Auf IT basierende Lösungen für das Risikomanagement helfen bei der Klassifizierung, Bewertung und Überwachung von Risiken sowie deren Reporting – und werden damit zu einem wichtigen Bestandteil der Unternehmenssteuerung.
Wir alle kennen die Situation. Der Kandidat bei Günther Jauch muss entscheiden, ob er bei »Wer wird Millionär?« die Sicherheits- oder die Risiko-Variante spielen möchte. Er muss abwägen, ob er bei einer kritischen Frage von seiner bis dato erspielten Gewinnsumme bei einer falschen Antwort auf 500 Euro zurückfällt (Risiko-Variante) oder ob er 16.000 Euro sicher hat – dafür aber auf einen Joker und möglicherweise auch auf Ertragspotenzial verzichtet. Es gilt abzuwägen, mit welcher Vorgehensweise ein maximales Ergebnis erwirtschaftet werden kann – und dabei gleichzeitig das Risiko so gering wie möglich zu halten.
Natürlich ist das Risikomanagement in den Unternehmen kein Spiel, und natürlich spielen bei der Abwägung für oder gegen eine Maßnahme weitaus mehr Faktoren eine Rolle als bei der beliebten Fernsehsendung. Trotzdem greift der Vergleich, denn sowohl bei der Privatperson als auch bei Unternehmen geht es darum, die eigenen (unternehmerischen) Schäfchen ins Trockene zu bringen. Es gilt, Vor- und Nachteile abzuwägen und die richtige Entscheidung zu treffen.
Risiken identifizieren, Abhängigkeiten erkennen. Strukturwandel, Globalisierung, zunehmender Wettbewerbsdruck, neue gesetzliche Rahmenbedingungen – viele Faktoren erfordern ein wirksames und ganzheitliches Management von Risiken in Unternehmen. Der erste Schritt dabei ist in jedem Fall, mögliche Risiken zu identifizieren. In wieweit ist das Unternehmen Währungsschwankungen ausgesetzt, welche Abhängigkeiten bestehen beispielsweise von der Entwicklung von Rohstoffpreisen, welche Risiken sind beeinflussbar, welche nicht? Ein Hersteller von Mineralwasser muss sich in einem Supersommer wie in diesem Jahr keine Sorgen um seine Umsätze machen, aber welche Maßnahmen sind vorbereitet, wenn der Sommer kühl und nass ist, die Leute wenig trinken und dadurch ein Umsatzeinbruch droht?
Im zweiten Schritt gilt es dann, das identifizierte Risiko zu klassifizieren und hinsichtlich seiner Wirkungsweise auf das Unternehmen zu bewerten: Ist ein Risiko ein geringes, ein mittleres oder ein hohes Risiko und: was bedeuten diese Einstufungen für die Unternehmensentwicklung? Wird die Umsatzentwicklung beeinträchtigt, ist der erwartete Jahresüberschuss in Gefahr, oder kann ein bestimmtes Risiko gar bestandsgefährdend sein? Wie teuer können bestimmte Risiken – und auch nicht erkannte Chancen – für Unternehmen werden? Wie beeinflusst der Faktor Zeit die Entwicklung diverser Risiken, wie das Zusammenspiel unterschiedlicher Risiken und Gefahren?
Risikomanagement als Frühwarnsystem. Moderne, IT-gestützte Lösungen für das Risikomanagement unterstützen maßgeblich bei allen Fragestellungen rund um die Klassifizierung, Bewertung und Überwachung von Risiken und auch deren Reporting – und werden damit zu einem wichtigen Bestandteil der Unternehmenssteuerung. Kritische Entwicklungen lassen sich anhand von Frühwarnindikatoren aufzeigen, die Aufschluss über den aktuellen Stand eines Risikos geben. Überschreitungen dieser Indikatoren können automatisierte Eskalationsstufen zur frühzeitigen Warnung auslösen. Zur Steuerung lassen sich anschließend Maßnahmen definieren, die das Nettorisiko und die Eintrittswahrscheinlichkeiten reduzieren und die Folgen beherrschbar machen.
