Nicht nur Software, sondern vor allem Service – Warum der Faktor Mensch entscheidend für eine erfolgreiche ERP-Einführung ist

ERP-Systeme bündeln Daten, verbessern Arbeitsabläufe und schaffen langfristig eine Transparenz über innerbetriebliche Prozesse, weshalb gerade die Auswahl der passenden ERP-Software richtungsweisend für ein Unternehmen sein kann. Sich dieser Verantwortung bewusst sollten die Verantwortlichen alle drei Säulen der ERP-Kaufentscheidung kennen und berücksichtigen: die Technologie, der Preis und der Service. Gerade letztgenannter ist entscheidend, wollen Firmen die gewünschte ERP-Software erfolgreich integrieren.

Sind noch genug Schrauben im Lager, hat die Produktion ihr benötigtes Material, welcher Mitarbeitende kann für welches Projekt eingesetzt werden, können neue Aufträge spontan eingeplant werden – um all diese innerbetrieblichen Prozesse möglichst professionell zu strukturieren, zu planen und zu managen, ist ein Enterprise Resource Planning-System – kurz ERP – unabdingbar. Denn es automatisiert möglichst alle Abläufe innerhalb eines Betriebes: angefangen von der Materialbeschaffung, der Produktion, der Lagerhaltung, über die Finanzen, das Personalwesen und CRM bis hin zu den Services. Sind die Daten all dieser Vorgänge in einem System erfasst, entsteht eine vollständige Transparenz über das gesamte innerbetriebliche Geschehen, sodass Prozesse und Kapazitäten optimiert werden können. Bevor es jedoch so weit ist, ist die Auswahl des passenden ERP-System entscheidend. 

Die drei Säulen der Kaufentscheidung

Und genau hier – bei der Wahl der geeigneten Lösung – steckt die Tücke im Detail: ERP-Interessenten informieren sich immer über das eigentliche Produkt – die Software. Passt sie zu den betrieblichen Anforderungen, kann sie alle benötigten Prozesse abdecken, sind notwendige Schnittstellen vorhanden, usw. Überzeugt die Technologie, klären die Verantwortlichen des Weiteren die finanziellen Aspekte: passt die gewünschte Software ins Budget? Welche Preismodelle gibt es und passen diese zu den eigenen Wünschen und Herausforderungen? Welche Folgekosten entstehen bspw. durch zusätzliche Software-Komponenten oder Updates? Entsprechen auch diese Faktoren den Vorstellungen des Kunden, erfolgt meist schon die eigentliche Kaufentscheidung für eine ERP-Software. Doch Vorsicht: eine Software ist kein Gegenstand wie ein Schrank, ein Fernseher oder ein Anzug. Diese kauft man meist als Standardware, baut oder stellt ihn auf oder zieht ihn an und erfreut sich daran. Eine ERP-Lösung ist zwar auch Standard basiert. Das heißt, mit den Grundeinstellungen und -komponenten lassen sich schon wesentliche Anforderungen und Wünsche abdecken. Zusätzlich ist eine Software aber auch erweiterbar und flexibel, sodass sie auf individuelle, kundenspezifische Herausforderungen angepasst werden kann. Und genau hier kommt neben der Technologie und dem Preis die dritte Säule der Kaufentscheidung ins Spiel: der Service. Aufgrund der individuellen Anpassbarkeit eines ERP-Systems ist es entscheidend, diesen genauerer Prüfung zu unterziehen: ist er Dienstleister, der die kundenspezifischen Anforderungen annimmt und integriert? Oder geht er weiter, versucht die betrieblichen Herausforderungen zu verstehen, hinterfragt Anforderungen und erarbeitet gemeinsame Lösungen, die er dann ins System einfügt und wird somit zum Berater oder gar Partner. 

