2024: Trends der Carsharing-Branche

foto freepik

Welchen Herausforderungen werden Carsharing-Betreiber sich im Jahr 2024 stellen müssen? Wie entwickelt sich die Branche? Welche neuen Lösungen kommen? Wie bringt Technologie das Geschäftsmodell des Carsharings voran? Das Team von Invers sieht fünf wichtige Trends für 2024: 

 

  1. Carsharing-Flotten sind zunehmend mit Herausforderungen der E-Mobilität konfrontiert. 
  2. Insourcing soll die Prozesseffizienz steigern. 
  3. Schäden und Missbrauch beschäftigen Carsharing-Anbieter. 
  4. Vereinzelte Städte schaffen Carsharing-freundliche Umfelder.
  5. Lokale MaaS-Angebote und Mobility Hubs integrieren und stärken Carsharing. 

 

 

Carsharing kann wesentlich dazu beitragen, das Mobilitätsverhalten der Nutzer zu verändern, die Verkehrswende umzusetzen und Mobilität nachhaltiger zu gestalten. Fünf Trends werden die Branche im Jahr 2024 prägen:

 

  1. Carsharing-Flotten sind zunehmend mit Herausforderungen der E-Mobilität konfrontiert

Der Anteil an elektrischen Fahrzeugen ist in Carsharing-Flotten deutlich höher als bei privaten Pkws. In Deutschland sind beispielsweise nach Angaben des Bundesverbands CarSharing 20,5 Prozent aller Carsharing-Fahrzeuge elektrisch angetrieben. Dem gegenüber beträgt der Anteil aller E-Fahrzeuge an der nationalen Pkw-Flotte laut Kraftfahrt-Bundesamt nur 3,9 Prozent. Für Italien gibt das Osservatorio Nazionale sogar an, dass 60 Prozent der Fahrzeuge im stationsbasierten Carsharing und 40 Prozent im Free-Floating Carsharing elektrisch betrieben sind. In Großbritannien sind laut Branchenverband CoMoUK 14 Prozent der Carsharing-Fahrzeuge elektrisch. Gleichzeitig sehen Carsharing-Betreiber sich international zunehmend mit den Herausforderungen der E-Mobilität konfrontiert. So sind Reparaturen bei elektrischen Fahrzeugen teilweise deutlich teurer als bei Fahrzeugen mit Verbrennermotor. Hinzu kommt, dass sich der Restwert der E-Fahrzeuge nicht verlässlich kalkulieren lässt und die Ladeinfrastruktur in vielen Ländern noch nicht ausreichend zur Verfügung steht.

 

  1. Insourcing soll die Prozesseffizienz steigern

Zahlreiche Carsharing-Anbieter konzentrieren sich mit dem Ziel, profitabel zu werden oder die Profitabilität ihres Geschäfts zu erhöhen, aktuell darauf, ihre Prozesse zu verbessern und setzen dabei verstärkt auf eigene Teams. Dabei geht es nicht nur um die Aufgaben, Fahrzeuge zügig und kostengünstig in die Flotte aufzunehmen oder aus der Flotte auszulösen. Viele Betreiber nehmen operative Prozesse des Tagesgeschäfts wie die Wartung der Fahrzeuge, die Reinigung oder das Schadensmanagement stärker unter die Lupe. Wie lange dauert es, bis das Fahrzeug durch die Inspektion ist? Welche Prozesse durchläuft ein Auto nach einem Unfall? Wann ist es wieder auf der Straße? Bisher mussten sie beispielsweise im Schadensfall das Auto ausflotten, in die Partnerwerkstatt bringen lassen, nach der Reparatur zurückholen und wieder einflotten. Diesen Prozess lassen einige Carsharing-Anbieter künftig in eigenen Werkstätten von eigenen Teams erledigen. Gleiches gilt für die Reinigung: Betreiber holen die Fahrzeuge in Haus, erledigen neben der Reinigung noch andere Aufgaben wie beispielsweise das Beheben kleiner Schäden oder auch das Aufladen. So nutzen sie das Wissen in der eigenen Organisation, ermöglichen kurze Wege und können damit die inaktive Zeit des einzelnen Fahrzeugs minimieren.