Um die notwendigen Schritte der Risikosteuerung einleiten zu können, müssen die Risiken somit quantifizierbar sein und in ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe eingeschätzt werden. Die einzelnen Risikofelder und Faktoren stellen sich dabei sehr unterschiedlich dar: Neben strategischen oder finanzwirtschaftlichen Risiken können sich natürlich auch operative Risiken ergeben oder solche, die durch Personalentwicklungen entstehen, sollten beispielsweise plötzlich maßgebliche Key-Player ausfallen. Sehr hilfreich bei der Risikobetrachtung sind auch »Was-wäre-wenn-Szenarien«, die je nach Konstellation der einzelnen Faktoren die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos mit ihren Abhängigkeiten aufweisen können.
Eine gut funktionierende Plattform im Bereich Risikomanagement bietet schon in der Grundversorgung zahlreiche hilfreiche Features. Dazu gehört unter anderem die Aufbereitung einer Vielzahl von Daten für unterschiedliche Sichtweisen und unternehmerische Rollen mit Hilfe einer integrierten Lösung für Risikostrategie, -identifizierung, -bewertung und -steuerung. Mit vielfältigen Möglichkeiten der individuellen Anpassung behalten Unternehmen ihre aktuelle Risikosituation jederzeit im Griff, denn sie erhalten eine gute Sichtweise auf alle relevanten Risiken inklusive ihrer jeweiligen Ursache-Wirkungsketten.
Guter Input, guter Output. Ein IT-gestütztes Risikomanagement-System kann aber nur dann guten und ehrlichen Output liefern, wenn der Input genauso gut und ehrlich ist. Will heißen: Für ein umfassendes, proaktives Risikomanagement darf ein Unternehmen keine Angst vor unbequemen Fragen haben – vor den Antworten übrigens auch nicht. Es muss ehrlich herausfinden, welche Risiken eine bestimmte Unternehmensstrategie mit sich bringen könnte und wie ein erfolgreiches Management diese Risiken -minimieren oder ausschließen und so dazu beitragen kann, die Unternehmensziele zu erreichen. Erst dann lassen sich bei kritischen Entwicklungen Gegenmaßnahmen einleiten, die auch wirklich greifen und die in einem vorgelagerten Arbeitsschritt definiert und datenseitig umgesetzt werden müssen.
Solide Datenbasis ist entscheidend. Als erste Maßnahme ist es daher entscheidend, eine solide Datenbasis zu schaffen, um mit ihr die Risiken zu formulieren, zu quantifizieren sowie Attribute wie Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit festzulegen. Darauf aufbauend erfolgen dann die notwendigen Schritte zur Umsetzung in der Risikosteuerung. Geradezu ideal ist es, wenn Risikomanagement und strategische Planung und Controlling Hand in Hand arbeiten.
Risikomanagement als Steuerungstool. Die Erfüllung gesetzlicher Dokumentations- und Kontrollpflichten ist nur einer von mehreren Bausteinen, auf die ein wirksames Risikomanagement-System aufsetzen sollte. Ein umfassendes Dokumentationstool ist genau solch ein Baustein, der eine komfortable Überprüfung des Unternehmenszustands zu jedem Zeitpunkt zulässt. Dadurch ist das Risikomanagement-System nicht nur Berichtswerkzeug, sondern gleichzeitig auch Steuerungstool, das eine aktive Einflussnahme auf den Unternehmenserfolg ermöglicht.
Es ergeben sich »natürliche« Verbindungspunkte zu anderen zentralen Anwendungen wie übergreifende Kennzahlensysteme, Strategie-Management oder internes und externes Berichtswesen. Die finanziellen Auswirkungen von risikobezogenen Maßnahmen oder der Entwicklung von Risiken können direkt in die Finanzplanung einfließen. Damit wird das Tool für das Risikomanagement gleichzeitig Bestandteil einer umfassenden Lösungsplattform für Unternehmensplanung, Controlling, Analyse, Reporting und Performance Management. Der alte Spruch gilt auch hier: Jeder ist seines Glückes Schmied.
Alexander Springer ist Mitbegründer
und CEO der prevero Group
www.prevero.com/de/