. h. gewichtet. Daraus werden für jede Wohlstandsdimension als auch für den Wohlstand insgesamt der NAWI-D berechnet.
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