 

  1. Schäden und Missbrauch beschäftigen Carsharing-Anbieter

»Don’t be gentle, it’s a rental« – leider fasst der Satz prägnant zusammen, was Carsharing-Betreiber vielerorts erleben. Zwar geht der weitaus größte Teil der Carsharing-Kunden gut mit den geliehenen Fahrzeugen um, aber auch die verhältnismäßig wenigen Kunden, die das nicht tun, richten erheblichen Schaden an. In einigen Städten gibt es sogar schon Stadtviertel, die Betreiber aufgrund zu vieler Schadensfälle von ihrem Geschäftsgebiet ausschließen. Bis zu 10 Prozent des Umsatzes müssen Betreiber im Schnitt in Reparaturen und Schadenmanagement investieren, weil Kunden unangemessen fahren oder Schäden verursachen und nicht melden. Zahlreiche Betreiber haben dieses Thema in den letzten Monaten priorisiert und suchen auch im kommenden Jahr weiterhin nach effizienten Lösungen.

 

  1. Vereinzelte Städte schaffen Carsharing-freundliche Umfelder

Eine gute Zusammenarbeit mit Städten und Kommunen ist für Carsharing-Anbieter erfolgskritisch. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Parkgebühren, sondern um die grundsätzliche verkehrspolitische Position. Dabei ist die Kooperation nicht nur für die Betreiber wichtig, sondern auch für Städte und Kommunen, denn diese können insbesondere mit dem Ziel, Emissionen zu senken, nachweislich von einem Ausbau der Carsharing-Angebote profitieren. Eine aktuelle Studie der Clean Cities Campaign hat ergeben, dass eine konsequent progressive Verkehrspolitik, die Carsharing einbindet, europäischen Städten ermöglicht, ihre Emissionen einfacher, kostengünstiger und schneller zu senken als mit großangelegten Infrastrukturprojekten wie neuen U-Bahnen. Im Ranking der besonders sharing-freundlichen Städte listet die Clean Cities Campaign Kopenhagen und Oslo auf den führenden Plätzen. Die Stadtverwaltung in Kopenhagen zum Beispiel schafft ein so gutes Umfeld für geteilte Fahrzeuge, dass der in Schweden und Norwegen bereits erfolgreiche Anbieter Hyre seit Mitte des Jahres ein Angebot in der dänischen Hauptstadt betreibt.

 

  1. Lokale MaaS-Angebote und Mobility Hubs integrieren und stärken Carsharing

Die wachsende Zahl der Apps für Mobility-as-a-Service, die die Angebote des öffentlichen Nahverkehrs mit anderen Mobilitätsdiensten bündeln, und das Entstehen von Mobilitätsstationen an zentralen urbanen Plätzen machen auf Carsharing-Angebote aufmerksam und etablieren sie im Mobilitätsmix der Zukunft. Die Mobilitäts-App hvv Switch in Hamburg bietet beispielsweise neben dem Deutschlandticket und den Fahrscheinen für den Regionalverkehr Zugriff auf Carsharing-Dienste von Miles oder Sixt Share sowie Mikromobilität von Tier oder Voi und Ridehailing-Services von Moia. In den Niederlanden bündelt die MaaS-App Gaiyo sogar landesweit Mobilitätsdienste in einem Ökosystem aus privaten und öffentlichen Angeboten. Neben Bussen und Bahnen sowie Fahrrädern und E-Scootern können Kunden Carsharing von MyWheels, Amber, GreenWheels und Share Now nutzen, um effizient und komfortabel ans Ziel zu kommen.

 


 

foto freepik gen ai

Die Hälfte möchte On-Demand-Mobilität nutzen

  • Unzufriedenheit mit klassischen Nahverkehrs-Angeboten wächst
  • 17 Prozent nutzen On-Demand-Angebote bereits – 37 Prozent fehlen sie an häufig besuchten Orten
  • Rohleder: »Neue Mobilitätsangebote sind gerade dort wertvolle Ergänzung, wo ÖPNV an seine Grenzen stößt«

 

Zu geringe Taktung, keine Haltstelle in der Nähe, kein Service in der Nacht – 63 Prozent der Deutschen sind mit dem Nahverkehrs-Angebot an Bussen, Bahnen und Straßenbahnen in ihrem Alltag unzufrieden. Dabei wächst der Frust: Im Vorjahr waren es noch 55 Prozent. In Kleinstädten (71 Prozent) und ländlichen Regionen (72 Prozent) ist demnach die Unzufriedenheit besonders groß, aber auch in Großstädten (59 Prozent) und Mittelstädten (56 Prozent) ist die Mehrheit mit dem ÖPNV-Angebot nicht zufrieden. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren.