Verständnis als Basis für eine erfolgreiche ERP-Einführung

Wünscht man sich einen Sparringspartner an seiner Seite, mit dem gemeinsame Lösungen erarbeitet werden können, gilt es im ersten Schritt ein gemeinsames Mindset aufzubauen – sodass aktuelle und zukünftige Anpassungen jederzeit erarbeitet und integriert werden können. Das heißt, schon beim ersten Kennenlernen der Geschäftspartner sollte es darum gehen, ein gegenseitiges Verständnis zu erarbeiten. Die Software mit all ihren Vorzügen zu erklären und darzustellen, hilft den Verantwortlichen bei konkreten, individuellen Aufgaben nur bedingt. Fragt der Berater aber nach den Herausforderungen und präsentiert mögliche Lösungen anhand seiner Software, entsteht einerseits Vertrauen beim Kunden andererseits entwickelt der Fachmann ein Gespür für die speziellen Bedürfnisse seines potenziellen Klienten. Tauschen sich die Geschäftspartner bei weiteren Terminen über nächste reale Aufgaben und mögliche Herangehensweisen aus, lernt der Techniker die über Jahre gewachsenen Arbeitsweisen und -vorgänge kennen, während auf Kundenseite ein umfassenderes Verständnis für die Software-Lösung entsteht. Auf diese Weise entwickelt sich mit der Zeit ein gemeinsames Mindset, wodurch der Dienstleister als reines ausführendes Organ abgelöst wird und er zum tatsächlichen Berater heranwächst.

Aktive Zusammenarbeit und Mitarbeiterakzeptanz

Wie die Vorgehensweise beim Erarbeiten des gemeinsamen Mindsets zeigt, ist das Einführen eines ERP-Systems ein Prozess, an dem alle Beteiligten aktiv und engagiert mitwirken. Das heißt, das gegenseitige Engagement ist ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs. So ist es ab Beginn der Zusammenarbeit unerlässlich, dass aufseiten des Dienstleisters jederzeit ein Ansprechpartner für Fragen vonseiten des Kunden zur Verfügung steht. Andererseits muss von Klientenseite aber auch die Bereitschaft vorhanden sein, Fragen zu stellen, Module zu testen, konkrete Aufgaben zu erproben und dann mit dem Berater zu besprechen, eventuelle Lösungsansätze zu erarbeiten und im Anschluss erneut zu testen. Nur durch dieses aktive Nachfragen, Hinterfragen und gemeinsame Entwerfen möglicher Ansätze entsteht ein produktiver Einführungsprozess, der konkrete Herausforderungen angeht und mit dem spontan auftretenden Aufgaben problemlos bewerkstelligt werden können.    

Für diese aktive Zusammenarbeit müssen Unternehmen vorab jedoch eine Grundlage schaffen: sie brauchen die Akzeptanz ihrer Mitarbeitenden für den Wandel, der durch den Einsatz einer ERP-Software einhergeht. Denn wenn das Personal nicht versteht, wofür ein ERP-System eingesetzt wird, welche Erleichterungen dadurch entstehen sollen, ist die Grundhaltung schon zu Beginn der Software-Einführung getrübt. Sind den Angestellten die Ziele aber bekannt, haben sie diese vielleicht sogar zum Teil selbst erarbeitet und werden sie im Einführungsprozess aktiv mitgenommen, sind sie motiviert, ihre Wünsche und Ziele schnellstmöglich zu erreichen. Grundlage dafür: eine offene und motivierende Kommunikation der Führungsebene zur gesamten Belegschaft. Warum möchte man ein ERP-System einführen?  Aus Wachstumsgründen? Wegen Prozessoptimierungen? Aus gesetzlichen, rechtlichen Gründen? Oder anderen? Kommuniziert das Management offen über seine Beweggründe, zeigt den Mitarbeitenden, dass sie in den Einführungsprozess integriert und dass Schulungen stattfinden werden, sodass man gemeinsam mit dem neuen System wachsen wird, ist die Basis für den Erfolg der ERP-Einführung durch die positive Grundeinstellung des Personals vorhanden.  

Fazit: Entscheidet sich ein Unternehmen für eine ERP-Software, gilt es bei deren Auswahl alle drei Säulen der Kaufentscheidung zu berücksichtigen: die Technologische, die Preisliche und die Menschliche. Denn für den Erfolg der Einführung ist gerade letztgenannte entscheidend, möchte eine Firma mit seiner Lösung wachsen, sich für die Zukunft rüsten und all seine Mitarbeitenden mitnehmen. Besonders da es sich beim Integrieren eines ERP-Systems um eine langfristige Investition handelt, die nur mit viel Aufwand wieder änderbar ist, sollten die Verantwortlichen genau prüfen, welche Services der ERP-Dienstleister anbietet – ist er ausführendes Organ oder wird er Sparringspartner? – und ob es ihm gelingt, sein Team erfolgreich durch den Einführungsprozess in die neue ERP-Software-Landschaft zu begleiten.

 


Lars Kempa,
Teamleiter Customer Care & Consulting, Prokurist,
IT-Easy GmbH
https://it-easy.de

 

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