Reicht das ÖPNV-Angebot nicht aus, können zum Beispiel On-Demand-Angebote Abhilfe schaffen, also bedarfsorientierte Mobilitätsangebote auf Bestellung wie zum Beispiel FreeNow, Uber oder MOIA. Sie werden in der Regel über eine App gebucht und umfassen verschiedene Arten von Transportmitteln, wie Mitfahrgelegenheiten oder Taxis. 4 von 10 (41 Prozent) Deutschen haben von solchen Mobilitätsangeboten schon einmal gehört. Von ihnen hat etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent) Interesse an der Nutzung von On-Demand-Mobilität. »Insbesondere dort, wo der klassische ÖPNV an seine Grenzen stößt, können neue Mobilitätsdienste eine wertvolle Ergänzung darstellen«, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. »Über On-Demand-Apps werden nicht nur Fahrerinnen und Fahrer mit Fahrgästen zusammengebracht, sie ermöglichen auch eine optimale Routenplanung, selbst wenn das Fahrzeug wie beim Ride-Pooling mit anderen Fahrgästen geteilt wird. In der Regel kann direkt vorab zu einem Fixpreis bezahlt werden, für Kundinnen und Kunden läuft die Bestellung damit besonders transparent und einfach ab.«

17 Prozent derjenigen, denen On-Demand-Angebote bekannt sind, nutzen bereits verfügbare Angebote, 37 Prozent würden sie gerne nutzen, aber finden momentan an den Orten, an denen Sie sich häufig aufhalten, keine entsprechenden Angebote vor. In Städten und Gemeinden auf dem Land sind es sogar 47 Prozent, die On-Demand-Angebote gerne nutzen würden, wären sie an von ihnen häufig besuchten Orten verfügbar. 12 Prozent derjenigen, denen On-Demand-Angebote bekannt sind, geben zwar an, dass an Orten, an denen sie sich häufig aufhalten, On-Demand-Angebote verfügbar seien, sie diese aber nicht nutzen. 31 Prozent würden On-Demand-Angebote auch dann nicht nutzen, wenn sie unmittelbar verfügbar wären.

»Grundsätzlich gilt es, das bestehende ÖPNV-System auszubauen. Allerdings ergibt es weder ökonomisch noch ökologisch Sinn, leere Busse oder Züge nach starren Fahrplänen auf kaum genutzten Strecken fahren zu lassen. On-Demand-Angebote sind das Mittel der Wahl, um die Menschen in dünner besiedelten Regionen auch dann mobil zu machen, wenn sie kein eigenes Auto haben«, so Rohleder.

 

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.003 Personen in Deutschland ab 16 Jahren telefonisch befragt, darunter 415, denen On-Demand-Angebote bekannt sind. Die Befragung fand im Zeitraum von KW 25 bis KW 29 2023 statt. Die Gesamtumfrage ist repräsentativ. Die Kategorie der Großstädte umfasst Städte ab 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, Mittelstädte von 20.000 bis 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Kleinstädte 5.000 bis 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Ländliche Regionen umfassen Landstädte und Landgemeinden mit unter 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Fragestellungen lauteten: »Wie zufrieden sind Sie ganz grundsätzlich mit dem Angebot an Bussen, Bahnen und Straßenbahnen im Nahverkehr in Ihrem Alltag?« sowie »Im Folgenden geht es um sogenannte On-Demand-Angebote, also bedarfsorientierte Mobilitätsangebote auf Bestellung. Sie werden in der Regel über eine App gebucht und umfassen verschiedene Arten von Transportmitteln, wie Mitfahrgelegenheiten oder Taxis, z.B. FreeNow, Uber oder MOIA. Haben Sie schon einmal von solchen On-Demand-Angeboten gehört oder gelesen?« und »Welche der folgenden Aussagen trifft in Bezug auf On-Demand-Angebote an den Orten, an denen Sie sich häufig aufhalten, auf Sie zu?«.